Insbesondere in der Zeit vor Weihnachten häufen
sich in den einschlägigen Astronomie-Foren die Anfragen zu diversen
Einsteigerteleskopen, sei es um einem latent astronomieinteressierten
Freund oder Verwandten ein Geschenk zu machen oder selber einen
Wunschzettel zu schreiben, die Weihnachtszeit ist die Hochzeit des
Teleskopverkaufs. Obwohl praktisch die selben Teleskope das ganze Jahr
über zu kaufen sind scheint die (Vor)Weihnachtszeit das Interesse noch
stärker zu wecken. Jeder dieser Anfrager hat schon mal eine Sache
goldrichtig gemacht, nämlich sich in einem Forum anzumelden und
erfahrenere Sternfreunde um Rat zu fragen, der überwiegende Grossteil
macht dies sicher nicht und vieleicht erreiche ich mit diesem kleinen
Artikel wiederum einige dieser Leute. Wenn in diesem Artikel
Fachbegriffe fallen, die ich nicht im Text erkläre, dann kann man sie
über das Menü links im Astrolexikon nachlesen (falls nicht, wäre ich
über eine e-mail dankbar).
(aus
aktuellem Anlass erscheint es mir sicherer keine Markennamen zu nennen,
privat per e-mail können wir uns sehr gerne darüber
austauschen)____________________ und wie sie alle heissen mögen,
diese Geräte scheinen zunächst mal viele Interessierte anzuziehen, dies
hat auch seinen Grund: Der Preis und die überschwengliche Bewerbung
dieser Instrumente. Ich werde im Nachfolgenden auf keine Marke im
Speziellen eingehen, aber auf Anfrage bei mir via e-mail gebe ich auch gerne
Tipps zu speziellen Angeboten. Nach Markennamen sollte man
kein Teleskop kaufen (zumindest nicht im unteren Preissegment) wobei
aber ein Grossteil der oben genannten Marken keinen guten Ruf haben und
das nicht zu Unrecht. Doch beginnen wir mit der Bewerbung und was sie
wirklich aussagt.
Das "700mm Teleskop"
Oft wird mit solchen Angaben geworben, hier wird
aber nur die Brennweite des Teleskops angegeben, eine äusserst sinnlose
Art ein Teleskop zu beschreiben, denn es sagt praktisch nichts über die
Leistungsfähigkeit aus, denn Brennweiten zwischen 300 und 1500mm sind
in sämtlichen Preissegmenten vorhanden - von 15€ bis 15.000€
;-)
Wer sich nur minimal mit der Materie auskennt wird
bei einer solchen Aussage vieleicht denken die Öffnung (also der
Spiegel oder Linsendurchmesser) würde 700mm betragen das wäre dann ein
28" Gerät. das in Deutschland nur sehr selten, und wenn dann nur als
Selbstbau, anzutreffen ist, weil dafür bereits eine gehobene
Mittelklasselimousine gekauft werden könnte. Wir sehen also die
Brennweite ist zwar eine nicht unwichtige Kennzahl eines Teleskops aber
keinesfalls ein Qualitätskriterium. Ein anderer Trick ist die übliche
Bezeichnung Öffnung/Brennweite (also z.b. 114/900) einfach umzudrehen,
auch hier sollte man stutzig werden.
2.250.000 Sterne sichtbar?
Einige
Hersteller bewerben ihr Teleskop mit
der theoretisch sichtbaren Menge an Sternen, eine Praktik die
sich mir immer noch nicht erschliesst, dieser Wert hängt nämlich in
nicht unerheblichen Masse von der (natürlich nicht beeinflussbaren)
Himmelsqualität am Beobachtungsstandort ab! So liegen zwischen einem
aufgehellten Stadthimmel und einem sehr dunklen Land- oder gar
Alpenhimmel drei oder sogar vier Grössenklassen die sich auf die
Sichtbarkeit von Sternen und anderen Objekten am Himmel immens
auswirken! Berechenbar ist zwar der so genannte Grössenklassengewinn
der dann aber mit den tatsächlichen Gegebenheiten am Himmel
zusammengebracht werden muss. Auch hier müssen wir also feststellen:
Kein
Qualitätskriterium.
