Freitag, 30. Dezember 2011

Neue und alte Gedanken zum visuellen Einstieg


Im Gegensatz zu vielen Artikeln auf meiner Seite, in denen ich meist im Ungefähren bleibe um eine möglichst breite Masse an Einsteigern anzusprechen und Informationen zu vermitteln, möchte ich mit diesen Zeilen einmal wesentlich konkreter auf eine vermeintlich optimale Möglichkeit eingehen, wie man sein (neu? Wieder?) gewonnenes Interesse an der praktischen Astronomie mit dem Teleskop, starten kann. Ich setze an dieser Stelle einfach mal voraus, dass der geneigte Leser sich bereits etwas schlau gemacht hat was den Aufbau und die Unterschiede von Teleskopen und ihren Kennzahlen angeht – falls nicht und der ein oder andere Fachbegriff oder eine Aussage Staunen oder Ratlosigkeit hervorruft, einfach nochmal einen Abend oder zwei Zeit nehmen und die anderen Einsteigerartikel durchlesen ;)

Bevor es losgeht einige Grundannahmen die ich unterstelle um überhaupt so konkret werden zu können:

  • Starke Interessengewichtung auf rein visuelle Deepskybeobachtung, also galaktische und planetarische Nebel, Sternhaufen (offen wie auch Kugelsternhaufen) und natürlich Galaxien
  • Wille und Möglichkeit einen möglichst dunklen Himmel aufzusuchen, sei es durch einen guten Standort zu Hause im eigenen Garten oder eine kleine Autofahrt von sagen wir mal 15-30min.
  • Ein Einstiegsbudget von Minimum 300€ mit Wille und Möglichkeit im Laufe von etlichen Monaten bis wenige Jahre, nochmal den selben Betrag für den Ausbau der Ausrüstung einzuplanen.
  • Ein beschränktes Budget – Denn wer sich darüber keine Sorgen machen muss, der kann ja entweder gleich das beste nehmen oder nach Trial-and-Error alles mal antesten ;)

Warum diese Annahmen? Ganz einfach, um was die Ausrüstung angeht so ins Detail gehen zu können ohne auf deutsch Murks anzupreisen, die zu einem anderen Anforderungsprofil einfach nicht passen würde! Wer von vorneherein auf Fotografie aus ist, den innerstädtischen Balkon nicht verlassen kann oder will, der muss zwangsläufig andere Kompromisse eingehen und damit auch ein gänzlich anderes Equipment anschaffen. Hier geht es nun aber um eben diese Grundvoraussetzungen, die nicht rein zufällig mit meinem eigenen Werdegang übereinstimmen – worüber könnte ich sonst praxisnäher berichten...

Wichtig ist, trotz aller Konkretisierung, diese Gedanken keinesfalls als „einzig wahren Weg“ oder gar ehernes Gesetz zu halten, dafür sind die subjektiven Vorlieben und Wahrnehmungen einfach zu verschieden, nicht nur im Zweifel sondern in jedem Fall, sollte man jede sich bietende Möglichkeit wahrnehmen um Teleskope, Okulare und sonstiges Equipment im persönlichen Erleben, sei es auf einem oder mehreren Teleskoptreffen oder auch durch Kontaktaufnahme mit lokalen Beobachtern (die es wirklich, glaubt es mir einfach, überall gibt!) auszuprobieren und kennenzulernen.

Der erste Scheideweg der sich bei unseren Betrachtungen in den Weg stellt ist die Frage: Neukauf oder Gebrauchtkauf – einzig die Geduld und der Geldbeutel sind hier die ausschlaggebenden Faktoren. In den nun schon einigen Jahren in denen ich Teleskope jedweder Art gekauft und wieder verkauft habe, waren es im überwiegenden Teil der Fälle gebrauchte Teleskope und Okulare, die ich mir angeschafft habe, das lag einfach an meinem Budget und auch an den immer wieder guten Erfahrungen mit Gebrauchtkäufen bei anderen Sternfreunden. Natürlich waren viele persönlich bekannte dabei, aber auch über Internetforen bin ich bisher noch nie „reingefallen“, wichtig ist vorher nur abzuklären ob die optischen Komponenten einwandfrei sind, da muss man dann das Wagnis eingehen und dem Wort und den vorab zu übersendeten Fotos der Teile vertrauen. Bei insgesamt mehr als ein Dutzend Teleskopen und noch mehr Okularen hatte ich bisher nie das Gefühl ich wäre nicht korrekt über den (durchweg guten) Zustand des Ausrüstungsteils aufgeklärt worden. Wer das Glück hat sich keine größeren Sorgen um den preislichen Abstand zwischen Gebraucht- und Neugeräten zu machen, oder aber nicht den „Mut“ hat ohne Garantie zu kaufen, der kauft sich das Gewünschte eben neu bei einem Händler seiner Wahl (siehe Linkliste). Zu diesem Punkt kann man abschließend sagen, dass wenn man den Gebrauchtmarkt eine Weile beobachtet und die marktüblichen Preise kennenlernt und auch dementsprechend nicht ausufernd mehr für sein Gebrauchtteil bezahlt, dass man prinzipiell alles auch wieder ohne Verlust los wird wenn ein Upgrade ansteht.

Welches Gerät darf es denn nun sein?

Wir erinnern uns nochmal kurz unseres Anforderungsprofils: Deepsky, visuell, transportabel und nicht zu teuer. Man kann es drehen und wenden wie man will, oder die vielfachen Empfehlungen als einseitig abtun: Der 8" f/6 Dobson ist einfach das Teleskop in diesem Bereich mit dem unschlagbar besten Preis/Leistungsverhältnis. 200 mm Öffnung stossen im Bereich Deepsky eine naturgegebene Grenztür auf, ab der eine Unmenge an Objekten erste Details erkennen lassen und insgesamt bereits so viele Objekte prinzipiell beobachtbar werden lassen, dass es für ein ganzes Beobachterleben reichen könnte. Darüber hinaus habe ich nicht nur für mich entschieden, sondern es auch für Dutzende Einsteiger, die wir bei unseren Beobachtungsnächten mitgenommen haben, immer wieder bestätigt gesehen, dass die einfache Dobson Montierung für ~95% derjenigen die sie in die Hand nehmen die intuitivste und am einfachsten zu handhabendste Montierung ist, die es gibt. Dazu kommt natürlich der Fakt, dass eine andere (parallaktische) Montierung auf unser Budget- und Anforderungsprofil einfach nicht mehr zutrifft, das ganze wird bedeutend teurer ohne einen echten Mehrwert zu bringen.

Warum nicht 6“? Warum nicht 10“ oder 12“?

Ein 6“er ist ein tolles Gerät, unbenommen zeigt es ebenfalls erstaunlich viel, an vielen sehr hellen Objekten mag der Einsteiger nicht einmal auf den ersten Blick einen großen Unterschied zu einem 8“er sehen. Es gibt nur mehrere Dinge zu bedenken. Zum ersten gibt es 6“ Geräte in unserem Preisbereich nur in drei gängigen Brennweiten: 150/750 (f/5) und 150/1200 (f/8) sowie noch vergleichsweise neu in 900mm (f/6). Der 150/900 ist zwar vom Grundgedanken her ideal, vereinigt er doch ein gemäßigtes aber nicht zu langsames Öffnungsverhältnis mit einer erschwinglichen und leicht transportablen Öffnung, ich kann sogar ohne Scheu sagen: Das Gerät wurde erst auf vielfachen Wunsch und Anregung von einigen Sternfreunden denen genau diese Nische fehlte entwickelt! Leider wurden bei der Umsetzung einige entscheidende Fehler seitens des Herstellers begangen:
  • Das Teleskop ist als OTA (also ohne jedwede Montierung oder gar der gewünschten Dobsonmontierung (Rockerbox)) mit fast 250€ schon etwas teuer geraten
  • Die Auslegung von Fangspiegel und OAZ sind stark auf die Fotografie ausgerichtet!
  • Bedingt dadurch bringt es ab Werk im visuellen Bereich nicht ganz die Leistung die es eigentlich bringen könnte und sollte.

Das Problem des 6“ f/5 (also mit 750mm Brennweite) ist zum einen der Fakt, dass ein Teleskop mit dem Öffnungsverhältnis von f/5 bereits wesentlich teurere Okulare bedingt um eine optimale Abbildung zu erhalten, dazu auch merklich anfälliger für Dejustage ist, was gerade den noch ungeübten Einsteiger einen relativ hohen Prozentsatz an Abbildungsleistung kosten kann. Zu guter Letzt ist der Einblick selbst wenn es ein 150/750 Teleskop in Dobsonbauweise gäbe, zu niedrig am Boden. In Sachen Einblick liegt der f/8 6 Zöller mit dem 8" f/6 Dobson natürlich gleichauf, ebenso ist er entspannter zu justieren und stellt keine großen Anforderungen an die Okulare, jedoch ist er im Bereich Deepsky durch sein langsames Öffnungsverhältnis etwas gehandicapt, zeigt er doch gerade bei schwachen grossflächigeren Objekten einfach nicht mehr das hellste Bild bei gängigen Okulare/Vergrösserungskombinationen.
Bleiben noch die 10 und 12 zölligen Varianten, beide sind gebraucht schon vergleichsweise günstig zu erwerben, wenn auch etwas teurer als unser 8“ f/6, sie zeigen unbestreitbar mehr (wobei der Unterschied zu 10“ bereits einige Erfahrung voraussetzt um den sicher wahrzunehmen), gerade der 12“er verzeiht aber in Sachen Okulare und Dejustage noch weniger als der 6“er mit gleichem Öffnungsverhältnis, dazu ist das Gewicht und der Transport dann schon sportlich zu sehen – was nicht heißen soll, dass diese Teleskope nicht ihren Preis und ihr Gewicht wert sind ;) Doch bleiben wir bei unseren Grundannahmen, dann bietet uns der 8“ f/6 Dobson vor allem eine ausreichende Öffnung für detaillierte Deepskybeobachtungen sowie ein gemäßigtes Öffnungsverhältnis, dass weder extrem dejustageanfällig ist noch allzu teure Okulare erfordert (was nicht heißen soll, dass sehr gute Okulare nicht dankbar in den OAZ gesteckt werden dürfen um hervorragende Bilder zu zeigen!)

