Dienstag, 1. August 2006

Etwas mehr optische Theorie

Nach fast zehn Jahren (Urfassung dieses Textes) entspricht dieser Artikel nicht mehr meinen eigenen Qualitätsanforderungen, er bleibt zwar zunächst unverändert verfügbar, ich empfehle aber dringend stattdessen die Ausführungen im neu überarbeitetem Artikel "Das Teleskop: Aufbau & Erläuterungen" sowie die dort verlinkten tiefergehenden Artikel zu diesen Themen zu lesen.

Auch hier will ich nicht so weit ins Detail gehen dass man ein Mathematik- oder Physikstudium zum Verstehen braucht, aber ich möchte etwas näher auf einige wichtige Grundbegriffe und die Funktionsweise verschiedener Teleskopsysteme eingehen.

Einige wichtige Grundbegriffe

Das Öffnungsverhältnis - Dies gibt eigentlich nur das Verhältnis von Öffnung zur Brennweite an, also beispielsweise 900mm Brennweite / 90mm Öffnung ergibt ein Öffnungsverhältnis von f/10. Bei Teleskopen spricht man auch landläufig von "schnellen" und "langsamen" Öffnungsverhältnissen. Als schnell wäre so zum Beispiel ein 102/500 Teleskop mit f/5 zu bezeichnen während oben genantes Beispiel mit f/10 ein langsames System ist. Was macht nun den Unterschied. Da kommen wir zum nächsten wichtigen Begriff der so genannten Austrittspupille - kurz AP. Die AP ist der Durchmesser des Bildes der das Okular Richtung Auge verlässt. Sie hängt direkt von der Öffnungszahl des Teleskops und der Brennweite des eingesetzten Okulars zusammen: AP (in mm) = Okularbrennweite / Öffnungszahl.

Warum ist dies nun so wichtig? Das menschliche Auge hat seinerseits eine Eintrittspupille die i.d.R. nie größer als 7mm werden kann (bei optimaler Dunkeladaption), bei manchen Menschen, gerade bei steigendem Alter kann dieser Wert auch abnehmen. Ist die AP die aus dem Okular ins Auge trifft also höher als 7mm wird Helligkeit verschenkt, da das Auge gar nicht in der lage ist, das größere Bild auf die Netzhaut zu leiten. Ein Beispiel: Ein Teleskop hat ein Öffnungsverhältnis von f/5, setzt man ein 32mm Okular ein beträgt die AP 6,4mm also schon sehr nah am Wert der sinnvollen AP. Ist das Öffnungsverhältnis also "schnell" können größere Austrittspupillen mit kleineren Okularbrennweiten erreicht werden als bei langsamen Geräten. So ist es bei Öffnungverhältnissen von sagen wir einmal f/12 praktisch unmöglich mit verfügbaren Okularen eine maximaler AP von 7mm zu erreichen, die Okularbrennweite müsste 84mm betragen! Auch eine untere Grenze gibt es bei der AP, er liegt um die 0,6mm und durch ihn errechnet man auch die maximale sinnvolle Vergrößerung. Grundsätzlich sind hohe AP nur unter dunklem Himmel sinnvoll, da der Himmelshintergrund ansonsten zu hell erscheint und das Sehen von schwachen Objekten erschwert oder gar verhindert. Hohe AP ins also bei Beobachten von schwachen Objekten (wie Galaxien oder Nebel) sinnvoll während bei hellen Objekten wie konzentrierten Kugelsternhaufen oder auch Planeten eine kleinere AP sinnvoller ist.

Nicht verschwiegen werden darf, dass schnellere Öffnungsverhältnisse auch bessere Okulare erfordern, da bei ihnen optische Fehler stärker zu Tage treten und nur durch hochwertige (und meist sehr teure) Okulare die Bildschärfe (insbesondere am Bildrand) gewährleistet wird. So merke ich bei meinem 90/500 FH Refraktor mit einem Öffnungsverhältnis von f/5,5 schon beim Einsatz meiner Plösslokulare, dass die Sterne am Bildfeldrand nicht mehr punktförmig sondern verzerrt sind.

1 

Teleskop-Typen

1.) Refraktor - Linsenteleskop

Fragt man einen Laien was er sich unter einem Teleskop vorstellt wird er in den meisten Fällen das klassische Linsenteleskop beschreiben. Man unterscheidet bei Linsenteleskopen zwischen verschiedenen optischen Designs. Das allererste Teleskop war ein einfacher chromatischer einlinsiger Refraktor mit einem ganz erheblichen Farbfehler.

