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Freitag, 30. September 2011

BB vom 30.09.2011

Datum: 30. September 2011
Ort: Taunus
22:15 bis 02:30
GG: fst 6m3 UMi SQM (nicht L): 21.04 mag/arcsec²
ca. 12° klar klar klar 
Nachdem ja nun die ganze Woche mehr oder weniger klaren Himmel geboten hat, war für Freitag Nacht die beste Transparenz der Woche gemeldet, und unsere Erwartungen wurden definitiv NICHT enttäuscht, es wurde die beste Nacht des bisherigen Jahres und die Chancen, dass es die beste bleiben wird, stehen ganz gut ;)
Verabredet war ich eigentlich "nur" mit Andreas und Rainer, der mit seiner Lightbridge das erste Mal zu unserer Beobachtungstruppe stossen wollte - irgendetwas sagte mir aber, dass es da auch so noch den ein oder anderen hinverschlagen würde bei der Vorhersage. Schon auf der Hinfahrt fiel mit der Sternenreichtum in tiefer Horizontnähe gen Westen auf, da war beim letzten Besuch des Platzes vor 5 Tagen bis 30° Höhe fast gar nichts zu sehen gewesen. Nach der letzten Kurve empfing mich bereits eine Phallanx an Autos, Teleskopen und Mannen. Der erste den ich begrüsste machte mir letzte Zweifel zunichte: Oliver, ein über die Jahre wirklich untrüglicher Garant für Ausnahmenächte (da ist mit Sicherheit seiner weiten Anreise geschuldet!). Ausserdem waren noch Andreas, Rainer, Stefan mit seinem neuen 6" Meade und Ingo mit seinem leckeren 8" Selbstschliff/-bau vor Ort.


Die reich strukturierte, wenngleich bereits untergehende Milchstrasse bot schon ein tolles Bild, meine üblichen Stimmungsaufnahmen zu Beginn waren trotz ISO 1600 diesmal (man vergleiche mal mit dem BB vor 5 Tagen) so dunkel, dass kaum was von unserem Krempel zu sehen war ^^


Zu fortgeschrittener Stunde bestimmten wir die Grenzgrösse in Umi auf relativ problemlose 6m3, in Zenitnähe dürften wir durchaus hie und da mal die magischen 6m5 geknackt haben, das ist für diesen Standort schon das obereste Ende der Fahnenstange, man sah es aber (wie immer) auch sehr schön den Objekten im Okular an. Ingo lies mehrfach sein SQM kreisen, bedenkt man, dass es sich nicht um die "engere" L-Variante handelt sind die 21.04 m/arcsec² durchaus nicht übel, wenn sie auch schon an diesem Ort bei SQM-L Messungen überboten wurden. Interessant war der Effekt der wirklich sehr guten Transparenz in Richtung Osten, in fast direkte Blickrichtung von Frankfurt war selbstverständlich auch heute die Aufhellung zu sehen, doch sehr viel schwächer und M42 war dort bereits wenige Grad über dem Horizont, exakt an der Baumgrenze mit blossem Auge sichtbar, in der Megadunstlichtglocke von FFM normalerweise ein Ding der Unmöglichkeit. Positiv kam dazu, dass die Luftfeuchtigkeit wohl (ungemessen) niedriger lag als prognositiziert, ich musst erst nach über drei Stunden das erste Mal die Telradscheibe leicht abwischen, vor einigen Tagen war das bereits nach 15min zu...
Nachdem bei so vielen Leutchen üblicherweise etwas längeren "Einpalaverphase" ging es dann auch an die ersten Objekte. Es wurmte mich - und wohl auch Andreas - dass wir am vergangenen Sonntag Caldwell 5 alias IC342 so extrem grenzwertig wahrnehmen konnten, heute sollte das doch besser gehen, dank Rainer der mir einen Blick auf sein (wirklich vorbildlich mit dicker Folie abgedunkeltes!) Eye&Telescope gewährte war die Galaxie bzw. das Zielgebiet zügig im Okular, ein kurzer Fieldsweep und tatsächlich, hier gab es nun nichts mehr zu raten, noch weit entfernt davon besonders hell zu erscheinen, war die Galaxie ohne weiteres zu identifizieren, erleichternder Weise auch an genau der Stelle an der ich sie am Sonntag mehr vermutet als wirklich gesehen habe :) Heute war definitiv der richtige Himmel Galaxien sämtlicher Art mit höhere Vergrösserung und niedriger AP anzugehen, brachte schon das 22mm LVW einen Fortschritt in Sachen Kontrast, war sie mit 14mm plötzlich auch direkt nicht mehr zu verfehlen.


