Sonntag, 4. Mai 2014

BB vom 03.05.2014

Datum: 03.05.2014
Ort: "Silent Hill"
Zeit: 21:00 - 3:00 Uhr
Wetter: Zu Beginn noch stark bewölkt später frei und selten gute Transparenz
GG: fst 6m3

Um 6 Uhr morgens checkte ich das heutige Wetter für einen Familienausflug, was ist das für ein seltsames Symbol in der Nacht? Sichelförmige Wolke auf schwarzem Hintergrund, kenn ich gar nicht die Wolkenart... ! Ein paar Klicks weiter war klar, dass es nicht nur an unserem Ausflugsziel so werden sollte sondern auch im Taunus, allzuviel Hoffnung wollte ich aber noch nicht aufkeimen lassen. Der Tag war noch lang und was in der letzten Zeit an "klarem" Himmel geboten wurde ist ja hinlänglich bekannt...

Nach einem langen, SEHR schönen Tag und einer sehr kilometerlastigen Tour (sowohl was Autobahn als auch Fußmärsche angeht) kam ich doch recht platt nach Hause, aber mit Jan war schon ausgetauscht, dass man uns nicht mehr Astronomen nennen sollte wenn wir daheim bleiben ;) Der Himmel war inzwischen wieder stark bewölkt aber Wurscht, gegen 21 Uhr fuhr ich vor, um einen bereits ziemlich einsatzbereiten Jan vorzufinden, gedrängt hat uns nichts, die ersten Stunden waren von sukszessiven Wolkenabzug und -auflösung geprägt, der Mond "störte" ja auch noch ein wenig, wurde aber trotzdem als Beobachtungsobjekt gemieden.








Der Himmel wurde nicht nur freier sondern auch erstaunlich durchsichtig, die Lichtdome von Wiesbaden und Frankfurt - fein säuberlich voneinander getrennt (was auch nicht immer der Fall ist) - ragten etwa 10° und klar definiert im Bereich West, Südwest über den Horizont, das geht auch BEDEUTEND schlechter. Zu späterer Stunde machten wir uns an die Grenzgrößenzeigersterne um Polaris und nach Gegenprüfung zu Hause waren es tatsächlich schmackhafte 6m33! Das ist ein positiver Rückfall in alte Zeiten, liegt nicht sehr weit von Bestwerten an unserem Standort entfernt und ist somit nachweislich die beste Nacht seit 2012 gewesen :)

Galaxienhimmel... Und genau darauf wollte ich mich heute auch in aller Ausführlichkeit stürzen, mit der Deepsky Hunter Atlas Detail Karte A14 startete ich meine Tour in Coma und Virgo. War ich vorher schon angetan vom Kartenwerk, stehe ich nunmehr kurz vor der Scheidung um meine Liebe zu dieser Karte auch mit einer gesetzlichen Eheschliesslung zu besiegeln :D

Ich war ja schon wirklich oft im "Gewimmel" unterwegs, aber ich bemerkte mit einer so netten Begleitung hoppt man nicht zwangsläufig zu seinem Ziel sondern trödelt immens lange auf dem Weg dorthin herum, man könnte es auch "Genußwandern mit hohem Erkenntnisgewinn" bezeichnen. Viele Felder überfährt man (ich) oft auf dem Weg von Starhop zu Starhop, dabei entgehen mir wie ich nun feststellte regelmässig Unmengen an kleinen Objekten, für die man nur wenige Sekunden im jeweiligen Feld verweilen müsste um sie wahrzunehmen. Wie auch immer, genau das habe ich in dieser Nacht getan um so weit mehr als eine Stunde für die wenigen Grad zwischen Messier 98 und Messier 88 als Start der Makarian Chain zugebracht!

Zu meiner Schande habe ich weder gezeichnet noch Notizen zu den Objekten gemacht, allerdings waren die meisten der "Fizzelchen" auch eben einfach da ;) Egal, heute lass ich mal fünf gerade sein, allein das touren und identifizieren hat mir große Freude gemacht.

Mein Einstiegspunkt war wie gesagt Messier 98. Normalerweise springe ich von hier entweder über eine Sternenkette und 99 zu Messier 84 oder über M100 zu M88, das ist eine Sache von 10 Sekunden und man startet durch die Markarian Kette... Nun wird aber detailliert Sternchen für Sternchen untersucht, als erstes versuche ich den kleinen Begleiter NGC 4186 zu sehen, aber egal wie hoch ich vergrößere, da will sich einfach nichts herausschälen, inzwischen habe ich die Helligkeit recherchiert und mit knapp unter 15m war sie wohl doch zu viel des Guten für den 8"er. Etwas weiter östlich in relativer Nähe eines hellen Sterns ist NGC 4237 hingegen überhaupt kein Problem (11m7). Die nächstgrößere ist Messier 99, von hier nur ein kleiner Schwenk und es zeigt sich die kleine NGC 4262 (11m5), die aber schwächer als die heller angegebene 4237 erscheint. IC 781 direkt daneben will sie partout nicht zeigen ist mit 14m8 aber auch schon verdammt schwach...

