Justage von Newton Teleskopen
Das Thema Justage wird Jeden der sich ein
Spiegelteleskop zulegt früher oder später einholen. Oftmals werden
gerade von Einsteigern gekaufte Newton Teleskope zunächst gar nicht
justiert. Zwar achten viele Händler darauf, dass die Teleskope vor dem
Versand bereits kollimiert (=justiert) sind, aber kaum ein Gerät wird
diese Einstellung über den Transportweg beibehalten.
Immer wieder höre ich wenn es um die Frage nach dem
ersten Teleskop geht:"Aber bitte keinen Newton, den muss man ja ständig
justieren!" - Das ist zwar korrekt, wobei man hier auch zwischen den
einzelnen Geräten unterscheiden muss, aber wenn man sich erstmal mit dem
Thema richtig vertraut gemacht hat und es einige Male geübt hat, wird
es derart in Fleisch und Blut übergehen, dass man kaum mehr darüber
nachdenkt als beim Festziehen der Montierungsschrauben oder anderen
Aufbauschritten. Auch Refraktoren können dejustiert sein, nur hat man
hier oftmals gar keine Möglichkeit zur Kollimation (Justage), in jedem
Fall ist sie nicht wie beim Newton in wenigen Minuten auf dem
nächtlichen Feld zu bewerkstelligen. Tatsache ist: Nur ein gut
justiertes Teleskop zeigt auch gute Bilder! Es lohnt sich immer die Justage zu prüfen und zu korrigeren, der Lohn ist eine oftmals erheblich bessere Abbildung mit scharfen Sternen!
Zur Veranschaulichung der Lichtwege in einem
Newtonteleskop zeige ich hier zunächst nochmal den Strahlengang. Alle
optischen Komponenten müssen exakt aufeinander ausgerichtet sein um eine
saubere Abbildung zu gewährleisten.
Die 4 Schritte der Justage
von den vier Schritten werden uns beim nächtlichen Justieren nach
einem Transport nur zwei begegnen, die ersten beiden sind in aller
Regel nur nach einer Demontage des Fangspiegels und/oder des
Okularauszugs notwendig!
1.) Okularauszug auf Tubus
Dieser erste Justageschritt ist nur nach der Demontage des
Okularauszugs notwenig, insbesondere wenn man den Okularauszug (OAZ)
gegen einen neuen tauscht oder sein Teleskop komplett selber baut ist es
wichtig, dass der Okularauszug völlig gerade sitzt. Dazu markiert man
im Tubus durch Vermessen einfach den exakt dem OAZ Loch
gegenüberliegenden Punkt und setzt einen Laser (Fangspiegeleinheit darf
noch nicht montiert sein!) ein. Je nach Typ des OAZs kann man das z.B.
durch unfüttern mit Unterlegscheiben erreichen. Trifft der Laserpunkt
exakt die Markierung im Tubus ist dieser Justageschritt abgeschlossen.
2.) Fangspiegel auf Okularauszug
Auch dieser Justageschritt ist eher selten durchzuführen, bspw.
wenn man den Fangspiegel (FS) ausgebaut hatte oder er durch
Unachtsamkeit an der zentralen Schraube der Fangspiegeleinheit verdreht
wurde. Für diesen Justageschritt benötigt man andere Justagewerkzeuge
als für die letzten beiden Schritte, ein Laser kann diesen Justage nicht
leisten. Allgemein gängig war lange ein so genanntes Cheshire, vielen
Teleskopen liegt ein einfaches Justierokular bei, dass ebenfalls
tauglich ist. Beim Einblick durch solche Justierhilfen, achtet man auf
den vollständig sichtbaren Fangspiegel. Ist er nicht hundertprozentig
auf den Okularauszug ausgerichtet, erscheint er nicht exakt mittig und
nicht ganz rund. In der linken Grafik muss der FS noch weiter nach unten
versetzt werden damit er mittig im OAZ erscheint.
Bei diesem Justageschritt können in
der Praxis die Spiegelbilder die vom Hauptspiegel hochgeworfen werden
mitunter verwirren, ist man irritiert empfiehlt es sich den Hauptspiegel
einfach mit einem weissen Blatt Papier abzuschatten.
An dieser Stelle will ich ein weiteres
Justagetool vorstellen, dass auch bei diesem Schritt schon wertvoll
Dienste leistet, aber auch die letzten beiden Schritte beherrscht: Das
Concenterokular von Spheretec (dort als Justage Set Newton II
erhältlich). Ich besitze derzeit die von der Generation II verschiedenen
erste Version - es ist praktisch das selbe, nur dass in der ersten
Generation die Justierringscheibe und das Justierokular noch zwei
getrennte Einheiten waren, während die neue Generation alles in einer 2"
Hülse untergebracht ist.