Wie kommt nun dieser oben erwähnte Farbfehler zustande?

Das Objektiv bringt die Lichtstrahlen in einem Brennpunkt zusammen, allerdings muss es dies für verschiedene Farben tun und durch die unterschiedlichen Wellenlängen des Lichts können einfache Linsen diese Brennpunkte nicht nah genug an einander bringen, dadurch treten Farbsäume auf und das Bild wirkt mitunter etwas unscharf. Die Frauenhofer oder auch Luftspaltachromaten schaffen es schon recht gut den Farbfehler auf ein erträgliches Maß zu senken, er ist aber definitiv zu sehen und zwar um so stärker und auch störender um so schneller das Öffnungsverhältnis ist. Heutzutage sind achromatische Objektive der Standard und im Einsteigerbereich üblich. Darüber hinaus gibt es ED-Refraktoren (manchmal auch als Halb-APOs angepriesen), dies sind Linsenteleskope die durch die Kombination spezieller Glassorten den Farbfehler minimieren, sowie die äußerst teuren und meist sehr hochwertigen Apochromaten (APO) die praktisch keinen Farbfehler mehr aufweisen. Die unterschiedlichen Farbfehler sind unten anhand von Mondfotos demonstriert, der kurzbrennweitige Fraunhofer produziert den auffälligsten, während der langbrennweitige FH schon weniger Farbsäume produziert und der APO praktisch farbfehlerfrei ist. (Die Fotos sind nicht 100% aussagekräftig, da sie unter verschiedenen Bedingungen zu unterschiedlichen Zeiten aufgenommen worden sind.)

Refraktoren bieten in der Regel mehr Kontrast und eine feinere punktförmige Sternabbildung (gute Qualität von Objektiv und Okularen vorrausgesetzt). Bis 6" (150mm) sind Refraktoren üblich und sofern man sich keinen Apochromaten kauft auch noch erschwinglich, sie sind dann aber schon recht unhandlich und benötigen eine sehr stabile Montierung. Im untersten Preissegment ist der berühmte Lidl-Refraktor ein beliebtes Einsteigergerät, das 70/700 FH Teleskop ist auf einer beinahe ausreichend dimensionierten Astro-3 Montierung montiert und kostet nur etwa 70€ - er bietet einen schönen Einstieg, in dieser Preisklasse wird man definitv nichts finden was qualitativ auch nur annähernd an den "Lidl" heran kommt. 

