Donnerstag, 31. Oktober 2013

BB vom 30.10.2013

Ort: Laufenselden
Uhrzeit: 21:00 bis 2:15 Uhr
Wetter: Klar, mäsige Transparenz, -2°C
GG: fst ~5m8

Eine Nacht bei der ausnahmsweise die Objekte in den Hintergrund traten. Langweilig? Das Gegenteil war der Fall! Aber von vorne...

Als ich kurz nach neun am Platz eintraf waren Jan und Hans bereits mit dem Aufbau fertig, vor allem Hans neues Gerät interessierte mich brennend. Nicht nur, dass ich überzeugt bin, dass er nun "sein" Gerät schlechthin gefunden hat, ich wollte ein Teleskop dieses Herstellers, welches auch immer, nach vielen Jahren der Fernbewunderung endlich einmal direkt vor meiner Nase haben. So baute ich auch erst einmal gar nicht das eigene Gerät auf sondern widmete mich auf Wunsch und mit Erlaubnis von Hans zunächst seinem neuen 12" f/4,5 Spacewalk Telescopes Dobson von Christian Busch. Fast hätte ich versehentlich sogar das erste Licht bekommen, das lehnte ich aber kategorisch ab: Das gebührt niemand anderem als dem Besitzer ;)

Da ich mehr als die halbe Nacht mit dem Erkunden und Bequatschen dieses Teleskops verbrachte möchte ich meine Eindrücke gleich an den Anfang stellen:

Die Bilder des Teleskops kann sich ja jeder auf der entsprechenden Webseite anschauen (ja ich mache jetzt mal Schleichwerbung), als ich ankam war er ja schon komplett aufgebaut. Das erste was mir auffiel war die vorbildliche Vollabdeckung der Spiegelbox mit einem gigantischen Lüfter versehen, der fast unhörbar seinen Dienst tat. Der Hut ist optisch sehr filigran aus Alu und Holz gefertigt, die FS-Einheit (mit Tauheizung) sieht sehr wertig aus und wie ich später bei der Justage merkte auch tadellos in der Bedienung. Das erste Bewegen des Gerätes war... eine echte Offenbarung! Ich bilde mir ein, schon ziemlich viele Dobsons unterschiedlichster Hersteller und ebenso viele Selbstbauten geschwenkt zu haben, aber was ich hier an Rückmeldung bekam... Gänsehaut! Ich will hier natürlich keinen der mir bekannten Selbstbauer irgendwie herabsetzen, aber woran die Haptik für mich als NICHT-Besitzer dieser Geräte immer etwas irritiert ist bei aller Weichheit das Gefühl "Oh aufpassen, nicht zu fest anfassen". Realistisch sind die natürlich mit Sicherheit ebenso stabil und unkaputtbar aber man hat oft das Gefühl etwas zerbrechliches zu berühren. Dieser Eindruck fehlt hier völlig, von der Stabilität her hat man "richtig was in der Hand", ähnlich einem völlig starren Volltubus, aber mit der sanften Smoothness eines perfekten Selbstbaus. Kein Losbrechen, kein Ruckeln, nicht einmal im Ansatz. Später verstärkte sich der Eindruck beim Beobachten, während man einen Stangendobson von GSO oder Skywatcher noch problemlos bei 200x nachführen kann, meinen Martini bei 300x, sehe ich hier kaum sichtbare Grenzen, das Schwingen (ich scheue mich fast es so zu nennen) bewegt sich in so engen Grenzen, dass auch bei Höchstvergrößerungen weder beim Fokussieren noch beim Nachführen irgendwelche negativen Effekte auftreten. 

Der Blick geht vom Hut weiter nach unten, das Stangendesign mit seinen Verstrebungen ist auf den ersten Blick in der Dunkelheit erst einmal unübersichtlich, zeitgleich aber mit Sicherheit einer der Hauptgründe für die Steifigkeit des Systems, den Aufbau hat man so oder ähnlich schon gesehen, umgesetzt ist es genial einfach. Was mir besonders gut gefallen hat (nicht nur bei diesem Teleskop) ist die Art der Stangenklemmung, die nicht nur fix zu bewerkstelligen und ohne verlierbare Einzelteile gestaltet ist, sondern vor allem den Transport der Stangen in einem Stück erlaubt, auch muss man sich keine Sorgen um die Reihenfolge der Stangen machen, durchdacht und nachahmenswert ;) Beim Abbau zeigt sich ein weiteres feines Feature: Während bei meinem Martini zwar theoretisch einen Transport des Hutes in der Spiegelbox bietet, aber wer schraubt schon seinen OAZ für jeden Transport ab wenn es nicht gerade in den Urlaub geht? Hier lässt sich der stabile Aluhut einfach aufstecken und schon hat man Platz gespart und der Hut ist für den Transport gesichert.

