02.10.2013
Uhrzeit: 20:45 bis 2:10 Uhr
Wetter: zu Beginn klar, dann verzirrt, ab 1 Uhr wieder besser
GG: zu Beginn ~6m, danach auf 5m6 fallend, später und im Zenit wieder entsprechend besser
Um viertel vor neun fuhr ich mit Teleskop und Spießbratenbrötchen bewaffnet auf dem Hügel vor, Jan hielt ebenfalls neben mir im Auto gerade ein opulentes Nachtmahl. Rainer und Michael stiessen dann auch bald hinzu und der Himmel wusste sogar zu der frühen Stunde schon richtig zu begeistern - eine hochgradig strukturierte Milchstraße, allumspannend und knacktrockene Luft. Allerdings wehten schon da heftige Böen um uns, das sollte uns mehr oder weniger auch die komplette Nacht erhalten bleiben, anders als die Transparenz, die leider nach etwa einer Stunde massiv einbrach als sich der Himmel mit Zirren überzog. Die Sturmböen liessen zum einen natürlich Frösteln (wobei wir alle sehr gut eingepackt waren), zum anderen hatte ich zum ersten Mal überhaupt ernsthafte Schwierigkeiten mit dem Dobson, trotz geringer Windangriffsfläche, zitterte das Bild bei jeder Böe heftig auf und einige Mal hieb liess der Wind das Gerät wenn gerade kein Okular im OAZ war sogar Karusell fahren.
Den Heritage hatte ich auf einer Astro3 im AZ-Modus auch mitgebracht, muss aber sagen, dass ich nur ein paar Mal auf h+x und M31 schaute, der Rest der Nacht fesselte mich dann doch die große Öffnung ;)
Das erste Objekt, dass ich aus dem Ordner zog ist eine sehr interessante Galaxie der lokalen Gruppe: IC 10 in Cassiopeia. In nur 2,2 Mio Lichtjahren Entfernung ist sie ausserdem die uns am nächsten gelegene Starburst Galaxie, die noch sehr jung (noch im Entstehen begriffen, erst seit wenigen 10 Millionen Jahren (!) hat hier die Sternentstehung eingesetzt) und hochaktiv ist. Zwar liegt die visuelle Helligkeit bei 11m8 aber es ist ein LowSurfaceBrightness Objekt mit einer Oberflächenhelligkeit von knapp 15mag. Im Vorfeld recherchierte ich, dass hier die Öffnung eher zweitrangig ist, die Transparenz muss einfach stimmen, dann geht sie auch in WESENTLICH kleineren Teleskopen. Das Auffinden stellt kein Problem dar, kaum ein Gesichtsfeld von Beta Cas entfernt sehe ich die beiden Zeigersterne und eine L-förmige Sternkette etwa gleichheller Sterne, zusammen mit einem schwachen Stern bilden diese drei ein auf dem Kopf stehendes, gestauchtes "T" und exakt dort sah ich auch schon mit 22mm eine SEHR schwache Aufhellung, Fieldsweeping hilft hier enorm, die Aufhellung ist relativ gleichmässig und reproduzierbar zu sehen. Bei 22mm ist mir das Feld als faulem Mensch zu sternreich zum Zeichnen, also wechsele ich zu 14mm die Galaxie ist nach wie vor zu sehen, das Feld immer noch sternenreich. Wow! Ich hätte echt nicht gedacht, dass ich ausgerechnet dieses Objekt heute Abend und auch noch gleich zu Beginn knacken könnte! Meine Notizen zu der Zeichnung sind noch wichtig: "Gx VIEL schwächer einzeichnen als in Rohskizze!" Selbst das ist mir nur leidlich gelungen, am besten schaut man sie sich indirekt oder mit zugekniffenen Augen an (empfehle ich eigentlich immer bei Zeichnungen!), das kommt dem Eindruck viel näher, beim direkten Anschauen der Zeichnung erscheint sie viel zu hell und auffällig ;)
Das erste Paar Handschuhe ist während der Zeichnung bereits vom Winde verweht.. keine Chance die bei Dunkelheit jetzt wiederzufinden, zum Glück habe ich noch ein zweiter Paar dabei. Der Himmel ist jetzt fast flächendeckend mit Siff überzogen. Ich will trotzdem noch nicht aufstecken und besuche IC 179 eine 13m7 helle Galaxie, die interessant in den Ausläufern des bekannten Sternhaufens NGC 752 liegt, mit Detailkarte keine allzu sportliche Aufgabe, aber wirklich beeindruckend ist natürlich anders, dazu ist sie zum einen zu schwach und zum anderen dann doch nicht nah genug am Sternhaufen. Noch ein kurzer Besuch bei NGC 7331, Stephans Quintett und NGC 7332 nebst Begleiter - alles vor einigen Tagen in Laufenselden merklich besser gesehen.