Teleskop - 600x Vergrösserung
Die Vergrösserung, das wohl beliebteste
Werbeargument, vermittelt eine hohe Vergrösserung doch das Gefühl
besonders "weit" schauen zu können, ein Qualitätsmerkmal? Nein, im
Gegenteil, wer mit Vergrösserungen wirbt hat entweder keinerlei Ahnung
davon was er verkauft oder er geht natürlich bewusst davon aus, dass es
als besonders hochwertig angesehen wird. Doch die Vergrösserung eines
Teleskops ist eine rein physikalische Grösse die keinerlei Aussage über
Qualität oder Abbildung macht, praktisch jedes Teleskop kann man mit
Vergrösserungen bis sagen wir mal 1000x betreiben. Wie das? Die
Vergrösserung berechnet sich durch die Formel Teleskopbrennweite/Okularbrennweite.
ein 76/700 Teleskop bringt mit einem 10mm Okular also 70x
Vergrösserung. Durch den Einsatz einer sogenannten Barlowlinse die die
Teleskopbrennweite künstlich um den Faktor 2, 3 oder gar 4 verlängert
lässt sich jede beliebige Vergrösserung erreichen. Beispiel: 76/700
Teleskop + 2x Barlowlinse + 4mm Okular = (700x2)/4 -> 1400/4 =
350x Vergrösserung. Doch was bringt uns das? Rein gar nichts. Denn zum
einen sind sehr viele Objekte die wir am Himmel beobachten können bei
Weitem nicht so klein wie man sich das oft vorstellt (die
Andromedagalaxie beispielsweise ist nicht weniger als sechs (6!)
Vollmonddurchmesser gross) und zum Zweiten beschränkt das theoretische
Aulösungsvermögen eine Teleskops die maximale sinnvolle Vergrösserung.
Bei sehr guten Geräten nimmt man als Faustformel die doppelte Öffnung
als Grundlage, bei durchschnittlichen Geräten (von denen sprechen wir
hier im Einsteigerbereich) maximal das anderthalbfache der Öffnung. In
unsererm Beispiel mit dem 76/700 Teleskop wäre also die maximale
sinnvolle Vergrösserung bei 114x erreicht. also etwa mit einem 6mm
Okular. Was passiert wenn wir darüber vergrössern? Das Bild zeigt keine
weiteren Details sondern wird im Gegenteil immer "matschiger" so dass
weniger zu sehen ist als bei kleineren Vergrösserungen. Des Weiteren
sind ausser den Planeten unseres Sonnensystems die meisten Objekte die
wir beobachten relativ dunkel, je weiter wir vergrössern, desto dunkler
erscheint uns das Bild im Okular, die so genannte Austrittspupille wird
immer kleiner (Der Begriff Austrittspupille kurz AP wird z.B. hier erklärt). Also können
wir die angepriesene Vergrösserung eines Teleskops ruhigen Gewissens
als Qualitätsmerkmal ad acta legen.
Hochleistungsokulare, Profiteleskope und andere
Superlativen
Jedermann sollte misstrauisch werden wenn ihm
solche Phrasen bei einem Teleskop zwischen 20 und 200€ begegnen,
niemandem würde einfallen bei einem billigen Kleinstwagen die Bewerbung
als Oberklasselimousine ernst zu nehmen, bei Teleskopen liegt das mangels
Erfahrung mit der Materie meist anders. Die vermeintlichen
Hochleistungsokulare oder wie sie auch immer genannt werden sind in
sehr vielen Fällen so genannte Huygens Okulare oft auch zu erkennen an
dem Buchstaben "H" vor der Brennweite (z.B. H-20). Dieses Okulardesign
ist sehr einfach und meist von minderer Qualität, nur soviel: Benannt
ist dieses hochaktuelle Hochleistungsokular nach seinem Erfinder
Christiaan Huygens der im Jahre 1695 starb ;) Der Vollständigkeit
halber: Es gibt auch ausgesprochen gute Exemplare dieses Typs diese
sind aber praktisch nicht mehr erhältlich und mit Sicherheit nicht in
Verbindung mit einem Massenprodukt. Was ist bitte ein Profiteleskop?
Ein Teleskop mit dem professionelle Berufsastronomen arbeiten? Eher
nicht, die kosten schon einige Millionen. Ein Teleskop für den
semi-professionellen Amateurbereich? Auch hier reden wir von Teleskopen
die zumindest einige Tausend Euro kosten. Auch hier gilt: Finger weg
wer mit solchen Aussagen wirbt.
150/1400 - 114/1000 - 76/700 - 60/700 - Aldi - Lidl
- ebay - Händler - Was denn nun?
