12" f/5 Gitterrohrdobson "Hypatia"
Ich
habe einige Zeit nachgedacht, ob für dieses Gerät ein
Selbstbaubericht gerechtfertigt ist, immerhin ist es ein weitestgehend
montiertes Martinibausatzgerät und kein wirklicher Selbstbau, aber
die langen Wochen die ich gebraucht habe bis zum Firstlight und der ein
oder andere Schweisstropfen auf dem Weg zum fertigen Teleskop haben
mich dann doch überzeugt.
Im
Februar konnte ich mein teilmontiertes Martinigerät
persönlich auf dem ATH in Hückelhoven in Empfang nehmen,
fantastisch - das Schleppen des Volltubus Galaxy soll nun also bald ein
Ende haben. Seit gut vier Monaten liegt er zu diesem Zeitpunkt schon
zerlegt im Keller, nur mein 4" Richfieldteleskop rettete mich
über den Winter, der aber ohnehin derart schlecht war, dass sich
kaum Gelegenheit zur Reue zeigte...
Das
Teleskop liegt in seiner Rohform zwischen den bei Dieter Martini
angebotenen Bausätzen und den komplett fertigen Geräten.
Sowohl der Hut als auch die Spiegel- und Rockerbox sind bereits
zusammengebaut/geleimt. Bohrungen für Höhenräder, OAZ
u.ä. sind aber noch nicht vorhanden, die Höhenräder und
Stangen liegen bei. Der erste Schritt ist natürlich die
Vorbehandlung des Holzes, schliesslich soll er am Schluss ja auch
ordentlich gegen Nässe geschützt sein und abgerundete Ecken
sind ästhetisch auch wünschenswert. So sieht die Spiegelbox
(und alle anderen Teile) vor dem ersten Schleifgang aus:
In
mehreren Schleifgängen (ca. 180/300/800) werden alle Teile
schön glatt und rund abgeschliffen, für die Rundungen der
Kanten benutze ich einen Schleifklotz (unidealerweise war es eine
kleine Tupperdose...). Nach einigen schweisstreibenden Nachmittagen sah
es schon erheblich besser aus und vor allem war das Anfassen ein wahrer
Genuss
Auf
der Suche nach einem geeigneten Lack wurde ich im Baumarkt fündig,
es handelt sich dabei um einen "Nanotech" Schutzlack für stark
witterungsbeanspruchte Aussenhölzer (z.B. Türläden oder
Holzverkleidungen auf der Wetterseite eines Hauses). Was mir sehr daran
gefällt: Vor dem Verarbeiten ist der Lack ein Gelee, der sich erst
während des Auftragens verflüssigt, Sauerei ist damit
weitestgehend zu verhindern. Nach jeweils 24h gibt es eine zweite
Schicht - sicher ist sicher. Nach 2 Tagen erkläre ich die Teile
für trocken - zunächst mal fühlt sich das ganze im
vergleich zum hochglatten Holz sehr enttäuschend an :( Jan schubst
mich auf die Technik des Nassschleifens. Mit 1200er Schleifpapier und
Wasser geht es jetzt über den Lack und siehe da, nach kurzem
Schleifen wird die Oberfläche nicht nur angenehm glatt sondern
sogar richtig glänzend :)
Stangen in der Spiegelbox
Die Stangenklemmung am Hut
In ganzer Pracht aber noch ohne OAZ oder Höhenräder...
Jetzt
macht er schon richtig was her - aber ausser für den Wetterschutz
und die Ästhetik hat sich bis dato noch nichts getan! Zusammen mit
meinem Vater mache ich mich an die Höhenräder. Nach Vorgabe
setzen wir 4cm hohe Holzblöcke in die Rockerbox und stellen die
Spiegelkiste hinein, nun werden die Höhenräderlöcher
gebohrt und montiert, nun lässt er sich zum ersten Mal Schwenken
und das tut er auch schon ganz smooth :)
Der
OAZ wird genau eingepasst und montiert, jetzt sieht er zusammengebaut
schon richtig einsatzbereit aus, mittlerweile ist es April und auch
langsam Zeit, dass ich wieder ein einsatzfähiges Teleskop habe,
doch hier warten noch einige Stolpersteine! Der Fangspiegel wird mit
dem etwas teureren Silikon aus dem Baumarkt auf die FS Halterung
geklebt, der Offset ist dabei schon berücksichtigt. Nun bleibt ja
eigentlich nur noch die Verpflanzung des Hauptspiegels und dem
Beobachten steht nichts mehr im Wege! -.- Weit gefehlt...