Die Plexiglasscheibe mit den Ringen
erlaubt im Justageschritt 2 intuitiv genau zu erkennen ob der
Fangspiegel rund und mittig zum Okularauszug ist. Bei meiner alten
Version wird die Scheibe von Innen an den 2" Okularauszug gesetzt, das
andere Teil in die 1,25" Reduzierung am OAZ. In der aktuellen Version
ist alles in einem 2" Gehäuse (1,25" ebenfalls erhältlich)
untergebracht, dass einfach wie ein Okular in den OAZ gesteckt wird.
3.) Fangspiegel auf Hauptspiegel
Dieser Schritt gelingt leicht und
schnell mit einem Justierlaser, aber auch mit einem Justierokular á la
dem Concenter ist dieser Schritt einfach zu erledigen. Für die
Laserjustage benötigt der Hauptspiegel einen korrekt sitzenen
Mittenmarkierung, dies ist eigentlich bei allen modernen
Newtonteleskopen der Fall, ein Ring ist in der Mitte des Hauptspiegels
zu sehen. In den folgenden Beispielfotos ist es ein per Schablone auf
den Spiegel meines 4,5" Reiseteleskops angebrachter Punkt.
Der Justierlaser wird in den OAZ
gesteckt, bereits hier scheiden sich die Geister, viele schwören darauf
den Laser nicht zu klemmen damit er nicht verkippt, andererseits wird
das Okular später auch geklemmt und kann somit eher die selbe Neigung
annehmen. Ich justiere meist bei um 45° gekippten Tubus. Ein 1,25"
Laser, der nochmals in einer 1,25" Reduzierung eines 2" Okularauszugs
steckt bietet leider immer wieder Möglichkeiten zur Verkippung, hier
lohnt es sich einen 2" Laser anzuschaffen, die Verkippung durch die
Reduzierung ist somit wenigstens ausgeschaltet.
Schaut man bei aktiviertem Laser in
den Tubus auf den Hauptspiegel muss der Laserpunkt nun exakt in die
Mittenmarkierung des Hauptspiegels (HS) zeigen, das ist hier im ersten
Foto nicht der Fall:
Durch Drehen der Justageschrauben am Fangspiegel wandert der Punkt, er ist nun so genau auf die Mitte auszurichten:
Geschafft - Mit ein bisschen Übung ist seit dem Beginn der Justage vieleicht eine Minute vergangen.
Mit dem Concenterokular gelingt die FS
Justage ebenfalls, man bringt das Bild des Hauptspiegels nun in die
Mitte des Fangspiegels. dass die Spiegelug des Fangspiegels noch nicht
zentrisch im Hauptspiegel sitzt wird in diesem Justageschritt ignoriert,
wichtig ist nur, dass der Hauptspiegel mittig im Fangspiegel zu sehen
ist. Zugegeben, die ersten Male werden einen die vielen miteinander
korrospondierenden Spiegelungen etwas verwirren, man muss sich einfach
immer klar machen, welche Komponenten im jeweiligen Schritt wichtig sind
und die anderen ignorieren.
Links sitzte der Hauptspiegel (weiss) noch nicht in der Mitte des Fangspiegels...
4.) Hauptpiegel auf Fangspiegel
Wir nähern uns dem Ende unserer
Justage, nun gilt es den Hauptspiegel auf den Fangspiegel auszurichten,
dies geschieht mit den Justageschrauben am hinteren Tubusende.
Grundsätzlich ist es sehr angenehm, diesen Justageschritt ohne Werkzeug
auszuführen, manche Teleskope haben bereits von Werk aus Rändelschrauben
oder Muttern die das werkzeuglose Justieren ermöglichen, für wenige
Euro kann man das auch aus dem Baumarkt nachrüsten, bei zölligen
Schrauben muss man wohl einen Internetversand bemühen.
Mit dem Laser ist dieser Schritt
wieder am schnellsten, vor allem aber am komfortabelsten zu lösen. Der
Laser verfügt über eine um 45° gekippte Scheibe, wo der Laserpunkt
seinen Weg vom Laser über Fangspiegel zum Hauptspiegel, zurück zum
Fangspiegel und weiter zurück in den OAZ, beendet. Dieser Laserpunkt
muss nun exakt in seinem Ursprung (das Loch in der Mitte der Scheibe des
Lasers, dahinter sitzt die Laserquelle) finden.