4 


2
2.) Newton-Spiegelteleskop

Der Newton ist das klassische Spiegelteleskop. Hauptbestandteile sind der Haupstspiegel und der Fangspiegel. Der Einblick erfolgt durch den vorne seitlich angebrachten Okularauszug (OAZ). Das Licht fällt zunächst auf den Hauptspiegel am hinteren Ende des Tubus, von dort werden die Lichtstrahlen auf den um 45° gegen die optische Achse geneigten Fangspiegel geworfen von wo aus das Licht in den OAZ geleitet wird. Bei einigen Teleskopen wird die Brennweite durch eine Linse vor dem OAZ künstlich verlängert, man spricht vom katadioptrischen Newton. Dieses System ist in der Preisklasse von Einsteigergeräten nicht zu empfehlen weil die Qualität meist stark zu wünschen übrig lässt und zum anderen weil die nötige Justage äußerst schwierig ist. Der Fangspiegel ist an der Fangspiegelspinne aufgehängt, diese besteht aus vier, manchmal auch nur drei und bei sehr billigen Teleskopen auch nur aus einer Streben. Durch den Fangspiegel im Strahlengang wird das Bild abgeschattet, man spricht von Obstruktion. Diese Abschattung kostet Kontrast, weshalb versucht wird die Obstruktion möglichst niedrig zu halten. Ein Vorteil von Spiegelteleskopen ist unbestritten der im Vergleich zu Refraktoren günstigere Preis bei gleichzeitig größerer Öffnung und damit mehr Lichtsammelvermögen. Auch sind Spiegel mit großer Öffnung inzwischen recht erschwinglich zu bekommen, so kosten Spiegelteleskope mit 8" (um die 200mm) Öffnnung inzwischen etwa soviel wie Linsenteleskop mit nur 4" (um die 100mm), jeweils ohne Montierung bzw. einfacher Dobsonmontierung und in der einfacheren Qualitätsregion. Womit sich jeder Benutzer eines Newtons befassen muss (lieber früher als später) ist das Thema Justage bzw. Kollimation. Dazu empfehle ich die Seite von Ekkehard Grohs, dort findet sich eine sehr gut verständliche Anleitung. Durch ihre meist größere Öffnung und dem damit einhergehenden höheren Gewicht benötigen sie eine ausreichend dimensionierte Montierung um wackelfreies Beobachten zu ermöglichen. Eine sehr einfache und gleichzeit geniale Art der azimutalen Montierung bei Newtons ist die sogenante Dobsonmontierung, eine Holzbox die so genannte Rockerbox in die der Tubus eingehängt wird. Die Nachführung erfolgt beim Dobson per Hand, eine motorische Nachführung ist zwar mit einigem Aufwand (und Kosten...) möglich aber eigentlich unüblich, der Dobson ist somit ein Teleskop das mehr auf visuelle Beobachtungen ausgelegt ist. Ob man mit dieser Art der Montierung zurecht kommt kann man meiner Meinung nach nur durch Ausprobieren bei anderen Sternfreunden mit solchen Geräten herausfinden. Entscheidenter Vorteil der Dobsons ist, dass die Kosten zu 90% in die Optik fliessen und somit bessere oder größere Spiegel erlauben. So kostet ein Spiegel mit 114mm Öffnung auf einer ordentlichen Montierung schon genausoviel wie ein Dobson mit 200mm Öffnung oder anders ausgedrückt: Um einen 200mm Spiegel stabil parallaktisch zu montieren muss man mindestens einige Hundert Euro in eine ausreichende Montierung investieren. Natürlich gibt es auch beim Newton optische Nachteile, einer ist mit der Obstruktion durch den Fangspiegel schon genannt. Ein anderer sind Abbildungsfehler durch den Spiegel wie beispielsweise Koma - dabei bekommen Sterne am Bildrand Schweife und sind nicht mehr punktförmig, durch sehr genaue Justage kann man das Koma auf ein Minimum reduzieren und oftmals ist auch das Okular (mit) Schuld an unsauberen Sternabbildungen. "Abschalten" kann man das Koma aber nur beim Einsatz von (teuren) Komakorrektoren oder gänzlich andere optische Spiegelsysteme bei denen die Koma durch Linsen korrigiert wird.
3 

3.) Schmidt-Cassegrain Teleskop
Das Schmidt-Cassegrain-Teleskop (kurz SCT) besitzt neben Spiegeln auch Linsen im Strahlengang und zählt deshalb zu den Katadioptern. An der Öffnung des Teleskops sitzt eine Korrektorplatte, eine so genannte Schmidt-Platte. An ihr ist auch der Fangspiegel befestigt der die vom Hauptspiegel reflektierten Lichtstrahlen durch ein Loch in der Mitte des Hauptspiegels zum Okular leitet. So besitzt dieser Teleskoptyp das selbe Einblickverhalten wie ein Linsenteleskop. Die Korrektorplatte korrigiert Bildfehler des Spiegels. Durch den doppelten Strahlengang durch den Tubus sind diese Teleskope trotz ihrer langen Brennweite sehr kompakt, allerdings auch nicht ganz billig. Es gibt noch viele weitere Abarten ähnlicher Teleskopsysteme, ich will sie nur kurz erwähnen weil sie alle ähnlich aufgebaut sind. Makustov Teleskope haben eine dickere meniskusförmige Korrektionsplatte, der Sekundärspiegel ist dafür Teil der Korrektorplatte und nicht verschraubt (sie sind mitunter schon sehr günstig zu bekommen). Wie es ein Schmidt-Cassegrain-Teleskop gibt, so gibt es auch nur Schmidt- bzw. Cassegrainteleskope. Schmidteleskope sind einfache Newtons mit Korrektorplatte während Cassegrain-Teleskope, keine Korrektorplatte besitzen aber den selben Strahlengang wie das SCT. Es gibt noch einige andere mit leichten Variationen, neu im Amateursektor sind die Ritchey-Chrétien-Teleskope, die von außen kaum von einem SCT zu unterscheiden sind, aber ein besseres Bild liefern soll und erheblich teurer ist...
5 

[Quellen] Dieser Artikel basiert auf meinen Erinnerungen an alles was ich jemals zum Thema in diversen Büchern gelesen habe, die Formel zur AP-Berechnung, sowie die Inspiration zu den von mir erstellten Grafiken habe ich aus dem dtv-Atlas zur Astronomie von 1973 - Sollte ich grobe Fehler in den Text eingebaut haben, bitte ich um Feedback zur Korrektur :-)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen