Vergrösserungen und Gesichtsfelder - Ausdehnung von Objekten am Himmel
Wenn
wir etwas weit entferntes beobachten dann erscheint es wie wir aus dem
alltäglichen Leben wissen kleiner, bei Ferngläsern ist oft das Sehfeld
angegeben wie beispielsweise 115m auf 1000m - dies gibt die Breite des
Sehfeldes an. Alternativ wird das Sehfeld in Grad (°) angegeben. Beim
Gebrauch von Teleskopen ist in diesen Grössen wesentlich mehr
Variabilität gegeben, das verwendete Okular gibt die Vergrösserung vor
(Teleskopbrennweite / Okularbrennweite = Vergrösserung), in Abhängigkeit
von der Bauweise können aber Okulare selber Brennweite unterschiedlich
grosse Bereiche am Himmel zeigen. Warum ist dies nun wichtig? Viele
denken, dass Vergrösserung ein Qualitätsmerkmal eines Teleskop ist und
dass es beim Beobachten des Himmels hauptsächlich darum geht - Doch das
ist schlichtweg falsch, es hängt vielmehr vom Objekt ab! Um dies zu
zeigen sollen einige Beispiele in diesem Artikel dienen.
Ein
paar Grundlagen: Ein Grad (°) am Himmel lässt sich in 60 Bogenminuten
(') unterteilen, eine Bogenminute wiederrum in 60 Bogensekunden ("). Wie
"gross" ist nun ein Grad am Himmel? Das kann man näherungsweise mit der
Hand nachvollziehen. Beim ausgestreckten Arm entspricht der Durchmesser
des Zeigefingers ungefähr einem Grad. Zum Vergleich kann man auch den
Mond heranziehen, dieser erscheint uns etwa als 0,5° (30' Bogenminuten)
gross - Das scheint für viele viel zu klein zu sein, das Phänomen des
uns manchmal viel grösser erscheinenden Mondes ist hier sehr gut erklärt, man kann es mit der "Fingermethode" schnell nachprüfen...
Der
Mond wiederum kann als Anhaltspunkt und Vergleichsobjekt für andere
Himmelsobjekte und Konstellationen dienen. So zeigt die obige Grafik
auch noch den Grossen Wagen innerhalb des Grossen Bären, der Abstand der
beiden hinteren Kastensterne beträgt etwa 5°. Mit der gewichtigen
Ausnahme einiger sehr interessanter Objekte sind viele Galaxien, Nebel
aber auch die Planeten klein, doch sollte man ob der wichtigen Ausnahmen
nicht zu sehr auf der Vergrösserung beharren. Zum einen beschränkt sich
die gewinnbringende Maximalvergrösserung eines Teleskops auf das 1,5-2
fache der Objektiv oder Spiegelgrösse (je nach Optikqualität - Bsp: 70mm
Refraktor einfacher Bauart -> umd die 100x bei hochwertiger Optik
150x sinnvolle Maximalvergrösserung), zum zweiten spielt die
Austrittspupille eine grosse Rolle: Es macht wenig Sinn sehr
lichtschwache Objekte mit einer niedrigen AP und damit damit dunklen
Bildhelligkeit zu beobachten (AP (mm) = Okularbrennweite / Öffnungszahl ) . Zu guter Letzt beschränkt das Seeing (das Wabern der Luftschichten,
die Luftunruhe) allzu oft die Leistungsfähigkeit in Sachen
Vergrösserung. So kann ein 12" (300mm) Teleskop wohl förderlich 600x
vergrössern doch gib es nicht allzuviele Nächte im Jahr in denen das
möglich ist. Um nun einige grosse Objekte zu zeigen bei denen es gerade
auf niedrige Vergrösserungen angeht eine Vergleichsgrafik:
M42
und h+x mit freundlicher Genehmigung von Rayko Menzel / NGC 7000 von
LucViatour (GNU Lizenz) / M31 von John Lanoue (public domain)
Auch
hier wieder unser Mond zum Grössenvergleich, die Andromedagalaxie kann
bei dunkelstem Himmel bis zu 6 Vollmonddurchmesser gross erscheinen,
meist ist es aber etwas weniger, der Nordamerikanebel ist ebenfalls ein
Objekt für niedrige Vergrösserungen vor allem ist er sehr schwach und
verlangt daher nach einer grossen Austrittspupille (AP) und profitiert
stark vom Einsatz von Nebelfiltern. Es ist auch nicht verwunderlich dass
die richtig grossen Objekte wie M31 mitunter zu Recht als
Fernglasobjekte angesehen werden. Doch wie das nun mit mit den Ansichten
in unserem Teleskop zusammenhängt sollen nachfolgende Grafiken
verdeutlichen.
Quelle: Freewaresoftware Cartes du Ciel
Dies
ist die Andromedagalaxie M31 mit ihren beiden Begleiter M32 und M110,
unter den häufigsten, durschnittlichen Bedingungen scheint M32 die
grosse Galaxie gerade noch zu berühren während M110 meist schon einen
Abstand zum sichtbaren Teil von M31 hat. Als Berechnungsgrundlage habe
ich ein (früher) weit verbreitetes Einsteigerteleskop, einen 114/900
Newton herangezogen. Bestückt man ihn mit einem häufig mitgelieferten
20mm Okular ist es nahezu unmöglich M31 samt beiden Begleitern ins
Gesichtsfeld zu drücken aber schon ein 32mm Okular schafft das - hier
ist also eine niedrige Vergrösserung von Vorteil. Das maximal abbildbare
Feld wird aber auch vom Teleskop selbst beschränkt: Ohne einen
Okularauszug der 2" Okulare erlaub und ein weitwinkliges
Übersichtsokular bekommt man unter besten Bedingungen die Galaxie nicht
komplett ins Gesichtsfeld. Nun also noch eine zweite Grafik, diesmal ein
so genanntes Richfield (Weitfeld) Teleskop mit DEM (leider sehr teuren)
Übersichtsokular überhaupt, einem 31mm Nagler.
Quelle: Freewaresoftware Cartes du Ciel
Das
Beispiel zeigt, dass es Anwendungsbereiche gibt bei denen man nicht mal
mit einem speziellen Okular auskommt, sondern wo sogar ein spezielles
Teleskop gefragt ist - viele Amateurastronomen haben aus genau diesem
Grund mehrere spezialisierte Teleskope - auch hier wieder ein Grund für
den Einsteiger darauf zu achten, dass sein Gerät am Anfang möglichst
"Allround" Eigenschaften hat, die sowohl einigermassen hohe
Vergrösserungen aber auch kleine erlauben, die wenigsten werden sich
gleich zu Beginn zwei Spezialisten anschaffen, häufig wird jedoch der
Fehler gemacht einen Spezialisten zu kaufen wobei einem der
entegegengesetzte Anwendungsbereich grösstenteils verschlossen bleibt.
Bei der Berechnung des Sehfeldes
spielt aber nicht nur die Okular- und Teleskopbrennweite eine Rolle
sondern auch das scheinbare Gesichtsfeld des Okulars, während die
üblicherweise mitgelieferten Plösslokulare nur etwa 50° scheinbares
Gesichtsfeld (sGF) bieten, bringen weitwinklige Okulare bedeutend mehr -
zwischen 65° und bis zu 100° am noch recht neu auf dem Markt
erschienenen "Überokular" Televue Ethos. Um die Unterschiede zwischen
den Okularen klar zu machen ein Vergleich eines 32mm Plössls (50° sGF)
und eines 31mm Nagler (82° sGF) - hier an einem 200/1200 Teleskop.
NGC 7000 von LucViatour (GNU Lizenz)
Soviel
zunächst zu den grösseren Objekten, natürlich gibt es auch weitaus
kleinere Objekte an unserem Himmel zu bestaunen die nicht minder
interessant sind aber andere Vergrösserungen verlangen, auch hier wieder
ein grafischer Vergleich mit unserem Mond.
M13
mit freundlicher Genehmigung von Sven Wienstein / M27 mit freundlicher
Genehmigung von Martin Hauser / M57+M104 NASA/ESA (public domain)
An
dieser Stelle sollte man sich nochmal verdeutlichen das der Mond am
Himmel eine Fläche von einer halben Fingerbreite bei ausgestrecktem Arm
einnimmt. Nun erwartet so manch einer mit einem entsprechenden Teleskop
würden die zu Recht als Standardobjekte bekannte Nebel und Sternhaufen
im Teleskop ohne weiteres blickfeldfüllend abgebildet werden, dass dies
aber ein Trugschluss ist der so manchen Einsteiger mit einem kleinen
oder mittleren Teleskop enttäuscht will ich anhand der nächsten Grafik
zeigen. Dazu wieder erstmal eine schematische Darstellung der
Gesichtsfelder am Ringnebel in der Leier M57.