Die Optik ist ein Spiegel mit Brief und Siegel, den Christian Busch selber geschliffen hat. Gleich vorweg, wir haben keine wie auch immer gerarteten Optiktestereien unternommen, wozu auch - er hat den Wisch der sagt, dass es sich um eine hervorragende Optik handelt. Nichtsdesto trotz wollten wir natürlich wissen was er leistet und es mit eigenen Augen sehen. Die Justage war erst einmal kein Thema, Hans meinte er wäre gut vorjustiert, das war er sicher aber es war auch ein lange Transport und der erste Aufbau, bei der Laserkontrolle (bzw. schon vorher am Stern) zeigte sich aber gar nicht mal unerhebliche Dejustage die aber dank der schönen Zelle fix korrgiert war. Nein, dieser Spiegel ist kein GSO! ^^ Wunderschöne Sterne und starker Kontrast, und da ist denke ich mit einer Socke noch Platz nach oben! Mein 12er kam da in keiner Disziplin mit, aber dazu später mehr. Verschiedene Objekte mal mit mal ohne Filter mal mit einfacherern mal mit Nagler Okularen wurden angepeilt (Oh Peiler ist auch ein einfacher drauf, sicher nicht der Weisheits letzter Schluss aber es hat funktioniert). Man merkt durchaus, dass f/4,5 anliegen, am Rand können das auch die Nagler hier nicht mehr perfekt abbilden, aber hey - ich fand es durchaus vernachlässigbar, Randgucker mögen einen KK benötigen, ich definitiv nicht, nicht mit diesen Okularen. 

Alles in Allem ein Teleskop, das wirklich seines Gleichen sucht was Haptik, Stabilität und Optik angeht. Auch äusserlich gefällt mir das Design auserordentlich gut mit EINEM Kritikpunkt: Das Finish des Holzes hätte durchaus noch Zuwendung vertragen. Ich bin kein Fetischist was das angeht und schon gar kein Fachmann, aber selbst mit meinen zwei linken Händen habe ich Kanten rund geschliffen und mehrere Lagen (Schleif)Lack aufgebracht, fühlt sich dadurch einfach fertiger an. Fairerweise muss man sagen, dass solche Arbeiten für die tatsächliche Gebrauchsfähigkeit zweitrangig sind (Holzschutz ist wohl drauf) und nicht unerhebliche Arbeitsstunden mit sich bringen. Im Gegensatz zum Rest des Teleskops kann und darf man hier aber auch selber Hand anlegen, ich denke Hans sah das auch so, äusserte das sogar als Erster und wird in die Richtung noch nachbessern. Am Ende stand ich ratlos vor meinem Martini, die Konstruktion ist praxisgerecht aber nicht so filigran und nicht an allen Ecken so durchdacht, die Mechanik ist aber hinreichend sanft genug um keinen Neid aufkommen zu lassen, aber wenn man sich den Preis für das Grundgerüst ohne Optik anschaut ist da ein Preisunterschied zu Ungunsten des Martini und das obwohl ein MERKLICHER Unterschied in Mechanik und Haptik besteht! Stünde ich vor der Wahl... es wäre der Spacewalk Dobson. Man sieht dem Teleskop also nicht nur seine ATM-Herkunft an, vor allem merkt man, dass der Konstukteur nicht nur nachgedacht und sauber gearbeitet hat, man fühlt, dass man hier die Ideen eines engagierten und aktiven Deepskybeobachters umgesetzt findet.

