Sonntag, 23. Oktober 2011

BB vom 22.10.2011



Datum: 22. Oktober 2011
Ort: Taunus
20:45 bis 02:00
GG: ~ 5m8 - im Zenit 6m
bis -2° C

Mein übersprudelndes Mailfach machte mir schon am frühen Abend klar: Heute wird das keine allzu kleine Runde. Ursprünglich wollte ich erst gegen halb zehn auf dem Platz eintreffen, aber so langsam kann man sich ja wieder an die längeren und früher beginnenden Nächte gewöhnen.
Zum ersten Mal bin ich eine "neue" Strecke gefahren die mir angeblich exakt ein Kilometer Weg sparen soll, das hat wohl auch gestimmt und es waren auch ein paar Minütchen weniger aber die Strecke ist Nachts mit vielen engen Serpentinen nicht mein Fall, als ich an unserem Beobachtungsplatz vorfuhr hatte ich ja schon mit dem ein oder anderen gerechnet der schon fertig ist mit dem Aufbau, aber dass dort schon 9 Autos standen hat mich doch etwas umgehauen, zum ersten Mal hätte es fast Parkplatzprobleme gegeben :D Gut, wir waren am Ende 11 Leute und da mir zwei, drei Namen von Leuten die ich noch nicht dort mithatte entfallen sind verzichte ich heute mal auf die Aufzählung, Ihr wisst ja wer von Euch dabei war ;)

Die durchweg recht dunstige Himmelsqualität des Tages lies nicht allzu viel hoffen, dennoch war es vor allem in Richtung Norden und Westen gar nicht mal so übel, die Anwesenheit von Olliver stand zunächst mal im Kontrast zur Transparenz, die dann aber wie völlig korrekt orakelt nach Mitternacht aber besser wurde. Etwas Schlepperei hatte ich dann noch, weil mein "Stammplatz" nun etliche Autos entfernt lag, glücklicherweise aber war Olliver dessen Auto dort zwischen Horia und Michael stand nur Minimalausrüstung dabei :)
Bis alle begrüsst, das Instrumentarium verbracht und die Kamera für die geplante Langzeitserie in Position gebracht war, war die erste Stunde dann doch auch schon rum. Heute Abend hatte ich wohlweisslich keine Objekte geplant auf meiner List sondern lies mich erstmal durch die scheidende Sommermilchstrasse treiben, nun endlich (wieder) in der Lage sämtliche Okulare den [OIII] aufzupfropfen, war die Knochenhand mit 14mm und denn feinen Fillamenten das erste echte Highlight. Eine ganze Zeit lang war ich mit Ronald im Gespräch, der sein Gerät erst am Vorabend fertig zusammengebaut hatte und nun das erste echte Firstlight auf den 8" Spiegel bekam, die Justage haben wir zusammen nochmal nachgestellt und siehe da: 8" f/6 einfach immer wieder gut :)

Eine kleine Schrecksekunde an Horias 12er mit Maxbright-Bino: Jupiter hat mich von den Socken gehauen - mich! Selten (oder nie?) habe ich den GRF derart plastisch und herausstechend wahrgenommen, richtig klasse! Da die Augen nun eh erstmal verblitzt waren bin ich mal ganz frech die ganze Reihe abgelaufen und hab mir den Vergleich zwischen 4,5" bis 16" auf Jupiter abgeholt, ich muss aber ernsthaft eingestehen: So gut wie im Bino war er dann auch nirgends mehr...

Mit Ronald ging ich später nochmals in Richtung Cirruskomplex um den Effekt des [OIII] zu demonstrieren, da er ihn (wenn ich richtig liege) in diesem Moment das erste Mal überhaupt sah, ging es dann auch tatsächlich nur mit Filter, da der Schwan inzwischen auch schon recht tief stand war das auch nicht anders zu erwarten, da der Kontrast ohnehin stark einbrach. Rainer nutzte die Gunst der Stunde um die vorhandenen Filter der umliegenden Teleskope mal einzusammeln und an seiner Lightbridge in ihren Effekten zu vergleichen. Apropos Filter! Der Selbstbaufilterschieber von Michael ist (wieder mal) eine unglaublich tolle und vorallem saubere handwerkliche Arbeit! Sogar mit Klickstop kann man ihn wunderbar weich bewegen und der Filterwechsel ist noch nur noch eine Fingerbewegung, hat man den Schieber dann mal im Licht in der Hand kann man im ersten Moment kaum glauben, dass man hier kein industriell gefertigtes Produkt in der Hand hält, der Kunststoff ist so sauber bearbeitet als käme er frisch aus der Presse. Auch die aktuellste Version von Michaels Bino Mount Wall-E war beeindruckend, sowohl was die Haptik und Weichheit als auch das Finish angeht (das wohl GEILSTE Gegengewicht was ich je gesehen habe!).