Quelle: Freewaresoftware Cartes du Ciel
M57 in einem 114/900 Newton mit 32mm Okular (28x)
Quelle: Freewaresoftware Cartes du Ciel
M57 in einem 114/900 Newton mit 10mm Okular (90x)
Quelle: Freewaresoftware Cartes du Ciel
M57 in einem 114/900 Newton mit 5mm Okular (180x)
Eine
180-fache Vergrösserung ist für kleinere und mittlere Geräte bereits
sehr problematisch, am im Beispiel genannten 114/900 hat man nun bereits
eine Austrittspupille von lediglich 0,63mm erreicht, nahe am
theoretisch sinnvollen bei hellen Objekten (Mond und
Planeten), bei schwachen Nebeln wird in dieser Vergrösserung praktisch
nichts mehr zu sehen sein - dies muss darf man nicht vergessen! Der
etwas grössere Kugelsternhaufen M13 soll im nächsten Beispiel dafür
herhalten die üblichen Ansichten in verschiedenen Teleskopen (nur solche
die ich selbst schon mal erleben durfte) zu simulieren. Hier gehts nun
nicht nur um die tatsächliche Grösse (aber auch) sondern auch darum wie
aufgelöst und hell man das Objekt wahrnehmen kann.
Als Grundlage diente mir wieder das Foto von M13 von Sven Wienstein
Dies
nur als kleiner Exkurs wie sich die Vergrösserungen im Zusammenspiel
mit verschiedenen Teleskopöffnungen auf ein Objekt auswirken, bedeutend
mehr und auch bessere Fernrohransichten finden sich bei Binoviewer, den Deepskybrothers und Sven Wienstein.
Zu
guter Letzt seien noch die Planeten unseres Sonnensystems erwähnt, für
viele die dankbarsten und interessantesten Beobachungsobjekte, gibt es
doch bei ihnen selten das Problem das zu wenig Licht im Teleskop
ankommt. In den obigen Links sind auch sie im Vergleich in verschiedenen
Optiken dargestellt, ich will aber nochmal auf die Grösse am Himmel
eingehen, Planeten sind kosmisch gesehen unsere nächsten Nachbarn doch
sind sie natürlich auch um viele Potenzen kleiner als alle
Deepskyobjekte. Deshalb sind die meisten von ihnen sehr klein. Doch ihre
scheinbare Grösse ändert sich im Laufe der Jahre, so befindet sich
bspw. Mars nur alle zwei Jaher in Opposition zu Erde (grösste Erdnähe)
und zeigt nur dann ein etwas grösseres Planetenscheibchen das Details
offenbart, aber auch alle anderen Planeten sind Grössenschwankungen
unterworfen. Mit Ausnahme einiger Grenzbeobachtungen von
Ausnahmetalenten (auch was die Physiologie angeht - Beispiele: Sichtung
von Jupitermonden oder der Sichelform der Venus) sind alle Planeten
flächenlose Lichtpunkte wie Sterne. Bei geringen Vergrösserungen können
die flächenmässig grossen Planeten wie die nahe Venus, Saturn und
Jupiter bereits als winzige Scheibchen wahrgenommen werden. Auch hier
stellen sich viele Einsteiger in die Astronomie leider vor dass ein
beliebiges Teleskop die Planeten gesichtsfeldfüllend heranholt, was die
Limitierung der Vergrösserung angeht gilt im Prinzip das selbe, was im
Vorlaufenden schon über Deepsky Objekte gesagt wurde, einzig sind die
Planeten viel heller und damit auch mit kleiner Austrittspupille (AP)
noch gut zu beobachten - so denn das Seeing mitmacht. Zum Vergleich der
einzelnen Planeten wieder eine Grafik, neben dem Mond nochmals den
Ringnebel M57 (vgl. nochmals im oberen Abschnitt). Die Planeten sind
allesamt in ihrer maximalen Erdnähe also Opposition und damit
grösstmöglich, meist sind sie natürlich kleiner.
(Public
Domain) Bilder aus Nasaarchiven (Image Credit: NASA and The Hubble
Heritage Team (STScI/AURA)) bzw. der Mond ist von mir selbst
geschossen...
Die
Planeten sind also wie wir sehen sehr helle Vertreter die einiges an
Details bereit halten wenn das Teleskop etwas taugt und die
Umgebungsvariablen mitspielen, aber es sind recht kleine Vertreter im
Vergleich mit anderen Himmelsobjekten. Natürlich kann man Planetenbilder
durch sinnlose Vergrösserungen aufblasen aber dies bringt in den
allermeisten Fällen keinerlei Gewinn, im Gegenteil das Bild wird
matschig und unscharf und zeigt weniger Details als bei niedrigen
Vergrösserungen. Die höchste Vergrösserung die ich persönlich an einem
Teleskop meines Bekannten erleben durfte war 638-fach an Saturn mit
einem 12,5" Newton und einem 2,5mm Nagler - das Tolle: An diesem Abend
begrenzte nicht das Seeing! Zu guter Letzt wurde noch
"just for fun" auf unsagbare 1276-fach hochgejagt: sinnlos ja - matschig
ja - aber mächtig beeindruckend wie der Ringplanet mit einer
ordentlichen Geschwindigkeit durch das Gesichtsfeld jagd ;)