Sonntag, 27. Mai 2007

Einsteigerteleskope? Diese nicht!

Welche Teleskope eignen sich nicht zum Einstieg?
 
Statt der großen Frage nach einem brauchbaren Einsteigerteleskop nachzugehen will ich nun einmal einige Geräte aufgreifen, die auf den ersten Blick wie echte Schnäppchen aussehen und auch immer wieder gekauft werden, die dann aber nach kurzer Zeit für Frust und mittelfristig zum Anruf beim Sperrmüll führen
Eins vorweg, selbstverständlich hat jedes Teleskop seinen Himmel, aber die Geräte auf die ich im Nachfolgenden eingehen werde bieten einfach ein schlechtes Preis/Leistungsverhältnis, haben teils unüberwindbare Tücken für den unerfahrenen Einsteiger oder sind schlicht Fehlkonstruktionen. Die allermeisten dieser Teleskope gibt es bei ebay, das sich i.d.R. nicht gut für den Teleskopkauf eignet, Ausnahmen bestätigen da natürlich auch die Regel, insbesondere wenn es um gute Gebrauchtgeräte geht, aber ein Anruf oder Besuch bei einem Händler, die Beratung von erfahrenen Beobachtern oder auch der Besuch eines Treffens bieten mehr Sicherheit beim Kauf. Da ich hier bis auf eine Ausnahme keine Marken- oder Gerätenamen enne kann man mir auch einfach eine email schicken in dem das entsprechende Angebot verlinkt ist, ich gebe dann gerne Auskunft darüber.

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Spiegelteleskope (Reflektoren)

Mit klangvollen Namen werden bei ebay und anderen Orts Spiegelteleskope mit Öffnungen zwischen 114 und 150mm (4,5"-6") verkauft die eines gemeinsam haben: Ihre Tubuslänge will nicht so recht zu der angegebenen Brennweite passen, der Tubus ist wesentlich kürzer. Man erkennt diese Angebote an den Werten 114/1000 oder 150/1400 und ihrem Preis zwischen 100 und 250€. Diese Teleskope sind so genannte katadioptrische Newtonteleskope, ihre hohe Brennweite im Vergleich zum kurzen Tubus erhalten sie durch eine zusätzliche Linse im Strahlengang der die Brennweite künstlich verlängert. Was ist da nun das Problem? Zum einen ist eine zusätzliche Linse ein Punkt an dem Licht und Abbildungsqualität schnell verloren gehen können wenn diese nicht hochwertig gefertigt wird, bei den Angebotspreisen kann man davon ausgehen, dass dies nicht der Fall ist. Warum wird nun diese künstliche Brennweitenverlängerung überhaupt eingesetzt? Zum einen spart man sich mit einem kürzeren und leichteren Tubus Gewicht, so dass die Teleskope mit kleineren Montierungen verkauft werden können, die aber auch nicht immer ausreichend sind um wackel- und schwingungsfreies Beobachten zu garantieren. Der zweite Grund ist, dass diese Teleskope keine parabolischen sonder nur Kugelspiegel verbaut haben, diese sind einfacher und billiger herzustellen, haben aber eine schlechtere Abbildung, insbesondere bei kurzer Brennweite. Mit längerer Brennweite wird der Effekt gemildert und die Abbildung wieder besser, dies wird bei den katadioptrischen Newtons im Billigbereich über die künstliche Brennweitenverlängerung erreicht. Jedes Spiegelteleskop muss hin und wieder justiert werden, besonders nach Transporten. Die Kombination mit einer Linse im Strahlengang macht diese für Anfänger ohnehin erstmal gewöhnungsbedürftige Justage nahezu unmöglich. Deshalb sollte man von diesen Geräten grundsätzlich die Finger lassen. Noch mal: Ist das Kind in den Brunnen gefallen und man hat so ein Teleskop daheim stehen, sollte man das Beste draus machen, aber wenn man noch die Wahl hat gibt es wesentlich gutmütigere und bessere Teleskop. Im Zweifelsfall sollte man vor dem Kauf nochmals in den einschlägigen Foren (siehe meine Links) nachfragen.

Ein weiteres Spiegelteleskop von dem ich abraten möchte benenne ich konkret mit Namen: Der Bresser Pluto/S 114/500. Ich hatte bereits einen und habe mir inzwischen wieder einen geordert allerdings ausschließlich als Bastelobjekt, da man den Tubus mittlerweile für unter 30€ nachgeschmissen bekommt. Was ist nun das Problem mit diesem Teleskop? Wie ich oben schon geschildert habe eignen sich einfache Kugelspiegel nicht in Kombination mit kurzer Brennweite. Genau das trifft aber hier beim 114/500er zu und die Abbildungsleistung hat darunter zu leiden. Hinzu kommt, dass das Teleskop ein Öffnungsverhältnis von f/4,4 hat, dies ist zum einen schwerer zu justieren, insbesondere für den Anfänger, und zum Zweiten stellt es bereits enorme Anforderungen an Okular um ein scharfes Bild über das gesamte Feld zu liefern - passende Okulare kosten dann schon mal mehrere Hundert Euro! Darüber hinaus haben die meisten Pluto/S einen Konstruktionsfehler. Der Fangspiegel ist zu klein dimensioniert und leuchtet nur etwa 80mm des Hauptspiegels aus, man verschenkt also fast ein Drittel des Lichts. Findige Bastler verbessern den Pluto mit einem größeren Fangspiegel und versierte Selbstbauer verpassen ihm sogar eine Parabolisierung und lassen ihn neu verspiegeln, das alles kommt aber für den Einsteiger der erste Schritte mit dem Teleskop machen will nicht in Frage. Man darf aber nicht alle Geräte dieser Brennweite über einen Kamm scheren, so bietet Skywatcher einen 114/500 Newton an, der einen Parabolspiegel besitzt und dadurch eine durchaus gute Abbildung liefert.

Seit kurzem tauchen bei ebay vermeintliche Schnäppchen 8"er auf mit den Daten 200/800 für 99€ - Nach allem was bisher über diese Geräte bekannt ist sind sie nahezu vollkommen unbrauchbar und sollten nicht gekauft werden. Auch hier sind wahrscheinlich nur Kugelspiegel verbaut was bei einem 8" f/4 gleichbedeutend mit mülltonnenreif ist. Außerdem will auch ein kurzer 8" Newton erstmal sicher montiert sein, die Montierung kommt somit als ein vielfaches des Kaufpreises noch hinzu. Natürlich gibt es durchaus hervorragende Newtons mit 8" mit einem Öffnungsverhältnis von f/4 diese sind besitzen diese dann einen Parabolspiegel und sind nicht für 99€ zu haben. Einzig für erfahrene Spiegelschleifer könnte das Gerät interessant sein, da sie so günstig an einen Rohling kommen von dem sie die Beschichtung entfernen und mit der Hand weiter schleifen können - Zwischenzeitlich bin ich darauf hingewiesen worden, dass so ein Versuch tatsächlich schon erfolgreich angegangen wurde.

Dann gibt es noch die berühmt berüchtigten 76/700 (manchmal auch 76/900) Spiegelteleskope die zu Dutzenden bei ebay angeboten werden, auch bekant als 'Tchiboskop' da man sie immer wieder bei Tchibo im Angebot findet. Viele haben mit so einem kleinen Spiegel angefangen und man kann auch einiges an ihnen verbessern sofern sie über einen 1,25" Okularauszug und nicht über den veralteten 0,96" Auszug verfügen. Doch sind sie vom Preisleistungsverhältnis nicht allzu gut und für einen ähnlichen Preis wäre das 'Lidlscope', ein 70/700 Linsenteleskop vorzuziehen. Wenngleich die beiden Teleskope auf dem selben optischen Niveau liegen, wird der 76/700 i.d.R. auf einer einfachen meist zu wackeligen azimutalen Montierung angeboten und das 70/700 Lidlscope auf einer bereits brauchbaren parallaktischen Astro3 Montierung - Etwas Bastelbedarf um sie im Rahmen ihrer Öffnung auszunutzen haben allerdings beide Geräte.
Zum Thema Tchiboscope sei auf die Seite von Michael Hahn "Winnie" hingewiesen mit seinem umfangreichen Tchibo-FAQ als PDF