Danach gab es zur Augenentspannung einen Schwenk auf einen reich strukturierten Cirrusnebel, insbesondere die Knochenhand war in Andreas' 12er mit höherer Vergrösserung ein Genuss mit fotoähnlichen Filamenten und Verwirbelungen! Auch Nordamerika und der Hantelnebel schwenkte ich kurz an aber gab ihnen nicht allzuviel Zeit, denn heute riefen die schönsten Sirenen des Deepsky: Die Galaxien...
NGC 1023 im Perseus war zum wieder warm werden genau das richtige, mit 10m kaum zu übersehen und schön in einer Sternkette gelegen. NGC 404 zeigte ich Stefan, der sie auch gut sah, ich weiss jetzt gar nicht ob er sie danach auch nochmal mit dem 6er angefahren hat, auch da ist sie ja kein Problem. M31.. huiii Es war fast völlig Jacke welche Vergrösserung man hier heute einsetzte: beide Staubbänder respektive die Spiralarme waren über weite Strecken direkt sichtbar und übers Feld zu verfolgen, es gibt nicht allzuviele Nächte (bei mir) wo die Galaxie so nah an fotografische Ergebnisse rankommt. Rainer machte sich sogar - und das wohl erfolgreich - daran, die Galaxie bis zu ihren äussersten Grenzen wie man sie von Fotos kennt noch wahrzunehmen. Da bot es sich natürlich an auch gleich den "Nachbarn" M33 einen Besuch abzustatten, die HII Region war auch ohne Filter sofort ein auffälliger runder Fleck am Ende einer Sternkette die sich Richtung Zentrum zieht, die Spiralarme konnte man über weite Strecken verfolgen und mit 14mm war es eine Riesenfreude die Verdickungen und Knoten in den Armen abzufahren, so im Galaxienfieber war ich schon länger nicht mehr ;)
Andreas hatte aber einen Leckerbissen ganz anderer Art, den ich noch nie versucht habe: Den PN Jones 1 im Pegasus, nachdem er mir die Position erklärt hat (wirklich lohnenswert, da echt nicht schwer zu finden!) schaut ich durch sein Okular und tatsächlich war der PN ohne grössere Schwierigkeiten wahrzunehmen, er ist überraschend gross und zwei sich gegenüberliegnde Stellen des planetaren Nebels sind besonders hell und dementsprechend leicht (mit Filter) zu sehen, indirekt wurde das ganze nochmals deutlicher, nun macht der PN den Eindruck eines "C"s - ich will mich nicht festnageln, dass dieses C wirklich geschlossen war, die schwächste Stelle ist wirklich schwach und das Gehirn setzt ja gerne etwas fort wo man um die Struktur weiss, aber mit einem "C" kann man das Aussehen eben am besten beschreiben ;)
Alsdann ging ich zu meiner alten Hassliebe, Stephans Quintett über, nochmal ein genauer Blick auf Rainers Kartenausschnitt und ab dafür, auch hier zeigte sich eklatant der Unterschied zur letzten Nacht, kaum übersehbar steht der Galaxienknäuel unweit der hellen NGC 7331, nachdem wir am letzten Sonntag noch gerätselt haben ob Jan und ich das selbe Sternen-"T" als Aufsuchhilfe meinten war klar: Ja wir meinten das selbe. Mit Höherer Vergrösserung (107x) wurde das ganze noch wesentlich besser und kontrastreicher, ich glaube es war aber die 214x in Rainers 12" Lightbridge wo ich sie dann auch eindeutig trennen konnte, wenngleich das bei den beiden wirklich NAH zusammenhängenden Galaxien kein Kinderspiel für mich ist. Rainer war überhaupt extrem gut darin, nicht nur Objekte aufzufinden, sondern ihnen auch die passende AP zu verpassen, und da versuchte er sich bei unserem ersten Telefonat vor ein paar Tagen noch als Einsteiger hinzustellen :D An der Stelle muss ich ihm auch mal direkt für das nächste Objekt danken, nicht alltäglich aber er hatte es nach kurzem Kartenstudium sicher im Okular und erstaunlicher Weise war es auch für alle die durchschauten (und alle schauten durch) sofort sichtbar, dank der Karte konnte man den 14m2 "hellen" Quasar KUV 18217+6419 schnell und sicher identifizieren. Mit einer Rotverschiebung von z=0,297 liegen wir hier (je nachdem welche Quelle man befragt gehts auch bis 4) schon jenseits der 3.000.000.000 Lichtjahre Entfernung, es fasziniert mich immer wieder... da war hier auf der Erde gerade die erste Party der Cyanobakterien angesagt, die sich und ihre Enstehung aus der Ursuppe feierten ^^

Hatte ich eigentlich am Abend noch gedacht, wegen meiner Erkältung mach ich heut mal früher Schluss war es doch schon fast 2 Uhr als ich das erste Mal wieder daran dachte... Stefan war auch schon in Aufbruchstimmung, Rainer kaum noch vom Okular wegzubekommen als er noch diverse Objekte beobachtete, die besonders von diesem Himmel profitieren. Ein näheren Blick konnte ich noch auf die wirklich schön Konstruktion von Ingo werfen, der 8"er ist handwerklich wirklich professionell gebaut und das Bewegen des Dobsons über den Himmel macht einfach Spass. Das konnte man von der Lightbridge nur eingeschränkt behaupten, die Abbildung ist zwar definitiv gut aber an der Mechanik lässt sich sicher noch so einiges verbessern, da fühlte ich mich doch ein bissl mit dem Martini verwöhnt.
Eines der letzten Objekte die ich vor dem Zusammenbauen noch beobachtete war NGC 891 in Rainers Lightbridge, fanastisch lang mit kaum zu übersehendem Dunkelband zog sich die Spindelgalaxie in Andromeda durch das Gesichtsfeld. Alsdann machte ich mich wie die anderen auch ans Zusammenbauen, lediglich Rainer und Ingo waren nicht mehr von den Okularen wegzubekommen und ich will gar nicht wissen wie lange sie da noch gestanden haben heute Nacht, aber Recht haben sie! :D
Gegen halb drei fuhr ich los, eine Nacht im Kopf, von der ich durchaus längere Zeit zehren kann, selten sind sie diese Nächte aber sie wiegen auch lange Wolken-/Mondphasen auf wenn man sich ihrer wieder erinnert :)

Ein grosses Danke an alle die dort waren und die ich wieder oder zum ersten Mal "sehen" durfte.


 "6 Mann - 6 Optiken aber mehr als 6mag"









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