Die Zahlen in der Überschrift geben ja wie wir
bereits eingangs gelernt haben die Öfnnung und die Brennweite an,
welches ist nun das richige? Diese Frage kann man pauschal einfach
nicht beantworten, wenn es um einen gelungenen Einstieg geht auf jeden
Fall keins der genannten - warum? Beginnen wir mal mit den "dickeren"
Geräten, also mit Öffnungen von meist 114mm (4,5") oder gar 150mm (6").
Diese Grössen sind in der Tat gut für den Einstieg mit nicht allzu
grossem Budget geeignet, doch nicht in den Brennweiten die oben
angegeben sind. Wirft man einen genauen Blick auf die abgebildeten
Teleskope sollte man bei einer Sache stutzig werden: Die angegebene
Brennweite kann unmöglich mit der ungefähren Baulänge übereinstimmen,
denn obwohl 1,40 Meter Brennweite (1400mm) angegeben sind, sehen die
Geräte kurz und dick aus. Die Lösung des vermeintlichen Rätsels liegt
in der Bauweise dieser Teleskope, der Spiegel hat im Prinzip nur die
Brennweite der kürzeren Baulänge aber durch eine Linse im Strahlengang
(meist im Okularauszug) wird die Brennweite künstlich verlängert. Das
wird aus zwei Gründen gemacht: Ist das Teleskop kurz, kann man es auf
eine leichtere (und billigere) Montierung setzen, die ein Teleskop mit
einem grossen Hebel nicht sicher tragen würde (aber meist sind die
mitgelieferten Montierungen auch mit den kurzen Teleskopen bereits
überlastet). Der zweite Grund ist der, dass man die Brennweite
verlängert wird weil der Spiegel nur ein so genanter sphärischer Spiegel
oder auch Kugelspiegel ist, diese Spiegel sind leichter und billiger zu
schleifen haben aber eine schlechte Abbildung wenn das
Öffnungsverhältnis (Öffnungsverhältnis = Brennweite/Öffnung - z.b. 700/76 = 9,2 ->
f/9,2 - siehe Artikel 'optische
Theorie') zu "schnell" ist, also z.B. f/4 oder f/5. Bei
"langsameren" Öffnungsverhältnissen wie f/8 oder f/10 fällt dieses
Problem nicht mehr weiter auf, deshalb wird durch dir künstliche
Verlängerung der Brennweite ein langsameres (man sagt auch kleineres)
Öffnungsverhältnis erreicht. Das Ergebnis ist jedoch qualitativ nicht
das gleiche wie bei einem Spiegel ohne Korrektorlinse der bereits auf
diese tatsächliche Brennweite geschliffen wurde. Um das Unglück
komplett zu machen ist die (ab und an nötige) Justage eines solchen
Teleskops eine wirklich harte Nuss und für einen Einsteiger nicht zu
schaffen - Also FInger weg von solchen so genannten katadioptrischen
Teleskopen in diesem Preissegment.
Das unter Dutzenden Marken und Namen angebotene
76/700 Spiegelteleskop gibt es unter anderem jedes Jahr beim
Kaffeeröster Tchibo (als Marke TCM), was ihm seinen Spitznamen
"Tchibotorpedo" oder einfach nur "Tchibo" eingebracht hat.
Ich konnte das originale TCM Teleskop in der aktuellen Ausführung des
letzten Jahres (2006) ausführlich testen, insbesondere auch gegen den
Mitbewerber das beliebte "Lidl" Teleskop (Bresser Skylux) 70/700, das
mit ähnlichen Rahmendaten allerdings als Linsenteleskop daherkommt.
Optisch kann man hier wohl sogar Glück haben (eine Qualitätsstreuung
ist auf dem Teleskopmarkt fast immer vorhanden, zumindest in den
unteren bis mittleren Preisklassen) und ein durchaus brauchbares
Exemplar erwischen das von seiner optischen Leistung her dem 70/700
Linsenteleskop ebenbürtig ist. Das Instrument krankt jedoch an einem
anderen Problem, die azimuthale (also einfach nach oben und unten sowie
im Kreis schwenkbar) Montierung auf der das Teleskop sitzt ist wackelig
und hakelig, Beobachtungsspass mag da nicht recht aufkommen, wenn das
Bild im Okular beim fokusieren (scharfstellen) so stark wackelt, dass
sich das Bild erst beruhigt wenn das Objekt (z.B. ein Planet) schon
wieder aus dem Gesichtsfeld herausgewandert ist, ein sich durch die
Erddrehung bewegendes Himmelsobjekt kann somit nur sehr schlecht
nachgeführt werden. Bleiben wir kurz beim erwähnten "Lidl" Skylux
70/700, im Preisbereich bis etwa 150€ ist es eigentlich das einzige
dass man ruhigen Gewissens empfehlen kann, um die Weihnachtszeit herum
wird es für unverschämt günstige 69€ beim Discounter Lidl angeboten
(den Rest des Jahres ist es auch erhältlich kostet dann aber meist über
100€). Das Besondere bei diesem Teleskop ist, dass eine parallaktische
Montierung mitgeliefert wird, die im Vergleich zu den allermeisten
anderen Angeboten in dieser Preisregion tatsächlich das Teleskop
halbwegs stabil trägt. Zwar darf man auch bei diesem Teleskop weder von
Mechanik noch von der Optik Wunder erwarten aber wenn es partout ein
Teleskop des günstigsten Segments sein soll, dann ist das Lidlscope
kokurrenzlos.