Wer Haare in der Suppe sucht, wird sie eben in Form des Oberflächenfinishes finden, ansonsten sind die Kritikpunkte entweder nicht zu finden oder für jedes Teleskop gleichermaßen gültig. Die Justage saß sicher nicht hundertprozentig (unsere/meine Schuld), der Hauptspiegel taute nach Mitternacht zu, das ist a.) der offenen, flachen Spiegelkiste geschuldet und b.) und jetzt wirds wichtig: Selbst Jans Volltubus (!) konnte zu diesem Zeitpunkt mit einem zugetauten HS aufwarten, es war also RICHTIG nass, entgegenwirken kann man hier noch mit einem kleiner HS-Taukappe aus Moosgummi o.ä. aus. Noch ne Socke und ein Rigel Quikfinder und Hans hat ausgesorgt. Der erschien mir auch ausgesprochen bewegt und erfreut und kam mit dem Gerät unheimlich gut klar, ohne Probleme wurde über den Himmel geschwenkt und dieses und dann jenes Objekt ins Okular geholt, als hätte er nie etwas anderes getan - Unser Fazit, dass wir ihm auch so mitteilten, nach alle den Jahren der Parallaktikerits und der Gotoerei erschien er uns angekommen -  der Rest ist Übung, die beim Geniessen von ganz alleine kommt ;)

Zweiter interessanter Dauerbrenner des Abends war ein Okular aus dem Hause Explore Scientific, namentlich in 24mm Brennweite mit 82° Feld. Zum Vergleich musste mein 22er LVW und Hans 20er Nagler herhalten. Holla! Ich war weniger überrascht denn begeistert von der Abbildungsqualität. Das LVW ist ja bekannt dafür bis f/4 sehr gut am Rand abzubilden, das tut es auch nach wie vor, nur der Rand ist so nah am Zentrum -.- Das war mir natürlich schon immer bewusst, aber zum enormen Feld, wie man es von den Naglern ja auch kennt, kam eine als gut zu bezeichnende Randabbildung (für MICH war schon erhebliches Augenverdrehen von Nöten um einen Unterschied zum Nagler herauszuarbeiten), noch auffälliger aber eine erstaunliche Brillianz hinzu. Jetzt sind 22mm und 24mm natürlich zwei verschiedene APs, das Feld tut sein übriges, aber der Kontrast war im ES merklich besser als im LVW - und das trotz größerer AP - Das soll das Vixen nicht als schlechtes Okular abstempeln, aber die Vergütungstechnik ist nunmal schon über 10 (gar 15?) Jahre alt, da hat sich schon sehr viel getan, ob es (mit) an der Argonfüllung liegt mag ich nicht recht glauben. Fest steht, dass ich mir zeitnah ein Okular einer niedrigeren Brennweite zulegen werde um weiter zu vergleichen, bleibt es bei meinen Eindrücken könnte es sein, dass ich meinen Koffer nochmal überarbeiten werde. Zeitlgleich konnte ich auch den ES [OIII] Filter gegen meinen Baader [OIII] antreten lassen. Die Sternabbildung war besser, weniger verwischte Sterne aber auch nicht so harte Filterung, definitiv kein Schrott! Trotzdem bin ich einstweilen mit dem härteren Baader zufrieden, lieber einen harten UHC als Ergänzung anschaffen.

Sehr auffällig und für mich mitunter sehr schmerzhaft war aber die Erkenntnis des Abends: Mein Teleskop hat nach wie vor ein herbes Kontrastproblem. Jans 10"er ist hier ganz weit vorne und auch Hans neues Gerät war natürlich besser. Im 10" GSO kann man noch mit Volltubus und perfekter Innenschwärzung argumentieren, beim Spacewalk nicht und sowohl Spiegelbox als auch Hut sind ja ausgekleidet. Es wäre träumerisch zu hoffen, dass das Schwärzen von eins zwei Details und einer Socke mein Problem aus der Welt schaffen wird (wobei ich das nun zeitnah endlich fertig machen werde!), ich muss der Wahrheit ins Auge blicken: es ist mein versiffter Spiegel - wie ich ja schon oft gejammert habe ist der Spiegel angegriffen und nicht zu reinigen, nächstes Jahr um die Zeit habe ich entweder eine neue Beschichtung oder einen neuen Spiegel drin, das sollte helfen ;) Immerhin konnte ich als kleines Trostpflaster im direkten 1:1 Vergleich feststellen, dass mit guter Justage und dem richtigen Okular die Auflösung und Helligkeit der Öffnung entspricht...