Der Himmel lädt nun leider viel weniger zum Beobachten denn zum gemütlichen Schwätzchen ein und genau das machen Jan, Michael und ich dann auch, die dicken Zirren, vor allem im Osten, greifen immer höher. Spaß macht es trotzdem, allerdings ist dann bei den beiden irgendwann die Lust auf weiteres beobachten dahin und sie packen zusammen. Ich überlege noch, bleibe aber dann doch noch bei Rainer, immerhin stehen da noch einige Objekte auf meiner Liste.
Rainer beobachtet fleissig einen Quasar und benachbarte Galaxien in Andromeda, nah bei NGC 891. Ich bin vom Wind arg durchgeschüttelt - das Teleskop übrigens auch - und obwohl ich mir einige Zeit nehme, habe ich meine Schwierigkeiten mich in seinem Feld zu orientieren, immerhin zwei schwächliche (!) UGC Galaxien sind am Rande der Wahrnehmbarkeit zu erhaschen, den Quasar kann ich nicht erlegen, will auch Rainer das Teleskop nicht den Rest der Nacht sperren...
Allerdings liegt eines meiner Objekte ganz in der Nähe, namentlich auch fast im Feld von NGC 891, allerdings in die andere Richtung. Der Galaxienhaufen Abell 347 soll es sein, der Starhopp ist relativ kurz und eindeutig, und fast sofort ist NGC 910 (13m2) indirekt zu sehen... ZACK! Verfluchter Stuhl! Ich habe mir den Rücken etwas ausgehakt (Benny'sche Schwachstelle). Jetzt bloss nicht sitzen sondern Laufen! Nach ein paar Minuten ist es dann zum Glück wieder besser, ich habe die Kälte unterschätzt, da bin ich anfällig, ab jetzt wieder nur noch mit Nierengurt! Die Lust auf Abell 347 ist mir ziemlich vergangen, vor allem weil ich gemerkt habe, dass mir auch eine noch tiefere Detailkarte fehlt, die ist hier allerdings Pflicht, also verschiebe ich den Galaxienhaufen auf eine andere Nacht und schwenke um.
In Aries, liegt NGC 772 auch als Arp 78 bekannt, eine gestörte Spiralgalaxie mit einem schwachen Begleiter. Nach einem kurzen Hangeln bin ich da, sie ist erstaunlich hell (10m3)! Die Lebensgeister sind doch nochmal geweckt, der Himmel ist inzwischen in dieser Höhe auch wieder schön freigezogen und mehr als brauchbar. Der Begleiter NGC 770 taucht auch vergleichsweise schnell auf und ist mit fast 14m wirklich schwach und ein enormer Helligkeitskontrast zu 772, aber was ist das?! Die Galaxie wirkt nach einigem Beobachten sehr unregelmässig, ich wollte es nicht namentlich einem Spiralarm zuordnen, aber auf der von 770 abgewandten Seite ist oberhalb des Kerns ein leicht ausgreifender, heller Streifen zu sehen. Bei Rainer bekomme ich noch ein Foto der Galaxie, japp das war wirklich der gestörte Spiralarm, wow! Definitiv ein Objekt der zum Zeichnen verpflichtet, ich möchte meinem Rücken aber keine Verrenkungen am Okular mehr zumuten, also wiederum etwas für die nächste Chance...
Zum Ausklang verschiebe ich Hypatia nochmal um einige Meter, ich hatte sie zur wenigstens minimalen Windabschirmung nah ans Auto gestellt, um den Orionnebel zu beobachten, jaaaa mein erster dieses Jahr (fast 2 Monate später als sonst!), danach gibt es noch M1 aufs Auge, den habe ich auch schon lange nicht mehr gesehen. Abschliessend noch ein paar "Beweisfotos" damit man uns glaubt, dass der Siff zum Ende hin wirklich nochmal weniger wurde, und ich machte mich an den Abbau. Meine Handschuhe habe ich übrigens auch wiedergefunden - 50m weiter auf der Wiese :D
Pano aus 3 Fotos á 30s mit 18mm f/3.5 @ ISO 160
Einzelfoto 30s bei 18mm f/3.5 @ISO 1600
Eine durchwachsene aber nicht minder schöne und am Ende dann auch erfolgreiche Nacht war es, das Wetterglück seit dem zweiten Quartal hält also auch weiterhin an, ob es in dieser Neumondphase nochmals eine Nacht gibt? Ich weiss es nicht, aber wenn nicht bin ich trotzdem zufrieden ;)
>>Deepskytour bei Windstärke 7<<
>>Spezialitätennachlese von Rainer<<
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