Ort: Idsteiner Land
Zeit: 22:00 bis 1:30 Uhr
Wetter: Wolkenlos, zunehmende Cirrusbewölkung, windig, ca. 5°
GG: Zu Beginn etwa 5m8 zum Ende hin 5m5
Gegen Nachmittag trudelten in meiner Mailbox die ersten Aufrufe zum Stelldichein in Laufenselden ein. Völlig klar würde es eher nicht werden, das sah ich schon, aber wer weiss schon wie das Wetter wird? Gegen Sonnenuntergang wurde die Verschleierung des Himmels aber immer ärgerlicher und ich hakte es für mich dann doch ab, mit Sprit und Schlaf musste ich ohnehin etwas haushalten. Kaum waren die Füße hochgelegt und der Abend beschlossen... das Telefon! Rainer meldete zwar ebenfalls keine bombastische Transparenz aber konnte mich nach dem zweiten Anruf doch davon überzeugen, dass die Nacht ausreichend Spaß bieten würde - Danke! Das tat sie wirklich und wenn ich mir die Wolken heute morgen und den Wetterbericht der nächsten Tage anschaue, war es die einzig richtige Entscheidung den Abend doch zu nutzen.
Da ich nur mit kleinem Gepäck in Form des Heritage und der Kamera ankam hatte ich wenig Aufbaustress und startete zunächst eine Zeitrafferaufnahme. Geil! Schon beim ersten Testbild surrte ein beeindruckender Bolide direkt zwischen Orion und Canis Major fast senkrecht runter. Er ist sogar komplett auf dem Chip gelandet (Das Stativ stand leider nicht richtig und hat einen Windstoß abbekommen).
Nun aber los in die Weiten des Deepsky. Den Start markierte der Dominanz am Himmel folgend wieder das Sternbild Orion, neben dem unweigerlichen M42/45 besuchte ich auch noch M78 und NGC 2024, der aber wegen mangelnder Transparenz nicht gerade einfach war. Rainer hatte hier aber das klar interessantere Objekt im Okular: NGC 1788, der "Foxface Nebula" ein Reflexionsnebel. Bei etwa 170-fach konnte ich einen vergleichsweise hellen Stern wahrnehmen ein Drittel Gesichtsfeld entfernt war ohne große Anstrengung ein elongierter Nebel um einen weiteren Stern zu sehen. Nach einiger Zeit des Einsehens, zeigte sich ein unregelmässig von der Verbindungslinie der beiden Sterne wegzeigender viel schwächerer Ausläufer, er war aber wirklich an der Wahrnehmungsgrenze, indirekt wurde auch noch ein weiterer schwacher Stern in den Ausläufern sichtbar. Ein hochgradig interessantes Zeichenobjekt, landet auf meiner immer dicker werdenden to-do Liste ;)
Rainer widmete sich weiteren Objekten im Orion, während es mich jetzt endlich mal aus unserer Nachbarschaft hin zu Galaxien zog. Auch hier war als erstes wieder die SN fällig, im 130 bei niedriger Vergrößerung schon nicht mehr so einfach wie vor wenigen Tagen in 8", bei 97-fach dann aber sicher zu halten. Einige Galaxien im Großraum UMa mussten nun zeigen was der kleine so kann. Das Pärchen NGC 4485/4490 (Arp 269) war schon in der Übersichtsvergrößerung auszumachen, bzw die große/hellere der beiden, bei 97-fach hingegen war das ungleiche Paar dann auch komplett zu sehen, während der kleine Begleiter ein schwacher völlig homogener winziger Fleck blieb, war die längliche Hauptgalaxie schwach nach einer Seite gebogen, nur dezent aber sicher nicht gleichmässig. Ein großer Schwenk hinüber zu M1, ist noch da :D Auch der Eskimonebel NGC 2392 leuchtet fröhlich vor sich hin, allerdings war hier die verfügbare Vergrößerung am Heritage einfach zu klein um mehr als die typische äussere Form darzustellen.
Messier 94 war ein sicheres, bei hoher Vergrößerung leicht gemotteltes Ziel, aber echte Details waren mit 5" nicht festzunageln. M51 hingegen zeigte schon Ansätze von Spiralstruktur im kleinen Newton. Es folgten noch ein paar Standardgalaxien wie M108, M109 und M101. Rainer rief mich zwischenzeitlich an seinen 12er, er hatte einen sehr interessanten PN im Orion angepeilt. NGC 2022 war bei 170-fach als ziemlich runder und auffälliger Fleck zu sehen, mehr Details waren bei dieser niedrigen Vergrößerung nicht herauszuschälen. Bei 400x mutierte die kosmische Leiche zu einem genialen Objekt! Der Nebel war nunmehr ganz klar oval, nicht stark aber doch sichtbar von der Kreisform abweichend. Interessantestes Detail jedoch war ein auffälliger Helligkeitsknoten am äussersten Rand des PN, er wirkte mitunter stellar. Die Ringform, die laut DSS Ausdruck zu sehen sein sollte fand ich persönlich unheimlich schwer und würde sie guten Gewissens als NICHT gesehen eintragen, da ist etwas, eine Unruhe, aber der Abstand ist zu gering. Ähnliches gilt für den Zentralstern, gesehen habe ich ihn ganz sicher, aber er ist eben richtig hell und geht so zumindest bei diesen Bedingungen mit diesem Gerät nahtlos in die Nebelmasse über.
Beobachtungsnach vom 24.02.2014 Zeitraffer / Timelapse from Benny Hartmann on Vimeo.
Während ich schon langsam über den Abbau nachdachte (und dann auch umsetzte, die Transparenz brach übereinstimmend zunehmend ein) wollte Rainer es aber nochmal richtig wissen und nahm das "allseits bekannte Einsteigerobjekt" OJ 278 aufs Korn ^^ Ein läppische 3.500.000.000 Lichtjahre entfernter Quasar (BL Lac Objekt) sollte es also sein, Rainers Aufsuchkarte war wie immer vorbildlich, so dass ich den Einstieg schnell fand. Trotzdem war das Feld bei 400-fach nicht ohne Fallstricke, beim dritten Sprung passierte es mehrmals, dass ich die Referenzsterne verlor und von vorne beginnen musste. Mit knapp unter 15m war der Quasar selber ein echter Knacki, aber er liess sich mehrfach reproduzierbar auf die Netzhaut zaubern, klar identifiziert, allerdings sprechen wir hier von einem Aufblitzen und keinesfalls von einem indirekten Halten. Dieser enorme Ausflug in die echten Tiefen des Deepsky beschloss dann auch unsere Nacht und wir machten uns auf die Heimfahrt.
So war der Abend nicht nur toll durch unser Fachsimpeln sondern diesmal auch wirklich durch das Gesehene und auch wenn die Nacht ein schlafökonomisches Desaster war, bereue ich nicht eine Sekunde rausgefahren zu sein - nun schaut es erstmal wieder nach wetterbedingter Zwangspause aus.
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