Sonntag, 25. Mai 2014

BB vom 24.05.2014

Ort: Silent Hill
Zeit: 20:30 bis 3:00 Uhr
Wetter: gleich zu Beginn abziehende Bewölkung, klar und transparent
GG: fst ~ 6m+ M13 freisichtig

Selten habe ich den Prognosen mehr mißtraut, zum einen weil die klare Nacht schon seit drei Tagen angesagt war, selten bleiben Prognosen so stabil, zweitens weil es den ganzen Tag über bewölkt und kühl war, morgens sogar noch geregnet hat. Egal, unser Zirkel sagte schon morgens fast geschlossen zu - dann sei das Wetter wie es mag. Pünktlich zur Abfahrt zog es mehr und mehr frei und gab den Blick auf eine malerisch beleuchtete Landschaft frei.


Wenige Kilometer vor dem Platz kamen mir dann auch tatsächlich zwei bekannte Autos nebst Gesichtern entgegen, es war zwar noch laaaange hell aber ich wollte heute bewusst endlich mal wieder den Sonnenuntergang und die ruhige Stimmung genießen bevor es sehr viel später losging. Während Jan und Michael also noch ihr verdientes Abendessen genossen, baute ich schon meinen Krempel auf, macht ein paar Schnappschüsse und liess mich entspannt im Campingstuhl nieder um den Sonnenuntergang gleichsam zu genießen und festzuhalten.


19 Einzelbilder á 1/4000s ISO 100 f/20 300mm Brennweite EOS 400D


Wir hatten immer noch massig Zeit für Schwätzchen, Equipmenthuldigungen (Michael hatte da einen kreislaufdestabilisierenden Koffer am Start!) und der Abend war es auch wert ein gemeinsames Sumbel (natürlich alkoholfrei!) abzuhalten - gleich vorweg: es half! :D

Danke an Jan für das lustige, perfekt getroffene Bild


So langsam wurde es dann auch "dunkler" und Andreas traf ein. Wir versuchten mit der Barndoor den Kometen in UMa auf den Chip zu bekommen, was aber leider an mehreren Faktoren scheiterte. Zum einen war es schlicht noch viel zu hell, zum zweiten war die Zenitnähe extrem unangenehm zu erreichen mit dem montierten Neiger, einmal mehr wäre hier der Kugelkopf die erste Wahl gewesen. Andererseits wollte ich die kostbare Nacht auch nicht mit Fotoexperimenten vertrödeln. Was ich aber noch mit Freude machen konnte/durfte: Michael gab mir sein Walimex Fisheye! Ich hatte ja bereits im vergangenen Sommer das Fisheyeobjektiv von Ulrich an meiner Kamera und ich finde die Teile einfach genial! Rainer machte uns noch auf einen heute besonders einfach und eindrücklich sichtbaren Merkur am Westhorizont aufmerksam.

Kurz nach Sonnenuntergang - klarer Himmel und freie Horizontsicht!



Am linken Rand die Dämmerung im Nordwesten, am rechten rand die Rheinmainaufhellung im Südosten - Klick für größere Version


Spät aber noch immer nicht bei voller Dunkelheit kam Rainer als letzter an. Spätestens jetzt wollte ich auch anfangen mich wieder dem Teleskop zu widmen! Also Kamera weggepackt und überlegt wo ich denn nun starte. Ich hatte (leider) nichts vorbereitet und liess mich zunächst zu einigen Standardkerzen treiben. An M13 blieb ich kurz hängen, denn auf meiner Karte sind neben der allseits bekannten "Begleit"galaxie NGC 6207 gibt es ein Gesichtsfeld weiter noch zwei weitere Galaxien. Trotz verschiedener Vergrößerungen bis 180-fach blieben sie mir aber verborgen :( NGC 6194 war mit über 14m wohl wirklich einfach nicht drin, NGC 6196 mag ich sogar gesehen haben, denn sie erscheint nur stellar, aber da hatte ich mangels Vorbereitung einer tieferen Detailkarte keine Chance zur Identifikation.

Nun ging es in den bereits in maximaler Höhe stehenden Skorpion. Messier 4 ist natürlich immer erstmal das Objekt für den Start. Völlig übersehen liegt zwischen Messier 4 und Antares der winzige, schwache Kugelsternhaufen NGC 6144, dem ich auch bei 180-fach keine Einzelsterne entlocken konnte, der aber auch mit 11m9 wirklich sehr viel schwächer und vor allem kleiner ist. M 80 war dann der dritte im Bunde und naturgemäß wieder leichter aufzulösen, auch hier war das 6.7mm Okular ideal.