Und welche Marke jetzt?

Die Wahl der Marke ist in meinen Augen eine der untergeordnetsten Entscheidungen überhaupt – Wir reden hier durch die Bank weg von günstigen Einsteigergeräten aus Fernost, ob unter dem Namen GSO, Galaxy (baugleich) oder Skywatcher, hier mag man höchstens noch aus geopolitischen Gründen entscheiden ob das Gerät aus China oder Taiwan kommen soll ;) Jeder Typ hat seine kleinen Eigenheiten, Schwächen aber auch Stärken und sie halten sich eigentlich durchweg die Waage, so dass man keinen echten Fehler begehen kann wenn man sich in der Frage des Herstellers treiben lässt. Gerade beim Gebrauchtkauf kann einem dieses Wissen mehr Möglichkeiten eröffnen. Um es einmal gesagt zu haben: Ich habe/hatte einen GSO und war immer zufrieden damit, wie die anderen Marken auch, gibt es einiges was mit mit wenig Aufwand und Geschick verbessern kann, andere Sternfreunde haben das ebenso erfolgreich mit anderen Herstellern getan.


Was brauche ich noch?

Kein Teleskop funktioniert ohne Okulare, das dürfte jedem Leser an dieser Stelle bereits klar sein. Bei einem Neukauf ist meist nur ein oder auch mal zwei einfache Okulare in 25 oder 20 sowie 10mm Brennweite dabei. Das ist schon einmal was um sich auf das Gerät einzustimmen, aber es reicht leider bei Weitem nicht um auch nur annähernd die Leistung des Teleskops auszuschöpfen und alle gewünschten Objekte optimal zu beobachten. Die Staffelung von Okularen/Brennweiten/Austrittspupillen (Verständnisschwierigkeiten? Schaut noch mal in die jeweiligen Einstiegsartikel) ist ein Thema für sich und mitunter auch von den eigenen Vorlieben abhängig, es hat sich aber herauskristallisiert, dass ein Minimum von vier Brennweiten bewährt hat um zumindest einmal die wichtigsten Vergrößerungen zu erreichen um eine Vielzahl von Objekten in verschiedenen Detailstufen beobachten zu können.

  • Die Übersichts- bzw. Aufsuchvergrößerung: Ob es nun 30, 31, 32 oder 33mm sein sollen/müssen hängt vom Himmel und den eigenen Vorlieben ab, bei f/6 halte ich 32mm für einen guten Wert. Diese Brennweite bietet auch gleich das größte Stolperfallenpotential, denn wirklich gute Okulare in diesem Bereich sind rar gesät und – man verzeihe mir den Ausdruck – schweineteuer!
  • Die „Zwischenvergrösserung“ - 20-25mm ist meist mitgeliefert, kann durchaus bei vielen Objekten schon Details herausarbeiten ohne die Bildhelligkeit drastisch zu reduzieren, würde ich aber zur Aufrüstung mit besseren Okularen relativ weit ans Ende stellen – deshalb hier auch nicht Teil der vier wichtigsten Vergrößerungen.
  • Die Detailvergrösserung: 13-15mm - Hier haben wir eine „magische“ Vergrößerung/Austrittspupillenkombination, viele auch schwächere Objekte zeigen hier richtig viele Details (immer einige nötige Übung im teleskopischen Sehen vorausgesetzt, das dauert einfach etwas!). Auf kaum eine Vergrößerung könnte ich weniger verzichten. Hier sind brauchbare Okulare bereits erschwinglich und auch die wirklich guten kosten kein Monatsgehalt.
  • Die „Auflösungs“vergrößerung: 9-11mm – Ist das Objekt hell genug und/oder bereits relativ klein (planetarische Nebel, Kugelsternhaufen, aber auch Planeten) ist diese Brennweite Pflicht um wichtige, ja elementare Details herauszuarbeiten, viele der helleren Kugelsternhaufen werden hier bereits sehr ordentlich in Einzelsterne aufgelöst.
  • Die „Hoch“vergößerung 5-6mm – Viele Details in Deepskyobjekten verlangen nach solchen Vergrößerungen um Details im Kernbereich darzustellen, natürlich wird das Bild ingesamt hier je nach Objekt schon recht düster und dejustiert sollte das Teleskop auch nicht sein, aber wer nur oberhalb dieser Brennweite arbeitet, wird definitiv einiges verpassen.

Konkret heißt das für unseren 8“ f/6:

  • 35x – 40x
  • 80x – 90x
  • 110x – 130x
  • 200x – 240x

Unterstellen wir an dieser Stelle weiterhin unser nach wie vor beschränktes Budget scheiden die hoch- aber auch die mittelpreisigen Okulare zwischen 100 und 300€ das Stück leider aus, jedoch lohnt es sich im Laufe seines „Astrolebens“ durchaus auch für einen 8“ f/6 auf solche Okulare hinzuarbeiten (Sparwutz lässt grüssen). Also schauen wir uns im unteren Preissegment um, was wir hier für Alternativen finden.

Wie schon angeklungen ist das im Bereich über 30mm schwer oder leicht, je nach dem wie man es betrachtet, in jedem Fall wird es das teuerste unserer beispielhaften Okulare werden, denn 2“ Steckmaß sind hier auf jeden Fall angebracht! Es lohnt hier kaum wesentlich mehr auszugeben als die günstigsten kosten, denn bis sich ein wirklich merklicher Unterschied in der Abbildungsqualität abzeichnet vergehen hunderte Euro...
Hier gibt es eine manchmal etwas verwirrende Menge an Okularen, die sich preislich alle zwischen 70 und 120 Euro bewegen, von den Gesichtsfeldern zwischen 65 und 70°. Viele sind mit dem Zusatz WA für Wideangle versehen. Gebrauchtpreise bewegen sich hier zwischen 40 und 80 Euro. Die Qual der Wahl umgeht man am besten in dem man auf den eingangs erwähnten Treffen oder persönlichen Kontakten zu gut ausgerüsteten Sternfreunden, dies und jenes Okular einfach mal live an- und vor allem durchschaut. Bei Neukauf kann eine freundliche Mail an den Händler seines Vertrauens auch die Möglichkeit ergeben, mehrere solcher Okulare zur Ansicht zu bekommen um dann den persönlichen Favoriten zu behalten – hier sollte aber gerade bei jemandem der noch nie ein Teleskop besessen hat, ein Sternfreund mit Erfahrung hinzugezogen werden.

Für die restlichen drei Okulare könnte man sich für den Einstieg ruhig auf drei Okulare identischer Bauart festlegen. Ich werfe nun einmal Markennamen in den Raum, die alle ähnlicher Machart sind: TSWA, Hyperion, William Optic SWAN, Omegon, Orion Expanse... sie alle sind ähnlich gestrickt wobei es durchaus merkliche Unterschiede vor allem in der Fertigungsqualität gibt, die sich auch im Preis niederschlagen – sie alle sind keine schlechten Okulare für einen 200/1200 – ein Gebrauchtkauf wird gerade bei den etwas besseren dieser Aufzählung dem Neukauf vorzuziehen sein, schon allein wegen der mitunter saftigen Preise. Doch gibt es bei den drei unteren Brennweiten noch eine sehr interessante Alternative: Die so genannten Planetary Okulare – es gibt sie inzwischen auch von verschiedenen Herstellern mit den bereits angesprochenen unterschiedlichen Fertigungsqualitäten und Preisen, jedoch sind sie alle etwas günstiger als die leicht weitwinkligen (65-70°) Verwandten, bringen es aber immer noch auf praxistaugliche 60° Gesichtsfeld. Mit 50-80€ sind auch die Neupreise erschwinglich, gebraucht kann man hier aber durchaus nochmal sparen! Dazu sollte man nie die Möglichkeit eines Messebesuchs außer Acht lassen, auch wenn die Anfahrt zu den großen Astrobörsen mitunter recht lang ist: Ein neues Planetary Okular für 30 Euro das Stück könnte das lohnend erscheinen lassen ;) Das scheinbare Gesichtsfeld ist natürlich eine kleine Einbuße, jedoch hat sich mir und Mitbeobachtern gezeigt, dass diese Okulare trotz ihres geringen Preises eine sehr erstaunliche Schärfe und Transmission haben, die den teureren Weitwinklern überlegen ist. Für mich wären sie (hätte ich nicht im Laufe der Jahre aufgerüstet) nach wie vor das Einstiegsokular schlechthin, mit dem man ohne weiteres auf lange Zeit gut leben kann. Ein spezielles Okular will ich noch erwähnen, zwar liegt es preislich etwas über den Einzelokularen, jedoch handelt es sich um ein Zoomokular der Firma Astrozoom mit durchweg gleichbleibender Abbildungsleistung (was bei Zoomokularen nicht selbsverständlich ist!). Auf Basis eines 7mm Planetaryokulars wird durch einen Zoommechanismus die Brennweite auf den Bereich von 6,9 bis 3,5mm gestreckt – ohne Einbußen der Abbildungsqualität. Dadurch erübrigt sich auf lange Sicht (ich nutze es heute noch, auch an größerem und schnelleren Gerät) alles was unter 10mm Brennweite liegt.

Aber Okulare sind ja nicht alles oder?