Und was ist mit den kleineren? Auch Linsenteleskope
mit Daten wie 60/700, 60/900 oder gar 50/600 (u.ä.) werden häufig sehr
günstig insbesondere bei ebay aber auch zum Beispiel bei Aldi
angeboten. Diese Teleskope sind meines Erachtens einfach zu klein um
einen schönen Einstieg zu bieten, zwar haben vor 20 oder 30 Jahren
viele Amateur Astronomen mit Geräten dieser Öffnungsgrösse angefangen
(anfangen müssen) aber heutzutage gibt es doch Alternativen um sich
gleich etwas mehr zu gönnen. Wir erinnern uns, sowohl das
Auflösungsvermögen (Details) als auch die Lichtsammelleistung eines
Teleskops wird über die Öffnung definiert, 50 oder 60mm sind damit eher
Grössen für Ferngläser (z.B. 10x50) mit niedrigeren Vergrösserungen.
Dazu kommt, dass auch diese meist auf wackeligen Montierungen verkauft
werden. Worauf man grundsätzlich achten muss ist, dass der Durchmesser (Steckmass) des Okularauszugs
eines Teleskops 1,25" (31.7mm) beträgt, nur so kann man gegebenenfalls
andere, bessere Okulare zukaufen und nutzen. Früher waren 1"
Okularauszüge Standard, heute ist das aber ein Kriterium ein Teleskop
nicht zu kaufen, gibt es doch fast kein brauchbares Zubehör mehr, bei
den genannten kleineren Linsenteleskopen trifft man solche 1"
Okularauszüge sehr häufig an.
Als
Fazit bleibt nur zu sagen: Es ist nicht alles
Gold was glänzt und wer ohne Frust und mit ordentlichem Potential in
die Astronomie reinschnuppern will braucht nicht unbedingt viel Geld
ausgeben aber Fehlkäufe kann man auch vermeiden. Das beste ist in jedem
Fall eine Sternwarte in der Nähe zu suchen, die gerne Neulinge beraten
oder sich über eines der Internetforen (siehe meine Links) eine
Beoabachtungsgruppe oder auch Einzelbeobachter in der Nähe zu suchen
die einem die verschiedenen Geräte live vor Ort zeigen und vor allem
auch durchschauen lassen können. Auch würde ich persönlich vom Kauf bei
ebay abraten, zwar gibt es zwischen den Hunderten Standardangeboten
auch immer mal wieder sehr gute Geräte sowohl für Einsteiger als auch
für Fortgeschrittene aber für jemanden der sich dem Hobby zum ersten
Mal nähert ist das kaum rauszufinden (nicht einmal über den Preis, ich
habe unlängst von einem 76/700 Teleskop gehört, dass durch etwas
elektronische Spielerei auf stattliche 300€ kam - zum Vergleich: Für
die identische Optik, gebraucht aber erst einige Monate alt und
originalverpackt habe ich inkl. Versand keine 10€ bezahlt). Ein
Fachhändler
(siehe meine Links) ist klar die bessere Alternative, vorsicht auch
hier hat fast jeder Händler Teleskope wie die besprochenen im Angebot,
aber nun sind wir ja etwas aufgeklärter ;-) Im Übrigen: Viele suchen
einen Händler mit Geschäft bei sich in der Nähe, das ist in vielen
Fällen nicht zu machen und bevor man zum (meist auch schlecht
informierten) Optiker oder ähnlichen geht, lohnt es sich in jedem Fall
bei einem oder mehreren der grossen Händler anzufragen, das Versenden
klappt eigentlich immer hervorragend und durch die Bestellung übers
Internet hat man den rechtlichen Vorteil des unbedingten 14-tägigen
Rücktrittsrechts.
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