Hier befindet sich der Laserpunkt noch
nicht im Ursprung, durch Drehen der Justageschrauben am Hauptspiegel
muss dieser Laserpunkt nun "eingelocht" werden ;)
Verschwindet der Laserpunkt in seinem
Ursprung bleibt nur ein diffuses Leuchten um das Loch herum. Nun kann es
aber bei extremer Dejustage durchaus sein, dass der Laserpunkt nicht
einmal seinen Weg zurück in den OAZ findet und somit gar nicht auf der
Scheibe zu sehen ist, hier hilft nur im Tubus nach dem Laserpunkt in der
Nähe des OAZ zu suchen und ihn erstmal in den OAZ zu bringen bevor man
die Feinjustage an der Laserscheibe machen kann. Sofern sich Raucher im
Mitbeobachtervolk finden, kann ein dezenter Hauch in den Strahlengang
hier Aufschluss geben, aber ich ermuntere ausdrücklich niemanden dazu ;)
Im Concenterokular ist dieser letzte
Schritt ebenfalls gut zu vollziehen, allerdings ist er gerade bei
grösseren Newtons weniger komfortabel, denn während man beim Laser die
Scheibe auch vom unteren Ende des Tubus aus sieht und das Wandern des
Punktes beobachten kann, haben die wenigsten Menschen so lange Arme um
einen 8 oder 12"er während dem Einblick am Hauptspiegel zu justieren.
Hilfreich ist hier aber eine zweite Person! Zu sehen ist nun das rechte
Bild im oberen Abschnitt 3.) Nun gilt es die FS Spiegelung auf dem
Hauptspiegel in die Mitte zu bekommen.
Sonstiges
Was bei der Laserjustage ebenfalls nicht berücksichtig wird ist
der vielen mysteriös erscheinende "Offset" - Bei Teleskopen mit
schnellen Öffnungsverhältnissen (f/5 und schneller) muss der Fangspiegel
etwas vom OAZ weg versetzt werden um eine volle Ausleuchtung zu
erreichen (natürlich auch abhängig von der Grösse des Fangspiegels. Die
geometrische Mitte des Fangspiegels ist in diesem Fall also nicht gleich
der Mitte des Strahlengangs, wird der Offset hier nicht berücksichtigt,
verliert man einige Millimeter an Ausleuchtung am Rand. Das Spheretec
Concenter berücksichtig das bei der Justage automatisch, man kann seinen
Offset aber beispielsweise auch durch ein Programm wie "MyNewt"
(Freeware) ausrechnen lassen und den Spiegel entsprechend auf die
Fangspiegelhalterung kleben.
Neben den hier erwähnten Kollimationshilfen gibt es noch eine
Vielzahl an anderen Instrumenten. So kann als einfachstes Justierokular
bereits eine (schwarze) Filmdose dienen, hier wird einfach ein sehr
kleines Loch exakt mittig gebohrt um einen zentrierten Einblick auf die
optischen Komponenten zu erhalten. Weitere Spezialkollimierer sind ein
"barlowed" Laser an den zusätzlich noch eine Barlowlinse adpatiert wird
oder der sehr teure GMK, der eine gänzlich andere aber sehr genaue
Justage mit vielen verschiedenen Teleskoptypen ermöglicht...
Persönliche halte ich die Kombination aus Laser und Concenter für
besonders praxistauglich (Feldeinsatz) und auch vom Preis/Leistungs
Verhältnis her ideal.
Fazit:
- Eine saubere Justage steigert die Leistungsfähigkeit des Teleskops enorm - unjustiert beobachtet man mit "angezogener Handbremse"!
- Die Justageschritte sind exakt in dieser Reihenfolge durchzuführen!
- Justage gelingt nach etwas Übung wesentlich schneller als der Aufbau des Teleskops!
- Laser können den Justageschritt 2 (FS auf OAZ) nicht leisten (Ausnahme: Markerung auf dem Fangspiegel)
- Laser mit Sorgfalt behandeln, harte Schläge können ihn selbst dejustieren, dann muss er selbst justiert werden!
- Viel Spass mit feinsten Sternabbildungen ;)
Ich habe mich am Ende auch noch durchgerungen, ein kleines künstlerisch arg holpriges Video zum Thema Justage zu drehen... Man sei gnädig aber vieleicht macht es den ein oder anderen Schritt nochmal verständlicher.
© 2010 Benny Hartmann
Die Newton Justage from Benny Hartmann on Vimeo.
© 2010 Benny Hartmann
Ich habe schon viele Anleitungen zur Newton Justage gelesen, aber diese ist wirklich die einzigste die echt gut kapiere.
AntwortenLöschenDanke!