Was von der Nacht blieb - die Transparenz war unterdurchschnittlich, trotzdem war eine Vielzahl von (Standard)objekten sehr nett anzusehen, so der Cirruskomplex, M42 und h+x, die hauptsächlich als Testobjekt herhielten. Auch ein Blick gen M31 und Jupiter (sehr nett in meinem Teleskop mit dem neuen 9mm Planetary, das ich für das Heritage besorgt habe) waren lecker. Das Wetter war bei eisigen -2° sowohl Autos als auch Equipment hatten am Ende einen schönen Panzer...

Hauptsache waren heute aber die Technikfrickeleien aber auch die nette Gesellschaft samt mitunter tiefschürfenden Gesprächen, vielen Dank an meine beiden Mitbeobachter :)

>>Eisiges Firstlight oder Hans im Glück<<

Freitag, 25. Oktober 2013

BB vom 12.-19.10.2013

Uhrzeiten: jeweils zwischen 5 und 6:30 Uhr, manchmal vor Mitternacht
Ort: Platja de Alcudia, Mallorca
Wetter: Klar, GG nicht festgetellt, aber in Richtung Süden geschätzte 5m5, in Richtung Osten übers Meer etwas besser

Eine sehr warme, sommerliche Woche durfte ich im Oktober auf Mallorca verbringen. Sehr angehme Temperaturen von tagsüber 22-28° und Nachtemperaturen zwischen 16 und 18°. Natürlich war das ganze nicht als Astrourlaub konzipiert sondern als Familienerholungsurlaub, aber in letzter Minute wanderte noch das 10x50 Fernglas mit in den Koffer.


Der Mond beherrschte natürlich unweigerlich die erste Nachhälfte, so dass ich nur den Wecker stellen konnte um vor Sonnenaufgang noch einen Blick auf den "Südhimmel" zu erhaschen, natürlich liegt Mallorca nicht sonderlich südlich, aber immerhin habe ich festgestellt, dass auch 11° schon eine Menge ausmachen können!


Canis Major ist in voller Größe ein sehr beeindruckendes Sternbild, während es in unseren Breiten klar von Sirius dominiert wird, ist hier auch der Rest interessant anzuschauen, Puppis ist auch praktisch komplett mit dem Fernglas abzufahren, das einzige Objekt was ich so tief ausmachen konnte war ein vermeintlicher Sternhaufen mit sehr interessanter Form, in der Recherche daheim fand ich heraus, dass dort kein Sternhaufen eingetragen ist, lediglich Mobile Obervatory (das ich natürlich mit hatte) nennt dort ein Sternmuster mit dem passenden Namen "Stinging Scorpion", es war natürlich hoffnungslos im Horizontdunst und muss bei höherem Stand in einem Richfielder einfach fantastisch aussehen.Pyxis war unauffällig und mit bloßem Auge praktisch unsichtbar, die Hauptsterne konnte ich aber im Fernglas sehen. Piscis Australis hingegen war vor Mitternacht auch bei Mond mit Fomalhaut schön anzusehen und im benachbarten Sculptor konnte ich trotz Mond (!!) die Sculpor Galaxie NGC 253 schwach wahrnehmen! Über 20° hoch am Himmel ist sie dort auch schon sicher mit dem Teleskop (ohne Mond) eine Augenweide, während ich sie in unseren Breiten mal mit Ach und Krach bei unter 10° Horizonthöhe mit 8" mal sehen konnte.



Besonders nachhaltig beeindruckt hat mich aber der verflucht hoch stehende Orion! Hier enstand auch morgens gegen halb 6 die einzige Zeichnung des Urlaubs, ich fand es erstaunlich was selbst bei einem so hellen und bekannten Objekt wie M42 der 11° höhere Stand (es waren gute 45° Höhe!) ausmachen können. 


Auch wenn der Urlaub definitiv nicht im Zeichen der Astronomie stand hat mir der gelegentlich kleine Exkurs richtig Spaß und vor allem doch Lust auf den echten Südhimmel gemacht, wenn man den Himmel seiner Heimat kennt, dann ist es schon beeindruckend nach Jahren endlich mal völlig "neue" Sterne und Konstellationen am Himmel zu sehen.