Nun ein größerer Hopp zu Messier 100, diese Galaxie hat zwei nahe Begleiter, NGC 4328 und 4323, die sich beide nicht zeigen aber ebenfalls jenseit der 15m liegen. Dafür ist 4312 mit 11m8 im selben Feld wieder ein einfaches Ziel. Beim Springen bin ich immer mit 14mm unterwegs und wechsele dann bei jedem Objekt auf 8,8mm was sich in vielen Fällen als gewinnbringend erweist, manche Galaxie wird so erst richtig greifbar. Eine markante Kette mittelheller Sterne in der Nähe offenbart zwei Galaxien, NGC 4405 (12m9) und NGC 4383 (12m7), beide sind bei höherer Vergrößerung glasklar besser zu erkennen, eine dritte IC Galaxie (792) ist zwar auch nahebei aber fällt von der Helligkeit viel zu stark ab um im 8" Newton aufzutauchen. Nun geht es wieder ein Gesichtsfeld weiter nach unten, ein Päärchen! An der Wahrnehmungsgrenze! NGC 4396 (13m7) und viel auffälliger 4379. Auch hier bestätigt sich wieder: Die heller war in 14mm bereits sofort zu sehen, die schwächere bedurfte einer niedrigeren AP. Nur wenig Weiter in die grobe Richtung von Messier 88, aber kein ganzes Gesichtsfeld von den beiden vorherigen entfernt mache ich zunächst nahe eines Sterns NGC 4421 (11m6) aus, nicht beeindruckend aber leicht zu erkennen, anders die etwas südlicher gelegene NGC 4419, mit 11m ein richtig auffälliges Objekt und ein echter Kontrast zu den dunkleren Gesellen der vorherigen "Tourmeter", sie ist auch mit einem Sternchen in der Karte verzeichnet was beim DSHA ein Zeichen für besonders interessant Objekte gilt. Auf den letzten Metern zu Messier 88 versuche ich noch relativ hartnäckig IC 3392 (13m3) zu sichten und tatsächlich, da ist sie! Auch hier waren 136-fach erforderlich, aber dann konnte ich sie indirekt dauerhaft halten.

Nach dieser langen (zeitlich) und intensiven Tour bin ich doch etwas angeplättet,  so viele Galaxien auf gerade mal gerade mal 3x4 Ü-Oku Gesichtsfeldern... 

Danke an Christian für den folgenden Kartenausschnitt (Deepsky Hunter Atlas, den ich auch beim Beobachten genutzt habe)




Und eine 3D Visualisierung der räumlichen Verteilung der Galaxien



 
Angekommen bin ich jetzt bei der berühmten Kette, die natürlich abgefahren wird und auch einige Prominente des Virgo Zentralbereichs besuche ich noch, aber dann ist die Luft erstmal raus ;) Ich merke an: Das wäre der ideale Moment den Liegestuhl aufzustellen und mal eine halbe Stunde entspannt mit dem Fernglas über den Himmel zu pflügen, beides habe ich aber leider nicht dabei, und an Jans Auto zeigt sich bereits Eis, es ist verflucht kalt geworden, und das im Mai. Zum Glück fahre ich (oft unbewusst) ein Kaufhaus durch die Gegend und meine Skihose, ein zweites Paar Socken und eine weitere Jacke geben mir zusammen mit gemeinsamen Füßevertreten neue Energie.

Bei Jan bekommt die leicht sichbtare Galaxie NGC 4656 neben der Walfischgalaxie NGC 4631 (nebst Begleiter 4627) auch endlich ihren Eigennamen: Der Hockeyschläger, war mir bis dato auch noch nicht geläufig und ja, da ist etwas was den Namen rechtfertigt. 