Das wichtigste hätten wir nun beisammen aber eines noch fehlt uns für den guten Start ins Beobachterleben. Ein Sucher und gutes Kartenwerk. Vielfach hat sich gezeigt und in der Praxis bewiesen, dass Peilsucher den optischen Suchern durchaus überlegen sind, vor allem dem Einsteiger will das oftmals nicht nur seitenverkehrte sondern auch gleich auf dem Kopf stehende Bild eines optischen/vergrößernden Suchers, nicht recht einleuchten bei der Such nach einem Objekt. Besser sind dafür Peilsucher, die kein Bild des Himmels vergrößern sondern beim Durchblicken lediglich einen Punkt oder Zielkreise an den Himmel projizieren. Gar optimale möchte ich die Kombination aus dem etwas teureren Telrad (mit drei Suchkreisen) und dem Deep Sky Reiseatlas nennen, in diesem sind nämlich eben jene Kreise für jedes Objekt eingezeichnet was das Aufsuchen zu echtem Spaß werden lässt. Wer aber richtig schottisch denken muss, der greift stattdessen zu einem einfachereren Peilsucher wie dem Baader Skysurfer III , der zwar nur einen Punkt an den Himmel projiziert, dafür aber statt 50 nur 30€ kostet... an Stelle des gekauften Kartenwerks können prinzipiell auch gedruckte Karten aus kostenlosen Planetariumsprogrammen (z.B. Cartes du Ciel) dienen oder aber fertige ausgedruckte Karten wie der bekannte TriAtlas, der in verschiedenen Detaillierungen kostenlos zum Download angeboten wird.
Worum niemand, der das Hobby dauerhaft und ernsthaft betreiben will herum kommen wird, ist die Justage am Newtonteleskop – von vielen zu Unrecht gefürchtet, gerade ein f/6 Teleskop lässt sich nach einigen Übungen in weniger als einer Minute fertig für die schönsten Himmelserlebnisse machen. Auch wenn nicht alle Grundjustageschritte (siehe mein Artikel zur Newtonjustage) mit einem Laser vollzogen werden können, würde ich doch nicht auf den Justierlaser verzichten wollen – beim Laser kann Geiz an der falschen Stelle den ganzen Kauf überflüssig machen, zwar gibt es Laser neu schon ab 40€ aber für nur 10€ extra gibt es mechanisch hervorragende Laser von Horst Becker (www.drehen-und-mehr.de) oder Albert Göbel (www.katrin-goebel.de). (Leider hat Göbel die Laserproduktion eingestellt)

Last but not least fehlt es uns noch an einer kleinen aber durchaus beachtenswerten Investition, die so mancher der den Unterschied noch nicht kennt belächeln mag: Eine Rolle (oder auch zwei) schwarze Veloursklebefolie von DC-Fix oder Alkor, gibt es in fast jedem Baumarkt für um die 10€ und bringt sauber in den Tubus verklebt, die nötige Streulichtunterdrückung ins Teleskop. Der Unterschied mit/ohne diese einfache „Tuningmaßnahme“ ist mitunter erstaunlich aber natürlich auch mit vom Standort abhängig, ich würde sie, da es keinen großen finanziellen oder handwerklichen Aufwand bedeutet, jedem wärmstens ans Herz legen! Viele gebrauchte Teleskope wird man bereits mit dieser durchgeführten Tuningmaßnahme angeboten finden.

Alsdann steht nur noch etwas freie Zeit und vor allem ein klarer Himmel zwischen uns und einer wunderschönen Nacht unter den Sternen. Diese solide Grundaustattung kann man (und wird man) natürlich im Laufe der Zeit erweitern und verbessern wollen, hier noch ein schönes Stühlchen zum Beobachten, eine rote Taschenlampe (ob gekauft oder mit Nagellack selbst hergestellt) werden sich bald dazu gesellen und alles weitere ergibt sich einfach, am besten natürlich wenn man das ganze nicht gänzlich auf eigene Faust macht, sondern für Fachsimpeleien, warmen Tee und zusätzliche Motivation noch einen Sternfreund aus der Region findet.

Lass mal schnell rechnen, was da nun am Ende rauskommt!

Gebraucht:
Dobson ca. 200€
Okulare ca. 50€ + ca. 100€ für den Satz Planetarys
Peilsucher: 20-40€
Laser ca. 40€
Kleinkram wie Veloursfolie, Taschenlampe, Stuhl, wasauchimmer... 30€

Summe: 450€ - das muss auch alles nicht auf einen Schlag erworben werden sondern im ersten halben Jahr nach und nach erlegt werden.

Neu:
Dobson: ca. 300€
Okulare ca. 230€
Peilsucher: 30-50€
Laser: 50€
Kleinkram – siehe oben

Summe: 650€ - und hier gilt natürlich das selbe wie beim Gebrauchtkauf – peu a peu ist durchaus möglich...

Fazit: Auch wenn wir uns hier von den oftmals gelesenen „200-300€“ schon etwas entfernt haben, ist das noch erschwinglich, auch für den geschundenen kleinen Geldbeutel, vor allem wenn man bedenkt, dass die Rechnung nicht auf einen Schlag fällig wird! Und im Gegensatz zu so ziemlich jedem „Billigeinsteigerpaket“ haben wir mit dieser Kombination ein Gerät, dass wenn das Astrofieber erhalten bleibt (und die Chancen sind mit diesem Gerät weitaus höher als mit anderen Angeboten!), nicht nur einen mehr als soliden Einstieg ermöglicht sondern durchaus das Potential auf lange Sicht – für mach einen sogar endgültig – den Himmel zu erkunden und trotzdem immer wieder neues zu entdecken und mit steigender Erfahrung wahre Wunder des Deepsky zu bewundern.

Sonntag, 23. Oktober 2011

BB vom 22.10.2011



Datum: 22. Oktober 2011
Ort: Taunus
20:45 bis 02:00
GG: ~ 5m8 - im Zenit 6m
bis -2° C

Mein übersprudelndes Mailfach machte mir schon am frühen Abend klar: Heute wird das keine allzu kleine Runde. Ursprünglich wollte ich erst gegen halb zehn auf dem Platz eintreffen, aber so langsam kann man sich ja wieder an die längeren und früher beginnenden Nächte gewöhnen.
Zum ersten Mal bin ich eine "neue" Strecke gefahren die mir angeblich exakt ein Kilometer Weg sparen soll, das hat wohl auch gestimmt und es waren auch ein paar Minütchen weniger aber die Strecke ist Nachts mit vielen engen Serpentinen nicht mein Fall, als ich an unserem Beobachtungsplatz vorfuhr hatte ich ja schon mit dem ein oder anderen gerechnet der schon fertig ist mit dem Aufbau, aber dass dort schon 9 Autos standen hat mich doch etwas umgehauen, zum ersten Mal hätte es fast Parkplatzprobleme gegeben :D Gut, wir waren am Ende 11 Leute und da mir zwei, drei Namen von Leuten die ich noch nicht dort mithatte entfallen sind verzichte ich heute mal auf die Aufzählung, Ihr wisst ja wer von Euch dabei war ;)

Die durchweg recht dunstige Himmelsqualität des Tages lies nicht allzu viel hoffen, dennoch war es vor allem in Richtung Norden und Westen gar nicht mal so übel, die Anwesenheit von Olliver stand zunächst mal im Kontrast zur Transparenz, die dann aber wie völlig korrekt orakelt nach Mitternacht aber besser wurde. Etwas Schlepperei hatte ich dann noch, weil mein "Stammplatz" nun etliche Autos entfernt lag, glücklicherweise aber war Olliver dessen Auto dort zwischen Horia und Michael stand nur Minimalausrüstung dabei :)
Bis alle begrüsst, das Instrumentarium verbracht und die Kamera für die geplante Langzeitserie in Position gebracht war, war die erste Stunde dann doch auch schon rum. Heute Abend hatte ich wohlweisslich keine Objekte geplant auf meiner List sondern lies mich erstmal durch die scheidende Sommermilchstrasse treiben, nun endlich (wieder) in der Lage sämtliche Okulare den [OIII] aufzupfropfen, war die Knochenhand mit 14mm und denn feinen Fillamenten das erste echte Highlight. Eine ganze Zeit lang war ich mit Ronald im Gespräch, der sein Gerät erst am Vorabend fertig zusammengebaut hatte und nun das erste echte Firstlight auf den 8" Spiegel bekam, die Justage haben wir zusammen nochmal nachgestellt und siehe da: 8" f/6 einfach immer wieder gut :)

Eine kleine Schrecksekunde an Horias 12er mit Maxbright-Bino: Jupiter hat mich von den Socken gehauen - mich! Selten (oder nie?) habe ich den GRF derart plastisch und herausstechend wahrgenommen, richtig klasse! Da die Augen nun eh erstmal verblitzt waren bin ich mal ganz frech die ganze Reihe abgelaufen und hab mir den Vergleich zwischen 4,5" bis 16" auf Jupiter abgeholt, ich muss aber ernsthaft eingestehen: So gut wie im Bino war er dann auch nirgends mehr...

Mit Ronald ging ich später nochmals in Richtung Cirruskomplex um den Effekt des [OIII] zu demonstrieren, da er ihn (wenn ich richtig liege) in diesem Moment das erste Mal überhaupt sah, ging es dann auch tatsächlich nur mit Filter, da der Schwan inzwischen auch schon recht tief stand war das auch nicht anders zu erwarten, da der Kontrast ohnehin stark einbrach. Rainer nutzte die Gunst der Stunde um die vorhandenen Filter der umliegenden Teleskope mal einzusammeln und an seiner Lightbridge in ihren Effekten zu vergleichen. Apropos Filter! Der Selbstbaufilterschieber von Michael ist (wieder mal) eine unglaublich tolle und vorallem saubere handwerkliche Arbeit! Sogar mit Klickstop kann man ihn wunderbar weich bewegen und der Filterwechsel ist noch nur noch eine Fingerbewegung, hat man den Schieber dann mal im Licht in der Hand kann man im ersten Moment kaum glauben, dass man hier kein industriell gefertigtes Produkt in der Hand hält, der Kunststoff ist so sauber bearbeitet als käme er frisch aus der Presse. Auch die aktuellste Version von Michaels Bino Mount Wall-E war beeindruckend, sowohl was die Haptik und Weichheit als auch das Finish angeht (das wohl GEILSTE Gegengewicht was ich je gesehen habe!).

Hier und da machten wir kleine Orientierungstouren über den Himmel um ein paar weniger prominente Sternbilder zu zeigen und auch um ein paar Standardaufsuchtatiken für Messierobjekte zu zeigen. Am eigenen Teleskop blieb ich auf ausgetrampelten Pfaden und M33 zeigte mir, dass die Transparenz heute wirklich keinen Blumentopf gewinnen, Strukturen blieben grösstenteils Mangelware, M31 hingegen zeigte ausser den Staubbändern auch noch sehr auffällig die Sternassoziation NGC 206 innerhalb der Galaxie und Rainer präsentierte uns den extragalaktischen Kugelsternhaufen G1, der schon bei mittelhohen Vegrösserungen eindeutig nicht mehr sternförmig war! Horia war auf der Jagd nach der kleinen Begleitgalaxie von NGC 1023, die Galaxie selber (Arp 135) kenne ich und habe sie auch schon im Rahmen meines Arp-Projekts beobachtet und gezeichnet, die 13m8 schwache NGC 1023A blieb mir aber verborgen, Horia und Thomas widmeten sich später noch am 16"er dem Nachspüren, das einzige was ich sicher wahrnehmen konnte war eine nicht ganz gleichmässige Form beiderseits des Kerns, was ich aber hauptsächlich auf die beiden Sterne "innerhalb" der Galaxie links und rechts vom Kern zurückführte.

Thomas fiel in dieser Nacht auf, dass sich die Anzahl der Flugzeuge durch die neuen Flugrouten hier immens erhöht hat, allzu schlimm fand ich es nun nicht (Geräuschsentwicklung gibts da ja eh kaum so weit vor dem Flughafen) aber für Fotografen sicher ein Punkt, der den Platz etwas unattraktiver machen könnte (hähä!). Um etwa 23:30 Uhr klappte dann auch der letzte Spiegel bei meiner Kamera - Akku leer, immerhin 270 Einzelbilder konnte ich so gewinnen, alle mit der selben Einstellung ISO800 30s f/2,8 28mm. Da ich schon seit geraumer Zeit solche Aufnahmen sammele um eine längeres astronomisches Timelapse (Zeitraffer) Video anzufertigen war das natürlich ein ganz wichtiger Clip den ich mir hier zusammenbastelte. Die Einzelbilder habe ich diesmal nicht bearbeitet sondern nur zurechtgeschnitten. Dank Startrails gibt es aber nicht nur ein Video sondern auch das passende Strichspurbild dazu, da kann man auch schon erahnen wa den Flugverkehr angeht und man hat die gesammelten herumgeschleuderten Photone von 11 Leuten in mehr als 2h auf dem Chip :D




Strichspur-Stack: 270 Einzelbilder - Gesamtbelichtungszeit: 135 min
Das Video wollte ich eigentlich bis zur Fertigstellung meines Gesamtvideos (in vielen Wochen...) unter Verschluss halten, aber ich diesmal haben es zu viele mitbekommen und wollen auch das Ergebnis sehen - allerdings völlig unbearbeitet Rohdaten, mal schauen was ganz am Ende daraus wird.... 



Die ersten brachen die Zelte kurz nach Mitternach ab, war diesmal gar nicht so einfach sich aus dem Pulk herauszumanövrieren. Die Zeit war bei mir inzwischen völlig vergessen, ebenso die Müdigkeit des frühen Abends die mich eigentlich dazu brachte nur bis Mitternacht bleiben zu wollen, aber es gibt wohl kein propateres Gegenmittel als nette Gesellschaft unter einem gestirnten Himmel :) Was natürlich schade ist: In SO einer grossen Runde kann man leider auch in fünf Stunden nicht mit jedem in dem Maße oder überhaupt fachsimpeln wie man sich das wünscht, aber die nächsten Nächte kommen ja - wenn wir auch nie wissen wann - wieder. Die Temperaturen bewegten sich um den Gefrierpunkt und schlussendlich blieb es auch unter 0°, kaum jemand der nicht bereits einen kleinen Eispanzer auf der Ausrüstung und natürlich den Autos hatte. Der Orion war inzwischen auch bereits vollständig über den Osthorizont gekrochen und erlaubte mir einen ersten Blick auf einen frühen M42, der aber trotz fast waagerechter Dobsonausrichtung schon tolle Details zeigte.

Als es schon stark auf die zwei Uhr zuging entschied ich jetzt mit dem Abbau zu beginnen, obwohl ich die anderen nur vorwarnen wollte schlossen sich mir dann auf einmal doch alle an bzw waren bereits beim Abbau, einzig Rainer war noch sichtlich hin und her gerissen zwischen dem Himmel und dem heimischen Bett ;) Doch das zu meinem Glück, denn so kam ich kurz vor der Abfahrt noch in den Genuss der kleinen aber interesssante Edge-on Begleitgalaxie von M77 (die selbst schon Strukturansätze zeigte), NGC 1055 als längliche, nach einer Seite sehr scharf begrenzte Galaxie, leider konnte ich das Glühen "oberhalb" des Staubbandes nicht mehr wahrnehmen.
An alle die dabei waren ein grosses Dankeschön für den schönen Abend :) 





Freitag, 30. September 2011

BB vom 30.09.2011

Datum: 30. September 2011
Ort: Taunus
22:15 bis 02:30
GG: fst 6m3 UMi SQM (nicht L): 21.04 mag/arcsec²
ca. 12° klar klar klar 
Nachdem ja nun die ganze Woche mehr oder weniger klaren Himmel geboten hat, war für Freitag Nacht die beste Transparenz der Woche gemeldet, und unsere Erwartungen wurden definitiv NICHT enttäuscht, es wurde die beste Nacht des bisherigen Jahres und die Chancen, dass es die beste bleiben wird, stehen ganz gut ;)
Verabredet war ich eigentlich "nur" mit Andreas und Rainer, der mit seiner Lightbridge das erste Mal zu unserer Beobachtungstruppe stossen wollte - irgendetwas sagte mir aber, dass es da auch so noch den ein oder anderen hinverschlagen würde bei der Vorhersage. Schon auf der Hinfahrt fiel mit der Sternenreichtum in tiefer Horizontnähe gen Westen auf, da war beim letzten Besuch des Platzes vor 5 Tagen bis 30° Höhe fast gar nichts zu sehen gewesen. Nach der letzten Kurve empfing mich bereits eine Phallanx an Autos, Teleskopen und Mannen. Der erste den ich begrüsste machte mir letzte Zweifel zunichte: Oliver, ein über die Jahre wirklich untrüglicher Garant für Ausnahmenächte (da ist mit Sicherheit seiner weiten Anreise geschuldet!). Ausserdem waren noch Andreas, Rainer, Stefan mit seinem neuen 6" Meade und Ingo mit seinem leckeren 8" Selbstschliff/-bau vor Ort.


Die reich strukturierte, wenngleich bereits untergehende Milchstrasse bot schon ein tolles Bild, meine üblichen Stimmungsaufnahmen zu Beginn waren trotz ISO 1600 diesmal (man vergleiche mal mit dem BB vor 5 Tagen) so dunkel, dass kaum was von unserem Krempel zu sehen war ^^


Zu fortgeschrittener Stunde bestimmten wir die Grenzgrösse in Umi auf relativ problemlose 6m3, in Zenitnähe dürften wir durchaus hie und da mal die magischen 6m5 geknackt haben, das ist für diesen Standort schon das obereste Ende der Fahnenstange, man sah es aber (wie immer) auch sehr schön den Objekten im Okular an. Ingo lies mehrfach sein SQM kreisen, bedenkt man, dass es sich nicht um die "engere" L-Variante handelt sind die 21.04 m/arcsec² durchaus nicht übel, wenn sie auch schon an diesem Ort bei SQM-L Messungen überboten wurden. Interessant war der Effekt der wirklich sehr guten Transparenz in Richtung Osten, in fast direkte Blickrichtung von Frankfurt war selbstverständlich auch heute die Aufhellung zu sehen, doch sehr viel schwächer und M42 war dort bereits wenige Grad über dem Horizont, exakt an der Baumgrenze mit blossem Auge sichtbar, in der Megadunstlichtglocke von FFM normalerweise ein Ding der Unmöglichkeit. Positiv kam dazu, dass die Luftfeuchtigkeit wohl (ungemessen) niedriger lag als prognositiziert, ich musst erst nach über drei Stunden das erste Mal die Telradscheibe leicht abwischen, vor einigen Tagen war das bereits nach 15min zu...
Nachdem bei so vielen Leutchen üblicherweise etwas längeren "Einpalaverphase" ging es dann auch an die ersten Objekte. Es wurmte mich - und wohl auch Andreas - dass wir am vergangenen Sonntag Caldwell 5 alias IC342 so extrem grenzwertig wahrnehmen konnten, heute sollte das doch besser gehen, dank Rainer der mir einen Blick auf sein (wirklich vorbildlich mit dicker Folie abgedunkeltes!) Eye&Telescope gewährte war die Galaxie bzw. das Zielgebiet zügig im Okular, ein kurzer Fieldsweep und tatsächlich, hier gab es nun nichts mehr zu raten, noch weit entfernt davon besonders hell zu erscheinen, war die Galaxie ohne weiteres zu identifizieren, erleichternder Weise auch an genau der Stelle an der ich sie am Sonntag mehr vermutet als wirklich gesehen habe :) Heute war definitiv der richtige Himmel Galaxien sämtlicher Art mit höhere Vergrösserung und niedriger AP anzugehen, brachte schon das 22mm LVW einen Fortschritt in Sachen Kontrast, war sie mit 14mm plötzlich auch direkt nicht mehr zu verfehlen.