Mittwoch, 9. Oktober 2013

Probleme mit Helligkeitsangaben in verschiedenen Katalogen


Ein großes Problem auf das man irgendwann stößt wenn man sich abseits des Messierkatalogs und den hellen NGC Objekten bewegt ist, dass nicht nur die Positionsdaten sondern auch die Helligkeitsangaben der Objekte extrem schwanken können.

Während dem visuellen Beobachter relativ egal sein kann ob sich das Objekt nun ein paar Bogensekunden weiter östlich oder westlich befindet ist die Helligkeitsangabe im Vorfeld schon sehr wichtig! Nur so kann man abschätzen ob das Objekt innerhalb des Leistungsspektrums des eigenen Geräts in Verbindung mit dem Himmel liegt oder "sinnlos" ist.

Wie komme ich nun auf dieses Problem? Bei manchen Vorabrecherchen lasse ich mich einfach in Sternkartenprogramm (im Moment vor allem CNebulaX) treiben und versuche hier und da eine nette Einzelgalaxie oder ein Grüppchen aufzuspüren, anderntags lasse ich mich vielleicht von einem spannenden Beobachtungsbericht inspirieren. Habe ich nun ein oder mehrere Objekte die ich beobachten möchte mache ich mich an die Recherche nach Helligkeiten. Dabei habe sicher nicht nur ich festgestellt, dass sich hier je nach Quelle stellenweise extreme Diskrepanzen ergeben. Wem soll man nun "glauben" was ist "richtig"?

Ein echtes richtig oder falsch lässt sich bei den Helligkeiten schwer ermitteln, bei Positionsangaben ist das einfacher. Der Grund liegt in der Art der Helligkeitsermittlung, der NGC Katalog (korrekt wäre eigentlich einfach "der NGC" zu sagen denn NGC=New General Catalogue) wurde 1888 veröffentlicht, später durch den IC I und IC II Katalog ergänzt und war der letzte große Deepskykatalog, der noch Objekte ohne Ansehen der Objektklasse aufgestellt wurde, alle nachfolgenden waren eben Galaxien- (z.B. PGC oder UGC), PN- (z.B. PK) oder Sternhaufenkataloge (z.B. Berkley, Trumpler). Wie wurden nun die Helligkeiten natürlich fotografisch vermessen und dies kann man in verschiedenen Spektren machen. Während der NGC Katalog weitgehend visuelle Helligkeiten angibt ist das bei anderen Katalogen nicht der Fall! Bei PGC (Principal General Catalogue) und UGC (Uppsala General Catalogue) verwenden bei ihrer Helligkeitsangabe Daten die blauen Platten oder Infrarotaufnahmen, also ein ganz anderes Spektrum als wir mit dem Auge wahrnehmen, hierbei kommen je nach Objekt aber ganz andere Helligkeiten heraus. Diese sind bei den zuletzt genannten allerdings sehr viel genauer, weshalb viele Programme wenn sie auch über Daten von PGC/UGC verfügen klammheimlich nicht nur die genaueren Positionsangaben sondern auch die Helligkeiten übernehmen. Genauso verhält es sich bei Onlinerecherche Diensten wie z.B. Messier45, Simbad oder auch die DSDB, hier ist allerdings in vielen Fällen angegeben auf welche Platten sich die Helligkeit bezieht. 

Hier mal ein Beispiel von POSS I (R) und POSS I (B) - natürlich darf man von den Helligkeitsunterschieden nicht automatisch auf visuelle Unterschiede schließen, dafür gibt es zu viele Unterschiede bei den Objekten selber und der Aufnahmetechnik:



 

Das ganze mal in Form eines Beispielobjekts:

NGC 1267, eine schwächere kleine Galaxie in Perseus, die Teil des Galaxienhaufens Abell 426 ist. Nun kamen mir bei meiner Vorabrecherche (übrigens auch bei allen anderen Galaxien dieses Haufens, aber 1267 war die extremste) viele verschiedene Helligkeiten entgegen gepurzelt:

CNebulax (die Daten basieren (angeblich?) auf dem RGNC/IC von Wolfg ang Steinicke): 14m1