Aus aktuellem Anlass beschäftige ich mich nun mit einer Sache, auf die ich bisher nicht ausreichend geachtet habe. Bis vor einiger Zeit habe ich Okulare beim Wechsel oft mit der Reduzierung aus dem OAZ genommen und gewechselt (drehbare selbstzentrierende Reduzierung), deshalb achtete ich nie besonders auf die Fokallagen der Okulare, seit einigen Monaten habe ich mir aber angewöhnt, die Reduzierhülse dauerhaft fest (!) im OAZ zu belassen (2" nutze ich bei vielen Touren ohnehin nur am Anfang und dann nicht mehr) und einfach rein/raus die 1,25er durchuzwechseln. Ergo wollte nun herausgefunden werden wie NAH die Fokallagen der ES Reihe tatsächlich beieinander liegen, Parfokalität wird der Reihe ja unterstellt (im 1,25" Bereich). Von 14mm beginnend, arbeitet ich mich über 8,8 und 6,7 bis auf 4,7 herunter. 14 und 8,8mm sind definitiv so parfokal wie ich das beim Justagezustand dieses Abends (Grundjustage war nicht sonderlich weil ich noch beim Einladen am FS vorbei tief in den Tubus griff um die Höhenräderschrauben festzuziehen!) nur beurteilen konnte, ein erneutes Fokussieren brachte keine kleineren Sterne. Wohl muss man aber von 14 ODER 8,8 auf 6,7 nachfokussieren, selbiges gilt für das 4,7er was wiederum mit dem 6,7mm auf einem Fokus liegt. Ich kann es nicht zu 100% in Zahlen ausdrücken aber es wir etwa 1/30 Umdrehung sein, also Arbeit für die Untersetzung (wobei ich am 8er keine habe sondern nur am 12er) und nichts wo man kräftig kurbeln müsste. Zum Vergleich: Das Zoom UWAN lag weit davon entfernt, sind natürlich auch zwei unterschiedliche Okulardesigns, vom Speers kenne ich das aber ähnlich, selbst zwischen 10 und 8mm liegt hier MERKLICH mehr Weg. 

Ein für mich kurzer (!) Vergleich von Zoomwan und ES 6,7mm brachte keinen eindeutigen Sieger hervor - allerdings sei gesagt: Ich war schon arg müde. Das Feld war M104 nebst Haifisch am 10" f/5 und ich habe nicht auf die Randschärfe geachtet sondern die Einfachheit mit der mir schwache Sterne und Details ins Auge sprangen. An der Galaxie konnte ich keine Unterschiede ausmachen, auch gab es in keinem der beiden Okulare MEHR Sterne aber im ES waren zwei schwächere Sterne (einer direkt "unter" der Galaxie) einfacher zu sehen. Da werde ich mich zu keinerlei Fazit hinreissen lassen, stimmte die Brennweite zu 100%? Habe ich die Okulare schnell genug gewechselt/fokussiert? Kein Gewinner, kein Verlieren, beides Topokulare :)

Die Nacht war weit fortgeschritten, die Müdigkeit bei aller Aufregung schon grenzwertig, so eine Art nervöser Zustand wo das Hirn ins Bett will, das Herz aber noch bleiben möchte (in so einer Nacht nur verständlich, normal ist das Hirn sehr schnell der Sieger...). Trotzdem startete ich noch einen Ausflug zu den Galaxien der Lyra. Im Bereich Epsion Lyrae und Vega gibt es ja doch einige Kandidaten von denen ich im vergangenen Jahr schon einige beobachtet hatte. Die Karte weist hier noch mehr auf als ich damals recherchiert hatte. Mindestens zwei Exemplare habe ich auch gesehen, aber es war schwer wiederholbar, meine Augen waren einfach durch für heute.. leider.

So blieb zum Abschluss nur noch die aufziehende Sommermilchstrasse abzulichten, was leidlich gelang - dank Jan kann ich noch ein zweites, merklich besseres Foto zeigen ^^ Zunächst meines, in Richtung Osten.



Und Jans Schuss in Richtung Nordosten




Fazit: Leute, ich sag mal wieder ne Weile nix über die Himmelsqualität ;) Ich bin beruhigt, dass anscheinend nichts grundlegendes irreversibel kaputt gemacht wurde in unseren Breiten (wie ich ja schon unkte), sondern dass wir einfach eine große Pechsträhne in Sachen Transparenz hatten! SO machts richtig Spaß, kein Nebelgeschwurbel und Cirrenmis! Mein ganz besonderer Dank gilt neben Jan als Süßkramlieferant und Brother in Arms, den übrigen Mitgliedern unseres Zirkels für ihr Fernbleiben :D Das war wohl diesmal wirklich genug Opfer! Gleichzeitig aber auch echt schade, dass ihr (unverschuldet) verhindert wart, wäre nur noch schöner gewesen ;(

Die Heimfahrt war nicht lang aber grenzwertig, zusammen mit dem Tag der ja schon anstrengend genug war, war ich heilfroh endlich um halb vier ins Bett zu fallen.

1 Kommentar:

  1. Hallo Benny, an dem Abend waren wir von der AAG Heuchelheim in Königsberg beobachten. Ich kann das nur bestätigen, es war eine grandios transparente Nacht! CS!

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