Linsenteleskope (Refraktoren)

Auch im Bereich der Linsenteleskope gibt es bei ebay viele Dutzend Angebote bei denen man lieber zweimal hinschauen sollte statt sich vom Preis oder den vollmundigen Versprechen blenden zu lassen. Grundsätzlich sollte man sich von Angeboten fernhalten bei denen ein 'Profiteleskop' gleich im Paket mit einem Mikroskop oder eines kleinen Handfernrohrs verkauft wird. Gängige Größen die sehr billig angeboten werden sind 50/800 (50/900, 50/700) oder auch mit 60mm Öffnung. Zum einen ist das wirklich sehr wenig Öffnung und unter 70mm macht der Einstieg i.d.R. wenig Spass. Zwar gibt es auch unter 70mm außerordentlich gute Geräte wie beispielsweise alte Zeiss Teleskope oder Apochromatische Refraktoren, die bekommt man aber weder für 30,50 oder auch 100€ sondern muss mindestens einige Hundert Euro für sie auf den Tisch legen, für den Einsteiger empfehlen sie sich meines Erachtens aber nicht, da es Geräte sind, die hauptsächlich bei niedrigen Vergrößerungen, also im Richfieldbereich punkten können und der Einsteiger ja einen möglichst leistungsfähigen Allrounder anschaffen sollte. Dann ist die Montierung meist eine der größten Schwachstellen, die einfachen Azimuthalmontierungen sind derart wackelig und schlecht verarbeitet dass kein Spass mit ihnen aufkommen wird. Besonders achten muss man auch auf die Größe des Zubehörs (insbesondere der Okulare), vielfach steht es gar nicht in den Auktionen dabei aber die meisten haben auch heute noch nur 0,96" oder 24,5mm Okularauszüge so dass nur die schlechten mitgelieferten Okulare benutzt werden können (die oftmals nur aus Plastik sind), 1,25" sind heutzutage Standard und nur in dieser Größe bekommt man bessere Okulare um das Teleskop aufzurüsten. Auch 70mm Teleskope sind bei ebay nicht davor gefeit mit 0,96" OAZs ausgestattet zu sein, mir fällt da spontan ein immer wiederkehrendes Angebot eines 70/300 Refraktor auf azimutaler Montierung und auch ein 70/800 mit kleinem OAZ findet man immer wieder. 

Teleskope im Vergleich - Jedes hat sein Einsatzgebiet

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Die Grafik soll nur einen Anhaltspunkt geben, gerade bei Galaxien und Sternhaufen gibt es innerhalb einer Kategorie auch gehörige Unteschiede... Während die hellste und größte Galaxie (Andromedagalaxie) stark von einem kurzbrennweitigem "schnellen" Teleskop profitiert, brauchen die meisten anderen mehr Vergrösserung und viel Öffnung.
 

Man sieht also, es gibt hunderte vermeintlich günstige Angebote die einem den Einstieg in das Hobby Astronomie aber verleiden können und im Endeffekt hat man doch einiges an Geld in den Sand gesetzt. Im Zweifelsfall immer erfahrene Amateurastronomen nach ihrer Meinung fragen und zwar immer vor dem Kauf...
Zum Thema 'Einsteigerteleskop' habe ich mir im Laufe der Zeit natürlich auch ein paar eigene Gedanken gemacht, diese erheben keinesfalls Anspruch auf Allgemeingültigkeit oder Richtigkeit, aber da es nunmal meist das liebe Geld ist, dass die Grenzen steckt, habe ich versucht drei Preissegmente im untersten Bereich zu zeigen, was sinnvoll sein könnte und von was man lieber die Finger lassen sollte...

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