Messier45.com: 13m

SIMBAD: 15m4


Während bei Simbad durch den Eintrag schnell ersichtlich wird, dass es sich hier um eine blaue Aufnahme handelt, muss man bei den anderen Quellen etwas suchen, Jörn machte mich dankenswerter Weise darauf aufmerksam, dass auch dort die Quellen der Helligkeitsbestimmungen zu finden sind: CNebulaX hat sowohl fotografische als auch visuelle Helligkeiten aus dem Katalog übernommen, wählt aber per Default erst einmal nur die fotografischen aus, hier muss ich selber noch forschen wie man das umstellen kann. Messier45 codiert die Quelle in Form des Buchstabens (v,p, b,j). Dr. Steinicke erklärt selbst, dass die Helligkeiten erheblich differieren können, im RNGC wurden lückenhafte oder offensichtlich falsche Helligkeitsangaben entweder durch die Sichtung diverser fotografischer Platten ergänzt und im Fall der visuellen Helligkeiten werden diese auf Grundlage des Galaxientyps und Literaturangaben berechnet!

Ein weiterer Knackpunkt, den man nie unterschätzen darf: Helligkeitsangaben sind meist nur integrierte Helligkeiten über die gesamte Fläche. Das heißt bei gleicher Helligkeit wird eine größere Galaxie sehr viel schwächer aussehen, weil sie Helligkeit auf eine größere Fläche verteilt, deshalb gibt es auch des Öfteren die zweite Angabe Flächenhelligkeit (mag/arcmin²). Das kann schon einen guten Hinweis auf die Beobachtbarkeit geben, wieder ein Beispiel:

Messier 33: Helligkeit (V) - 5,7mag
Messier 51: Helligkeit (V) - 8,1mag

Auf den ersten Blick scheint klar zu sein welche Galaxie einfacher zu sehen ist, bezieht man jedoch die Fläche der Galaxien mit ein kommt man zu anderen Ergebnissen:

Messier 33: Größe 70'x40' -> 14m/arcmin²
Messier 51: Größe 11,2'x6,9' -> 12,7m/armin²

Je kleiner die Galaxien werden, desto eher kann man sich auf die integrierten Helligkeiten verlassen aber eben auch nicht durch die Bank weg, so gibt es auch Galaxien, die ein im Verhältnis zum Kern recht großen und mitunter extrem schwachen Halo besitzen, hier kann man sowohl die integrierte als auch die Oberflächenhelligkeit nicht uneingeschränkt heranziehen wenn es auf die Sichtbarkeit ankommt, das helle Zentrum ist womöglich trotz schwacher Helligkeitsangaben durchaus zu sehen. Eine Hilfe ist hier sicher immer mal einen Blick auf die Fotos des DSS zu werfen.

Auf was soll man sich nun stützen? Meine ehrliche Meinung ist, dass wenn wir uns in Grenzbereichen bei der Objektwahl bewegen und wenig bis keine Berichte von anderen Beobachtern zu finden sind, dann bleibt nichts anderes übrig sich einfach nach allen Seiten schlau zu machen und die unterschiedlichen Helligkeiten zu notieren und es dann einfach zu VERSUCHEN! Oft wird man überrascht, manchmal auch sicher enttäuscht, aber wer es nicht versucht wird in jedem Fall nichts sehen.

Ich danke Jörn für die zahlreichen Tipps und die tiefer gehende Recherche, die mich den Artikel nochmal an einigen Stellen ergänzen ließen! Siehe auch sein tiefgreifender Artikel zum Thema Flächenhelligkeit im folgenden Anhang.

Quellen und weiterführende Links:

Digital Sky Survey

SIMBAD

Messier45.com

NASA/IPAC Extragalactic Database

Revised NGC/IC von Dr. Wolfgang Steinicke

Wikipedia



Donnerstag, 3. Oktober 2013

BB vom 02.10.2013

02.10.2013
Uhrzeit: 20:45 bis 2:10 Uhr
Wetter: zu Beginn klar, dann verzirrt, ab 1 Uhr wieder besser
GG: zu Beginn ~6m, danach auf 5m6 fallend, später und im Zenit wieder entsprechend besser