Hier und da machten wir kleine Orientierungstouren über den Himmel um ein paar weniger prominente Sternbilder zu zeigen und auch um ein paar Standardaufsuchtatiken für Messierobjekte zu zeigen. Am eigenen Teleskop blieb ich auf ausgetrampelten Pfaden und M33 zeigte mir, dass die Transparenz heute wirklich keinen Blumentopf gewinnen, Strukturen blieben grösstenteils Mangelware, M31 hingegen zeigte ausser den Staubbändern auch noch sehr auffällig die Sternassoziation NGC 206 innerhalb der Galaxie und Rainer präsentierte uns den extragalaktischen Kugelsternhaufen G1, der schon bei mittelhohen Vegrösserungen eindeutig nicht mehr sternförmig war! Horia war auf der Jagd nach der kleinen Begleitgalaxie von NGC 1023, die Galaxie selber (Arp 135) kenne ich und habe sie auch schon im Rahmen meines Arp-Projekts beobachtet und gezeichnet, die 13m8 schwache NGC 1023A blieb mir aber verborgen, Horia und Thomas widmeten sich später noch am 16"er dem Nachspüren, das einzige was ich sicher wahrnehmen konnte war eine nicht ganz gleichmässige Form beiderseits des Kerns, was ich aber hauptsächlich auf die beiden Sterne "innerhalb" der Galaxie links und rechts vom Kern zurückführte.

Thomas fiel in dieser Nacht auf, dass sich die Anzahl der Flugzeuge durch die neuen Flugrouten hier immens erhöht hat, allzu schlimm fand ich es nun nicht (Geräuschsentwicklung gibts da ja eh kaum so weit vor dem Flughafen) aber für Fotografen sicher ein Punkt, der den Platz etwas unattraktiver machen könnte (hähä!). Um etwa 23:30 Uhr klappte dann auch der letzte Spiegel bei meiner Kamera - Akku leer, immerhin 270 Einzelbilder konnte ich so gewinnen, alle mit der selben Einstellung ISO800 30s f/2,8 28mm. Da ich schon seit geraumer Zeit solche Aufnahmen sammele um eine längeres astronomisches Timelapse (Zeitraffer) Video anzufertigen war das natürlich ein ganz wichtiger Clip den ich mir hier zusammenbastelte. Die Einzelbilder habe ich diesmal nicht bearbeitet sondern nur zurechtgeschnitten. Dank Startrails gibt es aber nicht nur ein Video sondern auch das passende Strichspurbild dazu, da kann man auch schon erahnen wa den Flugverkehr angeht und man hat die gesammelten herumgeschleuderten Photone von 11 Leuten in mehr als 2h auf dem Chip :D




Strichspur-Stack: 270 Einzelbilder - Gesamtbelichtungszeit: 135 min
Das Video wollte ich eigentlich bis zur Fertigstellung meines Gesamtvideos (in vielen Wochen...) unter Verschluss halten, aber ich diesmal haben es zu viele mitbekommen und wollen auch das Ergebnis sehen - allerdings völlig unbearbeitet Rohdaten, mal schauen was ganz am Ende daraus wird.... 



Die ersten brachen die Zelte kurz nach Mitternach ab, war diesmal gar nicht so einfach sich aus dem Pulk herauszumanövrieren. Die Zeit war bei mir inzwischen völlig vergessen, ebenso die Müdigkeit des frühen Abends die mich eigentlich dazu brachte nur bis Mitternacht bleiben zu wollen, aber es gibt wohl kein propateres Gegenmittel als nette Gesellschaft unter einem gestirnten Himmel :) Was natürlich schade ist: In SO einer grossen Runde kann man leider auch in fünf Stunden nicht mit jedem in dem Maße oder überhaupt fachsimpeln wie man sich das wünscht, aber die nächsten Nächte kommen ja - wenn wir auch nie wissen wann - wieder. Die Temperaturen bewegten sich um den Gefrierpunkt und schlussendlich blieb es auch unter 0°, kaum jemand der nicht bereits einen kleinen Eispanzer auf der Ausrüstung und natürlich den Autos hatte. Der Orion war inzwischen auch bereits vollständig über den Osthorizont gekrochen und erlaubte mir einen ersten Blick auf einen frühen M42, der aber trotz fast waagerechter Dobsonausrichtung schon tolle Details zeigte.

Als es schon stark auf die zwei Uhr zuging entschied ich jetzt mit dem Abbau zu beginnen, obwohl ich die anderen nur vorwarnen wollte schlossen sich mir dann auf einmal doch alle an bzw waren bereits beim Abbau, einzig Rainer war noch sichtlich hin und her gerissen zwischen dem Himmel und dem heimischen Bett ;) Doch das zu meinem Glück, denn so kam ich kurz vor der Abfahrt noch in den Genuss der kleinen aber interesssante Edge-on Begleitgalaxie von M77 (die selbst schon Strukturansätze zeigte), NGC 1055 als längliche, nach einer Seite sehr scharf begrenzte Galaxie, leider konnte ich das Glühen "oberhalb" des Staubbandes nicht mehr wahrnehmen.
An alle die dabei waren ein grosses Dankeschön für den schönen Abend :)