Danach gab es zur Augenentspannung einen Schwenk auf einen reich strukturierten Cirrusnebel, insbesondere die Knochenhand war in Andreas' 12er mit höherer Vergrösserung ein Genuss mit fotoähnlichen Filamenten und Verwirbelungen! Auch Nordamerika und der Hantelnebel schwenkte ich kurz an aber gab ihnen nicht allzuviel Zeit, denn heute riefen die schönsten Sirenen des Deepsky: Die Galaxien...
NGC 1023 im Perseus war zum wieder warm werden genau das richtige, mit 10m kaum zu übersehen und schön in einer Sternkette gelegen. NGC 404 zeigte ich Stefan, der sie auch gut sah, ich weiss jetzt gar nicht ob er sie danach auch nochmal mit dem 6er angefahren hat, auch da ist sie ja kein Problem. M31.. huiii Es war fast völlig Jacke welche Vergrösserung man hier heute einsetzte: beide Staubbänder respektive die Spiralarme waren über weite Strecken direkt sichtbar und übers Feld zu verfolgen, es gibt nicht allzuviele Nächte (bei mir) wo die Galaxie so nah an fotografische Ergebnisse rankommt. Rainer machte sich sogar - und das wohl erfolgreich - daran, die Galaxie bis zu ihren äussersten Grenzen wie man sie von Fotos kennt noch wahrzunehmen. Da bot es sich natürlich an auch gleich den "Nachbarn" M33 einen Besuch abzustatten, die HII Region war auch ohne Filter sofort ein auffälliger runder Fleck am Ende einer Sternkette die sich Richtung Zentrum zieht, die Spiralarme konnte man über weite Strecken verfolgen und mit 14mm war es eine Riesenfreude die Verdickungen und Knoten in den Armen abzufahren, so im Galaxienfieber war ich schon länger nicht mehr ;)
Andreas hatte aber einen Leckerbissen ganz anderer Art, den ich noch nie versucht habe: Den PN Jones 1 im Pegasus, nachdem er mir die Position erklärt hat (wirklich lohnenswert, da echt nicht schwer zu finden!) schaut ich durch sein Okular und tatsächlich war der PN ohne grössere Schwierigkeiten wahrzunehmen, er ist überraschend gross und zwei sich gegenüberliegnde Stellen des planetaren Nebels sind besonders hell und dementsprechend leicht (mit Filter) zu sehen, indirekt wurde das ganze nochmals deutlicher, nun macht der PN den Eindruck eines "C"s - ich will mich nicht festnageln, dass dieses C wirklich geschlossen war, die schwächste Stelle ist wirklich schwach und das Gehirn setzt ja gerne etwas fort wo man um die Struktur weiss, aber mit einem "C" kann man das Aussehen eben am besten beschreiben ;)
Alsdann ging ich zu meiner alten Hassliebe, Stephans Quintett über, nochmal ein genauer Blick auf Rainers Kartenausschnitt und ab dafür, auch hier zeigte sich eklatant der Unterschied zur letzten Nacht, kaum übersehbar steht der Galaxienknäuel unweit der hellen NGC 7331, nachdem wir am letzten Sonntag noch gerätselt haben ob Jan und ich das selbe Sternen-"T" als Aufsuchhilfe meinten war klar: Ja wir meinten das selbe. Mit Höherer Vergrösserung (107x) wurde das ganze noch wesentlich besser und kontrastreicher, ich glaube es war aber die 214x in Rainers 12" Lightbridge wo ich sie dann auch eindeutig trennen konnte, wenngleich das bei den beiden wirklich NAH zusammenhängenden Galaxien kein Kinderspiel für mich ist. Rainer war überhaupt extrem gut darin, nicht nur Objekte aufzufinden, sondern ihnen auch die passende AP zu verpassen, und da versuchte er sich bei unserem ersten Telefonat vor ein paar Tagen noch als Einsteiger hinzustellen :D An der Stelle muss ich ihm auch mal direkt für das nächste Objekt danken, nicht alltäglich aber er hatte es nach kurzem Kartenstudium sicher im Okular und erstaunlicher Weise war es auch für alle die durchschauten (und alle schauten durch) sofort sichtbar, dank der Karte konnte man den 14m2 "hellen" Quasar KUV 18217+6419 schnell und sicher identifizieren. Mit einer Rotverschiebung von z=0,297 liegen wir hier (je nachdem welche Quelle man befragt gehts auch bis 4) schon jenseits der 3.000.000.000 Lichtjahre Entfernung, es fasziniert mich immer wieder... da war hier auf der Erde gerade die erste Party der Cyanobakterien angesagt, die sich und ihre Enstehung aus der Ursuppe feierten ^^

Hatte ich eigentlich am Abend noch gedacht, wegen meiner Erkältung mach ich heut mal früher Schluss war es doch schon fast 2 Uhr als ich das erste Mal wieder daran dachte... Stefan war auch schon in Aufbruchstimmung, Rainer kaum noch vom Okular wegzubekommen als er noch diverse Objekte beobachtete, die besonders von diesem Himmel profitieren. Ein näheren Blick konnte ich noch auf die wirklich schön Konstruktion von Ingo werfen, der 8"er ist handwerklich wirklich professionell gebaut und das Bewegen des Dobsons über den Himmel macht einfach Spass. Das konnte man von der Lightbridge nur eingeschränkt behaupten, die Abbildung ist zwar definitiv gut aber an der Mechanik lässt sich sicher noch so einiges verbessern, da fühlte ich mich doch ein bissl mit dem Martini verwöhnt.
Eines der letzten Objekte die ich vor dem Zusammenbauen noch beobachtete war NGC 891 in Rainers Lightbridge, fanastisch lang mit kaum zu übersehendem Dunkelband zog sich die Spindelgalaxie in Andromeda durch das Gesichtsfeld. Alsdann machte ich mich wie die anderen auch ans Zusammenbauen, lediglich Rainer und Ingo waren nicht mehr von den Okularen wegzubekommen und ich will gar nicht wissen wie lange sie da noch gestanden haben heute Nacht, aber Recht haben sie! :D
Gegen halb drei fuhr ich los, eine Nacht im Kopf, von der ich durchaus längere Zeit zehren kann, selten sind sie diese Nächte aber sie wiegen auch lange Wolken-/Mondphasen auf wenn man sich ihrer wieder erinnert :)

Ein grosses Danke an alle die dort waren und die ich wieder oder zum ersten Mal "sehen" durfte.


 "6 Mann - 6 Optiken aber mehr als 6mag"









Donnerstag, 29. September 2011

ATM Bericht "Mücke" 70/350 Dobson

TM Projekt 2,8" Minidobs
Beim Kellerentrümpeln kam die vor Jahren georderte Zweitgarnitur eines 70/450 Astromediaspiegels zu Tage, damals hatte ich schon einmal angefangen ein kleines Teleskop daraus zu bauen, leider schmierte mir der Hauptspiegel vor Beendigung der Arbeit ab und war kaputt, zwar bestellte ich mir einige Zeit später nochmal den selben, aber irgendwie war zu diesem Zeitpunkt Luft und Lust raus aus der Sache...
Ich war noch nie sonderlich begabt was handwerkliche Tätigkeiten angeht, sicher auch ein Grund warum ich mich so lange nicht an solche Dinge herangetraut habe, aber ohne Üben wird es auch nie besser ;) Also hab ich in den letzten Jahren immer mal wieder zu Säge und Bohrmaschine gegriffen und drauflosgewerkelt, nicht immer mit sonderlich gutem Erfolg aber irgendwie bleibt doch jedes Mal was hängen - so auch diesmal, Holzreste waren schnell organisiert und sogar Alustangen eines vorangegangenen nie beendeten Projekts waren noch vorhanden. Mit Minimalkontruktionszeichnung machte ich mich über das Holz her, was am Ende herauskam will ich hier mal zeigen, nicht messbar mit Selbstbauten die ich schon so gesehen habe, aber Spass hat es trotzdem gemacht und auch wenn dem Spiegel sicher nicht viel Einsatzmöglichkeiten jenseits von Balkon-Mond-Beobachtungen vergönnt sein werden freue ich mich dem Spiegel ein neues zu Hause gezimmert zu haben :)
Die Einzelteile gestapelt...
So grob soll es mal aussehen...
Der bewährte 1,25" "Lampenfassung-Helical" für 2,50€
Das OAZ-Brett muss noch zurechtgeschnitten werden, der Fangspiegel ist derzeit vom 114/900 geliehen...
Verleimt!
Mit montierten Stangen, die Stangenklemmblöckchen nehme ich diesmal als neuen "Skill" an, gradgenaues Bohren mit der Standbohrmaschine, klappt erstaunlich gut!
Ein schöneres Finish wird ihm demnächst noch verpasst werden...
Ebenso ein Streulichtschutz für den Hut
Die Spiegelbox ist mattschwarz lackiert, wenn mal wieder Veloursreste anfallen wird es nochmal etwas dunkler...
Spiegelzelle extra einfach, zwei Brettchen, drei Federn, drei Schrauben, drei Rändelmuttern...
Warum 8 Stangendesign? Nur aus purer Lustigkeit :) Ein so kleines Ding kommt auch mit einer ordentlichen Stange aus, aber so macht es sich einfach schöner im Wohnzimmerschrank, den Grossen darf ich leider nicht ins Wohnzimmer stellen Glare

Bauzeit: ca. 8h
Gewicht: 1075g

Baukosten:

  • real: 2,50€ für die Lampenfassung der Rest war da (immer gut etwas mehr auf Vorrat zu kaufen Cool
  • theoretisch: ~ 35€ ink. Spiegel


Werkzeug:

  • Stichsäge
  • Handsäge (für die Stangen)
  • (Stand)bohrmaschine
  • Schleifpapier
  • Schraubendreher

Samstag, 24. September 2011

BB vom 24.09.2011

Datum: 24. September 2011
Ort: Taunus
21:15 bis 01:45
GG: <5m5
ca. 12° diesig, Schleierbewölkung
Schon länger musste ich auf Begleitung bei einer Beobachtungsnacht verzichten, um so glücklicher war ich, als während meines Aufbaus nicht nur Jan wie abgesprochen am Beobachtungsort vorfuhr, sondern sich kurz darauf auch noch Andreas zu uns gesellte, endlich mal wieder eine Nacht die man gemeinsam mit Beobachtung und Fachsimpeleien verbringen kann :)
Nachdem ich vor wenigen Tagen meinen Fangspiegel auf Federn umgebaut hatte, war die Justage mit Jans Laser eine Sache von Sekunden wie sich das eigentlich auch gehört und die Sternabbildung mag das ganze Jahr noch nicht so gut ausgesehen haben. Der Himmel hingegen sah dieses Jahr schon des öfteren merklich besser aus als heute, der Siff zog sich locker bis 30° Höhe und auch im Zenit konnten wir uns leider nicht auf 6mag und darüber freuen. Von daher war die Objektauswahl zumindest theoretisch arg beschränkt, da hielt uns aber natürlich nicht davon ab auch Galaxien anzusteuern ;)