Um viertel vor neun fuhr ich mit Teleskop und Spießbratenbrötchen bewaffnet auf dem Hügel vor, Jan hielt ebenfalls neben mir im Auto gerade ein opulentes Nachtmahl. Rainer und Michael stiessen dann auch bald hinzu und der Himmel wusste sogar zu der frühen Stunde schon richtig zu begeistern - eine hochgradig strukturierte Milchstraße, allumspannend und knacktrockene Luft. Allerdings wehten schon da heftige Böen um uns, das sollte uns mehr oder weniger auch die komplette Nacht erhalten bleiben, anders als die Transparenz, die leider nach etwa einer Stunde massiv einbrach als sich der Himmel mit Zirren überzog. Die Sturmböen liessen zum einen natürlich Frösteln (wobei wir alle sehr gut eingepackt waren), zum anderen hatte ich zum ersten Mal überhaupt ernsthafte Schwierigkeiten mit dem Dobson, trotz geringer Windangriffsfläche, zitterte das Bild bei jeder Böe heftig auf und einige Mal hieb liess der Wind das Gerät wenn gerade kein Okular im OAZ war sogar Karusell fahren.


Den Heritage hatte ich auf einer Astro3 im AZ-Modus auch mitgebracht, muss aber sagen, dass ich nur ein paar Mal auf h+x und M31 schaute, der Rest der Nacht fesselte mich dann doch die große Öffnung ;)

Das erste Objekt, dass ich aus dem Ordner zog ist eine sehr interessante Galaxie der lokalen Gruppe: IC 10 in Cassiopeia. In nur 2,2 Mio Lichtjahren Entfernung ist sie ausserdem die uns am nächsten gelegene Starburst Galaxie, die noch sehr jung (noch im Entstehen begriffen, erst seit wenigen 10 Millionen Jahren (!) hat hier die Sternentstehung eingesetzt) und hochaktiv ist. Zwar liegt die visuelle Helligkeit bei 11m8 aber es ist ein LowSurfaceBrightness Objekt mit einer Oberflächenhelligkeit von knapp 15mag. Im Vorfeld recherchierte ich, dass hier die Öffnung eher zweitrangig ist, die Transparenz muss einfach stimmen, dann geht sie auch in WESENTLICH kleineren Teleskopen. Das Auffinden stellt kein Problem dar, kaum ein Gesichtsfeld von Beta Cas entfernt sehe ich die beiden Zeigersterne und eine L-förmige Sternkette etwa gleichheller Sterne, zusammen mit einem schwachen Stern bilden diese drei ein auf dem Kopf stehendes, gestauchtes "T" und exakt dort sah ich auch schon mit 22mm eine SEHR schwache Aufhellung, Fieldsweeping hilft hier enorm, die Aufhellung ist relativ gleichmässig und reproduzierbar zu sehen. Bei 22mm ist mir das Feld als faulem Mensch zu sternreich zum Zeichnen, also wechsele ich zu 14mm die Galaxie ist nach wie vor zu sehen, das Feld immer noch sternenreich. Wow! Ich hätte echt nicht gedacht, dass ich ausgerechnet dieses Objekt heute Abend und auch noch gleich zu Beginn knacken könnte! Meine Notizen zu der Zeichnung sind noch wichtig: "Gx VIEL schwächer einzeichnen als in Rohskizze!" Selbst das ist mir nur leidlich gelungen, am besten schaut man sie sich indirekt oder mit zugekniffenen Augen an (empfehle ich eigentlich immer bei Zeichnungen!), das kommt dem Eindruck viel näher, beim direkten Anschauen der Zeichnung erscheint sie viel zu hell und auffällig ;)



Das erste Paar Handschuhe ist während der Zeichnung bereits vom Winde verweht.. keine Chance die bei Dunkelheit jetzt wiederzufinden, zum Glück habe ich noch ein zweiter Paar dabei. Der Himmel ist jetzt fast flächendeckend mit Siff überzogen. Ich will trotzdem noch nicht aufstecken und besuche IC 179 eine 13m7 helle Galaxie, die interessant in den Ausläufern des bekannten Sternhaufens NGC 752 liegt, mit Detailkarte keine allzu sportliche Aufgabe, aber wirklich beeindruckend ist natürlich anders, dazu ist sie zum einen zu schwach und zum anderen dann doch nicht nah genug am Sternhaufen. Noch ein kurzer Besuch bei NGC 7331, Stephans Quintett und NGC 7332 nebst Begleiter - alles vor einigen Tagen in Laufenselden merklich besser gesehen.