In Lyra beobachtete ich noch zwei Galaxien aus dem letzten Sommer, NGC 6703 und 6702 die zusammen in einem Feld wunderschön anzusehen sind.

Rainer war mein Garant für die Schwächlinge des Abends, wenn auch diesmal zumindest recht bekannt: Die Mäusegalaxien NGC 4676 A und B. Recht schnell sind die verschmelzenden Galaxien wahrnehmbar, beide sind knapp über 14m hell und sehr homogen von der Helligkeit, auch nicht sehr groß. Im ersten Moment ist die Trennung nicht ganz eindeutig gewesen, doch sie zerfallen bei näherer Betrachtung in zwei Komponenten. Wo ich wirklich passen musst ist der lange (mehrere Galaxiendurchmesser) Schweif, die Meinungen gingen hier auseinander, ich sah sie definitiv nicht.

Zu weit fortgeschrittener Stunde fand noch ein sehr sehr aufschlussreicher Okularvergleich statt! Endlich hatten wir das 24mm ES 82° und ein 26mm Nagler in Andreas 12" f/5. Ich kam etwas später hinzu und wollte nicht wissen welches Okular jeweils im OAZ steckte. Als erstes Objekt musste der Komet herhalten, ich wechselte mehrfach (!) in und her, konnte aber keine Entscheidung treffen welches Okular mir besser gefiel, der Augenabstand unterschied sich und auch der Fokus, aber Randschärfe und Brillianz liessen sich unheimlich schwer beurteilen. Rainer regte an ein knalligeres Objekt herzunehmen. Das geschah dann in Form von M51. Nach wiederum einem halben Dutzend Wechseln von beiden Okularen hatte ich einen klaren Favoriten, allerdings wiederum nicht durch die Randschärfe oder das Einblickverhalten bestimmt, sondern durch eine höhere Brillianz der Feldsterne und einem besseren Kontrast - es war das 24mm ES. ABER#1: Beide Faktoren sind der unterschiedlichen AP und Vergrößerung geschuldet ABER#2: Auch wenn das richtig ist, ich empfand es eben an diesem Teleskoptyp unter unseren Bedingungen als die RICHTIGE(re) AP/Vergrößerung ABER#3: Michael stellte fest - und das unterschreibe ich ebenfalls - für Brillenträger ist und bleibt das ES kritisch wegen dem nochmals geringeren Augenabstand. 

Danach ging es nochmal in Vorgriff auf den eigentlich Herbsthimmel, zum Pegasus und Jan und ich beobachteten sowohl NGC 7331 als auch Stephans Quintett, wo ich aber aufgrund des niedrigen Standes und der beschränkten Öffnung nur vier Mitglieder zweifelsfrei sehen konnte.

Gegen halb drei wurde mir dann doch etwas schummerig und vor allem auch erstaunlich kalt, und das obwohl ich neben Shirt und Pullover schon zwei Jacken anhatte ;)

Allgemeine Aufbruchstimmung machte sich breit, nicht zuletzt auch, weil sich im Westen bereits die Dämmerung ankündigte und die Brillianz der Milchstraße bereits anfing zu leiden. Rainer war noch voll im Rausch! Schon vorher hatte ich bei ihm eine sehr sehr schwache, weit entfernte Galaxie (bitte nochmal die Nummer Rainer!) gesehen, relativ grenzwertig - vor allem weil sie nicht sehr definiert war, schwer zu fassen aber reproduzierbar indirekt aufblitzte. So verliessen wir um drei Uhr den geheiligten Rasen und überliessen ihn seinem Schicksal :D

Fazit: Herrlich! Es war definitiv die zweitbeste Nacht dieses Jahr und das will schon was heissen nachdem wir mit so vielen mittelmässigen und unterdurchschnittlichen Nächten zu kämpfen hatten. Hätten wir vor Ort pennen können, wäre ich wohl noch geblieben und hätte mich mit einem Fernglas noch etwas vergnügt. So fuhr ich aber nach Hause und als ich dort um kurz vor vier ankam war der Himmel schon erschreckend hell - das dürfte einer der letztes Nächte gewesen sein wo man eine längere Dunkelheitsphase nutzen kann, ich hoffe natürlich noch auf das nächste Wochenende - dann aber werden sechs Wochen lang nur eingeschränkte Deepskybeobachtungen möglich sein, was ein Treffen zum Plaudern und Sternhaufengucken ja nicht ausschließt ;)

>>Erntedank in der Deepsky Kolchose<<

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