Den Auftakt bildete bei mir M13 und M57, beide waren heute nicht ganz so stark auf der Brust, aber zumindest das Seeing war in einigen Momenten durchaus brauchbar, so dass sich M13 auchmal mit über 300x durchaus anschauen liess!
Jan übernahm dann kurzerhand den Dobson um Caldwell 5, IC342 eine Galaxie in CAM aufs Korn zu nehmen. Nach einigem Gestochere wurde er auch tatsächlich fündig. Ich muss zugeben, dass ich immense Mühe hatte die Galaxie sicher zu sehen, ich konnte sie erst beim Fieldsweeping unter genauer Positionsangabe wahrnehmen, aber sie spottete definitiv ihrer Kataloghelligkeit von 9m1, da hatte ich (unter anderem Himmel) schon 14m Galaxien die einem im Vergleich ins Auge hüpften! Andreas hatte dieselben Schwierigkeiten und ich denke einfach, der Himmel brach in diese Richtung böse ein was die Transparenz anging - wird aber vermerkt und bei besserem Wetter nochmal besucht :) Nicht umsonst heisst diese Galaxie auch umgangssprachlich "The Hidden Galaxy" a.) wegen der starken Extinktion durch die Milchstrasse und b.) wegen ihrer Lage in einem Sterngewurschtel...
Um dem Frust der schlechten Transparenz zu entgehen, verlagerte ich mich kurzerhand auf einige Sternhaufen, darunter natürlich die Prachtexemplare h+x, aber auch den alten immer wieder beeindruckenden Sternhaufen NGC 7789, M34, M103 und dergleichen. Zusammen mit Jan besuchten wir dann noch den Katzenaugennebel NGC 6543, der dank der schlechten GG nicht ganz so zügig im Okular war, dann aber als strahlend heller Gesell auch höchste Vergrösserungen erlaubte, allerdings ohne Details...
Sehr erstaunt und auch leicht bestürzt war ich über den Vergleich von Jupiter (der einen fantastischen Mondschatten zeigte!) in unseren fast identischen Geräten von mir und Andreas, jeweils mit 187x (auch mit verschiedenen wechselnden Okularen) zeigte sich das Bild in meinem Teleskop merklich heller und dadurch kontrastärmer - da er mit der leichteren Reiseversion tendentiell MEHR Streulichtprobleme haben müsste als bei meinem üppigeren Hut und Spiegelbox (beides natürlich velourisiert) kann das eigentlich nur von Streulicht vom Spiegel selber herrühren, meiner ist ja ziemlich stark durch unentfernbaren Pollenmist verschmutzt, bei Deepsky sah ich da nie Unterschiede aber am strahlend hellen Jupiter merkte man den Unterschied direkt. Eine andere Vermutung, die mir danach noch kam ist, dass meine FS-Kante im Gegensatz zu ihm nicht geschwärzt ist, ich weiss allerdings nicht ob das den Ausschlag gibt.

Als Andreas gegen 1 Uhr leider abbauen musste, machte ich mich nochmal an die inzwischen fast maximal hoch stehende Andromedagalaxie, nicht ohne aber vorher NGC 404 (Mirachs Geist) zu besuchen, im Gegensatz zur praktisch gleich hellen IC 432 ist hier kein "404 not found" angesagt ^^ ist aber auch kleiner und kompakter aber dementsprechend auch sofort auffällig "unterhalb" von Beta And. Alsdann ging es die letzten Grad hoch zu M31 nebst Begleitern, dafür dass der Himmel so intransparent war (zumindest abseits des Zenits) fand ich sie heute durchaus ansprechend, ein Staubband war sogar recht auffällig. M33 war ebenfalls in Sekunden im Okular, aber diese Galaxie zeigte nochmal ganz deutlich, dass der Himmel heute einfach nicht stimmte.
Auch NGC 7331 nebst Stephans Quintett schwebten da in exponierter Lage hoch im Süden und tatsächlich war es in diese Richtung und Höhe durchaus lohnend, wir blieben zwar bei eher moderaten Vergrösserungen aber es war vor allem in Sachen SQ (ein Galaxienhäufchen mit dem ich seit Jahren eine persönlich Fehde führe) besser als in manch anderer Nacht :)


Als der Orion so langsam über die Bäume kroch war es dann auch für uns Zeit abzubauen, die Cirren wurden auch eher mehr als weniger, trotzdem werde ich die Nacht in guter Erinnerung behalten, Spass ist wenn man trotzdem lacht und eine gelungene Nacht MUSS nicht zwangsläufig von der Grenzgrösse abhängen wenn man nur mit den richtigen Leuten in der richtigen Stimmung zusammen auf dem Feld steht ;)
Auf dem Heimweg fuhr ich dann gegen 2:10 Uhr doch nochmal an den Strassenrand um eine (naja zwei) letzte Aufnahme vom über den Horizont kletternden Orion zu schiessen, inzwischen war ich natürlich schon wieder sehr viel näher am Rhein-Main-Gebiet vor allem fotografierte ich genau in diese Richtung, aber ich finde es hat trotz der Lichtverschmutzung seinen ganz eigenen Charme.

 








"The hidden galaxy - und nicht nur eine versteckte sich"



Montag, 19. September 2011

BB vom 19.09.2011

Datum: 19. September 2011
Ort: Feld nördlich von Taunusstein
22:0
0 bis 23:45

GG: ~5m5
Wetter: feucht, Dunst 10 ° C
12" f/5
Der Herbst liegt nun unweigerlich in der Luft, das merkte ich schon beim ersten Atemzug nach dem Aussteigen, diese unnachahmliche Mischung aus durch Regen frisch gewaschene 10°-Luft und die ersten angefeuerten Heizungen der leicht fröstelnden Gesellen. Und auch wenn meine Nase versagt hätte, die Plejaden die sich im Osten bereits aus dem Dunst schälen sprechen eine klare Sprache.
Eigentlich war es ansonsten keine Nacht die man für ernsthafte Beobachtungen nutzen könnte, der Mond war nicht mehr fern, der Himmel stellenweise recht matschig, aber für einen kleinen Spaziergang über den Himmel sollte mir das heute reichen. Zumal ich vorher noch meine Fangspiegeleinheit zerlegt hatte um das nun schon fast ewige Justierproblem zu lösen, der Gummipuffer lag nun richtig aber schon nach dem Aufbau merkte ich schnell, das hat gar nix gebracht :( Rumgeiere wechselte sich mit Stillstand trotz Schrauberei am FS ab und es blieb wieder nur die Brachialmethode per Hand mit gelösten Schrauben - das war es nun aber - der Martinigummi fliegt raus, die Löcher werden nochmal etwas aufgebohrt und gute altmodische Federn werden besorgt!


Nach der durch diese Unannehmlichkeiten recht leidige Justage ging es erst nochmal Richtung Zenit/West in den Sommerhimmel um ein paar alten Bekannten Hallo zu sagen, gerade in Zenitnähe war der Himmel durchaus sein Geld wert und belohnte mich mit einem fantastischen Cirrus und den PN-Highlights M 57 und M 27. Nun aber nach Osten, die Zeit rennt heute leider, der Mond erhellt schon leicht den Osthimmel (oder ist es mal wieder Frankfurt?) - h+x in alter Pracht, die feinen Sternketten lassen die nervige Justageaktion vergessen, hat sich doch gelohnt... M31 ist durch den Dunst noch zu schwachbrüstig, da warten wir mal andere Nächte ab... Dafür war Jupiter eine wahre Augenweide mit zahlreichen Details in den Wolkenbändern und einer lustigen Mondkonstellation, es sah aus als wollten sich alle vier gerade von einer Seite auf ihn stürzen ;)


So schwenke ich noch eine Weile genussvoll hier hin und dort hin und schon schält sich der rote Mond über die ersten Baumwipfel, auch er nach längerer Zeit die ich ihn nicht mehr im Auge hatte, ein durchaus freudvoller Anblick, es reicht sogar für einen schnellen Schnappschuss durch das Okular, mehr als ein Schnappschuss ist es aber auch nicht.

Eigentlicher Höhepunkt der kleinen Beobachtungsrunde ist die Feuertaufe für mein "neues" Kartenwerk - die Karten an sich sind bekannt, handelt es sich doch um den Triatlas. Neu ist hingegen mein Geburtstagsgeschenk in Form des ebook Readers! Schon einige Male hatte ich die Dinger im Laden in der Hand und da ich doch recht viel verPDFtes lese (was am Bildschirm auf Dauer wirklich keine Freude ist) wünschte ich mir schon länger so ein handliches Gerät im Haus. Der immense Vorteil gegenüber jeder Art von bekanntem Monitor ist das Display mit eInk Technologie - dabei wird vollständig auf aktive Beleuchtung verzichtet, das Aussehen entspricht fast gänzlich dem von gedrucktem Papier, dazu ist es sehr reflexarm gehalten, so dass man es auch problemlos im hellsten Sonnenschein lesen kann - oder eben unter gedämpften Rotlichtschein :) Das Format von etwa A5 ist nicht üppig aber dank der Zoomfunktion sind auch feine Details kein Problem. So, einmal den heissen Brei umrundet: Es funktioniert tadellos! Das Laden der Karte (Triatlas B-Set & Panoset) dauert etliche Sekunden, das ist aber wegen der Grösse auch auf meinem normalen Rechner der Fall - ist die Karte ersteinmal geladen geht das navigieren durch die einzelnen Seiten und innerhalb einer gezoomten Karte fix, die Lesbarkeit unter Rotlicht ist praktisch nicht von Papier zu unterscheiden und damit kann ich nun getrost auf Ausdrucke der üblichen Art verzichten. Schnell noch die aktuellen Kometenkarten als PDF drucken lassen und man hat auch diese immer aktuell dabei ohne Papierkrieg. Die Feuchtigkeit war zwar recht hoch in dieser Nacht aber im geschlossenen Koffer hat das Gerät nix abbekommen, sicherheitshalber hab ich aber ein kleines Handtuch zum Einwickeln dabei, in längeren nassen Nächten sicher keine schlechte Idee! Um Akku muss man sich bei den Teilen zum Glück auch keine Sorge machen, denn verzichtet man auf Sperenzien wie die MP3 Player Funktion wird praktisch kaum Saft gebraucht: Beleuchtung gibt es ohnehin keine und im Gegensatz zu Computermonitoren liegt hier nur Strom an wenn die Seite umgeblättert wird - nicht aber wenn eine Seite offen ist, das heisst wenn die Karte erstmal auf dem Display ist sinkt der Stromverbrauch gegen Null, auch wenn sie zwei Stunden offen dort liegen würde. Alles in Allem funktioniert das ganze exakt so wie ich mir das in den letzten Monaten so enthusiastisch vorgestellt habe, grösser dürfte das Display natürlich sein, aber das ist wohl derzeit noch nicht bezahlbar :P


Kometenaufsuchkarte von Winnis Seite... 