Der Himmel lädt nun leider viel weniger zum Beobachten denn zum gemütlichen Schwätzchen ein und genau das machen Jan, Michael und ich dann auch, die dicken Zirren, vor allem im Osten, greifen immer höher. Spaß macht es trotzdem, allerdings ist dann bei den beiden irgendwann die Lust auf weiteres beobachten dahin und sie packen zusammen. Ich überlege noch, bleibe aber dann doch noch bei Rainer, immerhin stehen da noch einige Objekte auf meiner Liste.

Rainer beobachtet fleissig einen Quasar und benachbarte Galaxien in Andromeda, nah bei NGC 891. Ich bin vom Wind arg durchgeschüttelt - das Teleskop übrigens auch - und obwohl ich mir einige Zeit nehme, habe ich meine Schwierigkeiten mich in seinem Feld zu orientieren, immerhin zwei schwächliche (!) UGC Galaxien sind am Rande der Wahrnehmbarkeit zu erhaschen, den Quasar kann ich nicht erlegen, will auch Rainer das Teleskop nicht den Rest der Nacht sperren...

Allerdings liegt eines meiner Objekte ganz in der Nähe, namentlich auch fast im Feld von NGC 891, allerdings in die andere Richtung. Der Galaxienhaufen Abell 347 soll es sein, der Starhopp ist relativ kurz und eindeutig, und fast sofort ist NGC 910 (13m2) indirekt zu sehen... ZACK! Verfluchter Stuhl! Ich habe mir den Rücken etwas ausgehakt (Benny'sche Schwachstelle). Jetzt bloss nicht sitzen sondern Laufen! Nach ein paar Minuten ist es dann zum Glück wieder besser, ich habe die Kälte unterschätzt, da bin ich anfällig, ab jetzt wieder nur noch mit Nierengurt! Die Lust auf Abell 347 ist mir ziemlich vergangen, vor allem weil ich gemerkt habe, dass mir auch eine noch tiefere Detailkarte fehlt, die ist hier allerdings Pflicht, also verschiebe ich den Galaxienhaufen auf eine andere Nacht und schwenke um.

In Aries, liegt NGC 772 auch als Arp 78 bekannt, eine gestörte Spiralgalaxie mit einem schwachen Begleiter. Nach einem kurzen Hangeln bin ich da, sie ist erstaunlich hell (10m3)! Die Lebensgeister sind doch nochmal geweckt, der Himmel ist inzwischen in dieser Höhe auch wieder schön freigezogen und mehr als brauchbar. Der Begleiter NGC 770 taucht auch vergleichsweise schnell auf und ist mit fast 14m wirklich schwach und ein enormer Helligkeitskontrast zu 772, aber was ist das?! Die Galaxie wirkt nach einigem Beobachten sehr unregelmässig, ich wollte es nicht namentlich einem Spiralarm zuordnen, aber auf der von 770 abgewandten Seite ist oberhalb des Kerns ein leicht ausgreifender, heller Streifen zu sehen. Bei Rainer bekomme ich noch ein Foto der Galaxie, japp das war wirklich der gestörte Spiralarm, wow! Definitiv ein Objekt der zum Zeichnen verpflichtet, ich möchte meinem Rücken aber keine Verrenkungen am Okular mehr zumuten, also wiederum etwas für die nächste Chance...

Zum Ausklang verschiebe ich Hypatia nochmal um einige Meter, ich hatte sie zur wenigstens minimalen Windabschirmung nah ans Auto gestellt, um den Orionnebel zu beobachten, jaaaa mein erster dieses Jahr (fast 2 Monate später als sonst!), danach gibt es noch M1 aufs Auge, den habe ich auch schon lange nicht mehr gesehen. Abschliessend noch ein paar "Beweisfotos" damit man uns glaubt, dass der Siff zum Ende hin wirklich nochmal weniger wurde, und ich machte mich an den Abbau. Meine Handschuhe habe ich übrigens auch wiedergefunden - 50m weiter auf der Wiese :D

Pano aus 3 Fotos á 30s mit 18mm f/3.5 @ ISO 160


Einzelfoto 30s bei 18mm f/3.5 @ISO 1600



Eine durchwachsene aber nicht minder schöne und am Ende dann auch erfolgreiche Nacht war es, das Wetterglück seit dem zweiten Quartal hält also auch weiterhin an, ob es in dieser Neumondphase nochmals eine Nacht gibt? Ich weiss es nicht, aber wenn nicht bin ich trotzdem zufrieden ;)

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