Ausschnitt aus Triatlas B-Set Karte...
Der Mond ist inzwischen schon ein ganzes Stück übe dem Horizont, ich gönne ihm sogar noch mal zehn Minuten Beobachtungszeit bevor es dann an das Zusammenpacken ging. 

Donnerstag, 11. August 2011

Kleiner Fotobericht 11.08.2011

Datum: 11. August 2011
Ort: Taunusstein
22:0
0 bis 23:00
GG: Vollmond
Wetter: teilweise klar
Trotz Vollmond fuhr ich an diesem Abend nochmal kurz auf meinen "Hausberg" um ein paar Stimmungsfotos zu schiessen, hier die Ausbeute. 

 

Montag, 8. August 2011

Dunkeladaption und das Sehen bei Nacht

Während wir auf die Himmelsqualität nur einen sehr beschränkten Einfluss durch unsere Standortwahl haben, können wir insbesondere bei der Dunkeladaption für unsere Hauptbeobachtungsinstrumente – unsere Augen – einiges tun um zumindest auf dieser Seite möglichst beste Vorraussetzungen für eine freudvolle Beobachtung der zumeist schwachen Deepskyobjekte zu erreichen.

Unser Auge, das ist den meisten Menschen klar, ist das wichtigste Sinnensorgan, das wir besitzen. Bei der visuellen Deepskyastronomie ist es somit nach dem Teleskop das wichtigste „Ausrüstungsteil“, das wir mit uns führen.










Das Auge wurde während der Evolution in den vergangenen Milliarde Jahren
gleich Dutzende Male „erfunden“, immer wieder auf eine andere Art aber immer mit dem Ergebnis, dass dem zentralen Nervensystem des Lebewesens (über)lebenswichtige Informationen über seine Umwelt mitgeteilt werden. So verwundert es auch nicht, dass so vielfältig wie die Organismen, auch die Leistungsfähigkeiten und Schwerpunkte der Augen in der Natur sind. Nun stand der Mensch nie unter dem Zwang besonders „nachtsichtige“ Augen zu entwickeln um zu überleben, dies wäre auf Kosten unserer Vorteile bei der Tagsichtigkeit gegangen und genau dort lag eben unser Vorsprung vor unseren Fressfeinden. Trotzdem kann das menschliche Auge auch in der tiefen Dunkelheit der Nacht bestimmte Dinge sehen und wahrnehmen, nur eben anders als im Licht des Tages, für das Erkennen von potentiellen Gefahren reichte dieses Nachtsehen aus und ich komme später noch darauf zurück wie wir uns eine oder zwei Besonderheiten dieser Entwicklung auch beim Beobachten am Teleskop noch zu Nutze machen können.

Dazu schauen wir uns einmal ganz grob den Aufbau des Auges auf, vereinfacht besteht er aus dem optischen Teil, also Linse, Pupille, Iris, Hornhaut und Glaskörper die allesamt dafür da sind, den Lichteinfall zu regulieren sowie die Schärfeeinstellung für unterschiedlich weit entfernte Objekte, und dem sensorischen Teil, der das einfallende Licht in elektrische Impulse umwandelt und an unser Gehirn schickt – die Netzhaut mit ihren Sehzellen.
Die Grösse der Pupille bzw. die Iris regelt den Lichteinfall auf die Netzhaut, jeder hat sicher schon oft beobachtet, dass die Pupille in Sekundenbruchteilen kleiner wird wenn helles Licht einfällt und sich dann nach einiger Zeit wieder maximal aufweitet wenn es die Helligkeit, besser gesagt Dunkelheit zulässt.





Dies ist ein kleiner Teil des Adaptionsprozesses, der uns optimal auf das Sehen in Dunkelheit vorbereitet, im Vergleich zum chemischen Adaptionsprozess geht das Öffnen der Pupille recht zügig von statten. Bei Dunkelheit kann sich die Pupille zwischen 6 und 8mm weit öffnen, das ist von Person zu Person unterschiedlich und lässt meist mit dem Alter nach (4-5mm sind in höherem Alter nicht unnormal aber nicht unweigerlich der Fall). Dieser Wert ist nicht unwichtig, denn das „Gegenstück“ zur (Eintritts)pupille (EP) ist die so genannte Austrittspupille (kurz AP) des Okulars, also wie dick der austretende Lichtbündel ist. Vergrössert man die AP des Okulars über die maximal mögliche Öffnung der eigenen Pupille wird Licht verschenkt, weil das Strahlenbündel nicht ganz ins Auge eindringen kann. Unabhängig von der persönlichen EP setzt man deshalb häufig 7mm als maximal sinnvolle AP des Okulars ein.

(Exkurs: Auch wenn ich es in anderen Artikeln schon intensiver behandelt habe, hier nochmal die Formel zur Berechnung der AP eines Okulars: Okularbrennweite in Millimeter geteilt durch Öffnungszahl (f/x) des Teleskops – f/x = Teleskopbrennweite : Teleskopöffnung – Bsp.: 30mm Okular an einem f/5 Teleskop: 30:5=6 -> 6mm AP)





An dieser Stelle ein Wort zu allen Brillenträgern und Menschen mit Sehfehlern: Das ist in aller Regel keinerlei Hinderungsgrund für erfolgreiche Deepskybeobachtungen! Fehlende Sehschärfe (fast egal wieviel Dioptrin) wird beim Fokussieren des Okulars vollständig ausgeglichen und somit ist es auch nicht notwendig beim Beobachten eine Brille zu tragen (das geht mir z.B. so). Leidet man an einer Hornhautverkrümmung, in der Fachsprache "Astigmatismus" ist der Verzicht auf die Brille nicht so einfach, denn die Sternabbildung wird unabhängig von den optischen Komponenten des Teleskops nicht punktförmig sondern verzerrt sein. Je nach Stärke des Astis kann das durchaus stören, so dass die meisten Beobachter mit diesem Problem die Brille die diesen Fehler ausgleicht einfach bei der Beobachtung anbehalten. Am Rande sei erwähnt, dass es auch Zusatzlinsen für bestimmte Okulare gibt, die den Astigmatismus ausgleichen können. Darüber hinaus können diese Sehfehler mit dem Unterschreiten einer bestimmten AP ihre Relevanz verlieren, sprich: Beim Einsatz von kurzbrennweitigen Okularen (= hohen Vergrösserungen) fallen diese Fehler auch ohne Brille nicht mehr ins Gewicht. Wie weit die AP runter muss ist von Person zu Person unterschiedlich, man spricht von 2-3mm.

Die Netzhaut kann man als das Äquivalent zum Chip einer Kamera sehen. Die einzelnen Nervenzellen repräsentieren demnach die Pixel die im Gehirn zu einem Abbild der Umwelt zusammengesetzt werden. Das auch noch sehr gewitzt, denn fast in der Mitte der Netzhaut sind wir eigentlich blind – der so genannte blinde Fleck ist nicht mit Nervenzellen besetzt, weil dort der zentrale Sehnerv die Anbindung an unser Gehirn ermöglicht, dieses gleicht aber diesen „toten Bereich“ durch intensive Rechenleistung aus, so dass wir nie ein „Loch“ in unserem Gesichtsfeld haben. Eine weitere besondere Stelle der Netzhaut ist der „gelbe Fleck“ oder auch Fovea, hier sehen wir mit besonders guten Auflösung und Schärfe, weil sich hier besonders viele Nervenzellen befinden, tagsüber sprechen wir deshalb auch vom fovealen Sehen weil die Sehachse genau dort endet.
Die Nervenzellen der Netzhaut teilen sich in zwei verschiedene Arten. Die Zapfen und die Stäbchen, während die Zapfen für das Farbsehen zuständig sind, erlauben uns die Stäbchen das Dämmerungs- oder Nachtsehen, sie sind um ein vielfaches empfindlicher als die Zapfen. Dies ist auch der Grund, warum wir in der Nacht kaum oder keine Farben erkennen können ("Nachts sind alle Katzen grau")...

Zapfen (farbig) & Stäbchen (grau)

Während die Zapfen eine bestimmte Lichtmenge brauchen um aktiviert zu werden, sprechen die Stäbchen schon auf ein einzelnes (!) Photon an, jedoch wird unser Gehirn nie ein einzelnes Photon melden, das geschieht nur wenn einige benachbarte Zellen mit aktiviert werden (ein Grund warum bei höherer Vergrösserung auch vermeintlich schwache Objekte noch mehr Details zeigen können). Ich bitte zu entschuldigen wenn ich jetzt noch weiter in scheinbar unnötige Details gehe, aber wie wir später noch sehen werden ist das nicht gänzlich unwichtig.

Ein entscheidender Nachteil des Sehens bei Dunkelheit ist, dass in der vorher genannten Fovea (Punkt des schärfsten Sehens mit höchster Auflösung der Netzhaut), nur Zapfen (dafür sehr dicht gepackt) und keine Stäbchen zu finden sind. Nachts sind wir also an dieser schärfsten Stelle des Auges leider auch am unempfindlichsten. Stattdessen müssen wir lichtschwache Details von Deepskyobjekten mit den Aussenbereichen der Netzhaut beobachten, hier sind wir durch die Überzahl an Stäbchen bei Dunkelheit im Vorteil. Allerdings dürfen wir dazu das Objekt das wir beobachten nicht direkt anschauen. Man spricht beim „Danebenblicken“ auch vom indirekten Sehen. Dieses Mehr an Lichtempfindlichkeit erkauft man sich leider mit dem Verlust an Auflösungsvermögen, deshalb ist das gezielte „Festnageln“ von Details eine Frage der Übung. Hierbei muss man für sich selbst durch Übung herausfinden wie weit vom Zentrum entfernt man die besten Resultate erreicht, je weiter man wegblickt, desto stärker wird die Lichtempfindlichkeit aber ebenfalls nimmt die Schärfe weiter ab. Sehr wichtig ist beim Nichtfovealen Sehen ist auch, dass man in die richtige Richtung vom Objekt wegblickt, da der blinde Fleck nicht ganz mittig sondern in Richtung Nase versetzt liegt, schaut man mit dem rechten Auge rechts vorbei und mit dem linken Auge links vorbei.
Eine weitere evolutionär bedingte Besonderheit unserer Augen können wir uns ebenfalls am Teleskop zu Nutze machen: Wir nehmen bei schlechten Lichtverhältnissen bewegte Objekte sehr viel besser wahr als statische, deshalb kann es vor allem bei sehr schwachen Objekten oder Details über Sehen oder Nichtsehen entscheiden wenn wir das Teleskop leicht hin und herschwenken während wir das Gesichtsfeld des Okulars betrachten. Wofür dieses verstärkte Erkennen von Bewegungen aus den Augenwinkeln von essentiellem Vorteil für unsere Urahnen war liegt auf der Hand.
In den Sehzellen (sowohl Zapfen als auch Stäbchen) ist der Sehfarbstoff Rhodopsin eingelagert, trifft nun ein Photon auf die Nervenzelle ändert sich die räumliche Ausrichtung der Atome dieses Moleküls, der Lichtreiz wird weitergegeben. Die dumme Eigenschaft des Rhodopsins ist es nun aber, dass es bei einem ausreichend starken Lichtreiz in Millisekunden zerfällt. Bis sich ein maximales Niveau aufgebaut hat dauert (je nach Quelle) 15 bis 30min. Also braucht unser Körper nach jeder Blendung während des Nachtsehens mehr als eine viertel Stunde bis wir unser optimales Nachtsichtniveau wieder erreicht haben – Das ist der Hauptgrund warum helles Licht der Feind eines jeden visuellen Deepskybeobachters ist!

Nun zerfällt das Rhodopsin glücklicherweise nicht bei jeder Wellenlänge des Lichts genauso schnell. Während das Auge im Bereich zwischen blau und grün (500 nm) besonders empfindlich ist, baut sich das Rhodopsin bei tiefrotem Licht sehr viel langsamer ab, die Blendung nimmt somit ab. Schnell wird so klar warum wir nur rote Lampen mit auf unsere Beobachtungsabende mitnehmen... Das Problem bleibt, dass ein zu helles Licht egal welcher Farbe unsere Nachtsichtempfindlichkeit stark herabsetzt und ein erneutes Adaptieren notwendig macht. Dazu kommt, rot ist nicht gleich rot, natürlich haben die meisten von uns keine Möglichkeit eine Spektralanalyse unserer Lampen zu machen (interessantes hierzu in einem Artikel im Interstellarum Sonderheft Teleskope) aber man sollte schon darauf achten, dass die Lampe ein sauberes rot produziert und keine Violett- oder Orangetöne, somit bekommt man reines Rot viel eher mit roten LEDs hin als mit gefärbten Weisslichtlampen.

Zum Vergleich der verschiedenen Helligkeiten habe ich mal eine Auswahl an Taschenlampen und Rotlichtlampen fotografiert, jeweil 8 Sekunden bei f/5,6 und ISO 400
Lampe 1: Schwache 1x LED Taschenlampe (weiss)

Lampe 2: selbstgebaute 3xLED (rot)
Vergleich Astroklemmlampe (Originalzustand) und Fahrradrücklicht (rot) - Danke an Jan für dieses Foto
(selbe Aufnahmedaten, andere Kamera)
Lampe 3: Schwache (Batterie) 3xLED Taschenlampe mit Nagellack (rot)
Lampe 4: Schwache Astroklemmlampe 1xLED mit Nagellack + Folie (rot)
Realer Anblick der beiden schwächeren Rotlichtlampen bei Nacht (ISO 400 ca. 1s)


Zu den Lampen ist abschliessend zu sagen: Auch die dunkelste blendet dich etwas! Die letzte Lampe in dieser Reihe klemmte nur wenige Tage bevor ich diesen Artikel schrieb auf meinem Zeichenblock, zeigte auf ein Blatt Papier und half mir eine Zeichnung vom Cirrusnebel zu bewerkstelligen - Trotz der wirklich schwachen Funzel, brauchte ich nach dem Einzeichnen von Details oder Sternen immer etwas Zeit bis ich wieder genausoviel sah wie vor dem Blick aufs Papier! Und obwohl sie in einem Winkel neben dem Teleskop stand, der keine direkte Strahlung in Richtung Auge oder Okular schickte, war der Unterschied zwischen ein- und ausgeschalteter Lampe auffällig, sie blieb also immer aus wenn ich mich wieder auf ein Detail im Okular konzentrieren wollte.
Ausser den Leuchten auf die wir zum Blick auf Sternkarten oder Zeichenbretter auch beim Beobachten nicht völlig verzichten können, gibt es aber noch weitere, vermeidbare Störlichtquellen die unsere Adaption zu Nichte machen können. Als erstes sind das natürlich direkte Blendungen durch Häuser, Laternen und vorbeifahrende Autos. Schon bei der Wahl des Beobachtungsplatzes bzw. der Stelle am Platz kann man das vermeiden. Ist man durch Garten, Terrasse oder gar Balkon dazu gezwungen Kompromisse einzugehen, sollte man trotzdem mit allen Mitteln versuchen direkte Blendungen auszuschalten, das ist an erster Stelle natürlich das Licht in der eigenen Wohnung, andere Blendquellen lassen sich eventuell mit Tüchern oder aufstellbaren Wänden abblocken oder zumindest mindern.



Eine weitere vermeidbare Quelle zur Zerstörung unserer wichtigen Adaption ist die inzwischen verbreitete (Un)Sitte alles und überall „paperless“ zu managen. Anstelle von Atlanten und ausgedruckten Sternkarten wird gerne das Smartphone oder gar eine Note- oder Netbook gezückt. Es steht selbstverständlich ausser Frage welche Vorteile das Mitführen komplexer Sternkartensoftware bringt. Die Frage die man sich beantworten muss ist, ob man gewillt ist diesen durchaus nachvollziehbaren Wunsch nach Annehmlichkeit mit dem unweigerlichen Verlust an Beobachtungsqualität zu bezahlen. Auch „Nachtmodi“ in diesen Programmen führen immer zu einer weitaus höheren Blendung und Herabsetzung des Nachtsichtfähigkeit als das Benutzen einer schwachen Lampe mit Kartenmaterial (selbst ein schwarzes Display leuchtet noch wesentlich heller als eine Rotlichtlampe). Ein Weg, den vor allem Astrofotografen wählen, ist das Display mit tiefroter dicker Folie abzudecken (im Astrohandel erhältlich). Als visueller Beobachter würde ich aber von dieser vermeidbaren Quelle abraten, Computer und Smartphone für die Astronomie nutze ich selber ständig und auch sehr gerne, aber eben nicht auf dem Feld wo ich versuche möglichst viel im Okular zu erkennen. Einige Hoffnungen diese scheinbar unvereinbaren Welten zusammenzuführen setze ich in die so genannten eInk Displays wie man sie heute schon in Ebookreadern findet, sie haben keine aktive Beleuchtung und verhalten sich im Prinzip wie Papier. Leider sind sie bisher a.) noch relativ teuer in ausreichender Grösse und b.) noch nicht in Geräten eingebaut die Astronomiesoftware unterstützen.

Smartphone 1: Helligkeitsstufe 2/5 normales (dunkles) Hintergrundbild
Smartphone 2: Niedrigste Helligkeitsstufe (1/5) mit rot/schwarz Bild ("Nachtmodus")


Zu guter Letzt komme ich auf die Möglichkeit des „Sehdopings“ zu sprechen, keine Angst hier müssen keine illegale, potentiell gefährliche Substanzen eingenommen werden, das Gegenteil ist der Fall! Was gemeinhin als gesund gilt ist auch gut für das Auge – Vitamin A ist besonders wichtig für unser Auge, ein eklatanter Mangel führt zu Nachtblindheit. Möhren können also schonmal nicht schaden ;) Ausser diesem ohnehin wichtigen Stoff für unser Sehen gibt es etwas, das ganz gezielt die für das Nachtsehen so wichtige Rhodopsinproduktion ankurbelt: Anthocyane. Was zunächst gefährlich klingt sind schlicht natürliche Pflanzenfarbstoffe, besonders reichlich vorhanden in Heidelbeeren. Eine persönliche Einschätzung der Wirksamkeit kann ich nicht abgeben, es gab aber einen (wissenschaftlich gewissenhaft durchgeführten) Versuch vom Amateurastronomen Uwe Pilz, der damit eine Verbesserung der Dunkelsichtigkeit bei allen Probanten nachweisen konnte. Wie stark diese ausfällt ist allerdings von Person zu Person unterschiedlich. Den Wirkstoff bekommt man tatsächlich in der Apotheke in Tablettenform zu kaufen, ich selbst konsumiere aber lieber direkt das Naturprodukt ;) Zwar ist es nicht Jedermanns Sache ein ¾ bis 1 Glas Heidelbeeren zu essen, aber schaden tut es in keinem Fall und lecker ist es noch dazu (3-5 Stunden vor der Beobachtung).



Fast noch wichtiger als solche „Hilfsmittelchen“ ist es aber auf bestimmte andere Stoffe zu verzichten wenn eine ernsthafte Beobachtung ansteht. So setzt bewiesener Massen der Konsum von Alkohol und Nikotin das Sehvermögen herab. Ich bin selbst Raucher und es fällt mir auch nicht leicht auf den Glimmstengel zu verzichten, aber der Effekt ist messbar vorhanden! Dazu noch ganz wichtig: Ausgeschlafene Augen sehen mehr als übermüdete, das weiss jeder Autofahrer der in den späten Abendstunden noch unterwegs
ist (und davon können die meisten Amateurastronomen ein Lied singen...).


© 2011 Benny Hartmann