Der
Galaxyspiegel ist tatsächlich an 9 Punkten mit der Zelle verklebt
(!), die ganze Konstruktion ist dazu auch noch derat verwinkelt gebaut,
dass man von keiner Seite richtig zwischen Zelle und Spiegel kommt...
Radikale Massnahmen müssen her, ein altes Teppichmesser wird
erhitzt und tatsächlich, die Klebepunkte strecken die Waffen :)
Jetzt bekommt der Spiegel erstmal seine rituelle Waschung mit
Spüliwasser und Aq.dest. aber die leider mittlerweile bekannten
"Dreckkörner" weichen nicht :( Ich persönlich glaube, es
handelt sich um über die Jahre festgebackene Pollen o.ä.
Selbst eine sanfte Hand/Spüli Massage und das Einweichen mit
Optical Wonder können hier rein gar nichts bewirken. Ich
tröste mich mit dem Gedanken, dass eine durschnittlich
verschmutzter Spiegel auch gute Leistung bringt und mir als letztes
Mittel eines Tages noch die Neubelegung offen steht.
Der
nächste Schock lässt nur wenige Tage auf sich warten... Der
Spiegel passt beim besten Willen nicht in die Spiegelzelle :O!!!
Tatsächlich fehlen hier gut 2mm die ich an einem sehr
schweisstreibenden Nachmittag händisch runterschrubbe, bis der
Spiegel endlich in sein neues Heim gleiten kann.
Der Bösewicht - Die Spiegelzelle
Jetzt
aber, da dieses Problem auch noch gelöst ist, will mir kein Grund
mehr einfallen nicht gleich loszulegen :) -.- ich bin einfach nicht
kreativ genug um mir Probleme wie die folgenden vorzustellen - Auf den
allerersten Blick merke ich schon: EXTREME HECKlastigkeit - das ist auf
den ersten Blick verwunderlich, kämpfen doch fast alle Selbstbauer
mit dem genauen Gegenteil: Einem zu schweren Hut. Nun ist das
Gerät (ausser der Spiegelzelle) aber normalerweise für 25mm
"Pizza"Spiegel gerechnet, mein elend schwerer 50mm Galaxyspiegel ist
einfach zu dick und zieht stark nach unten. Spasseshalber ermittele ich
wieviel Gewicht ich am Hut brauchte: Satte 3kg :D Aber das ist
natürlich keine Option, die Höhenräder müssen wohl
oder übel nochmals versetzt werden - Nun denn das Firstlight soll
er aber trotzdem bekommen. Im Garten wird ein weiter entferntes
Hausdach angepeilt - Seltsam, keine Chance das mit dem 32mm Okular
scharf zu bekommen, ich sehe sogar mit volleingefahrenem OAZ den FS als
unscharfen Schatten - okay das ist so ungewöhnlich am Tage nicht
und das Dach ist vieleicht einfach zu nah. Mit dem 22mm LVW komme ich
ganz knapp in den Fokus, mit dem 14mm Speers natürlich nicht, ist
es doch eines der intrafokalkritischsten überhaupt... Später
am Abend - das viel zu nahe Hausdach ist längst vergessen - der
Mond soll mir nun zeigen wo in Sachen Fokus der Hammer hängt -
Lange Gesichter... Keine Chance intrafokal auch mit dem sonst eher
extrafokalkritischen LVW ein scharfes Bild zu bekommen - Die Stangen
sind entschieden zu lang. In meinem jugendlichen Leichtsinn höre
ich mich sagen:"Gut da müssen sicher so 2-3cm runter...
Der
Dobson wandert ob dieser ersten Enttäuschung und enormen
Zeitmangel für die nächsten Wochen im Bastelraum meines
Vaters... Im Juni wird er schon leicht nervös, wie lange denn das
Gerät da noch etwa stehen würde - nun ich weiss immer noch
nicht wie weit die Stangen runtermüssen aber kann ja so schwer
nicht sein, das herauszufinden. Ich entschliesse mich zum Praxistest -
Eigentlich wollte ich es am Mond ausprobieren, aber der zeigte sich nie
zu den Zeiten, zu denen ich Zeit zum basteln hatte. Nun sind Wolken ja
oft auch etwas weiter weg und so mussten eben diese herhalten ;) Der
OAZ wurde abgebaut und das Okular einfach so nah an den FS
herangeführt bist sich ein scharfes Bild zeigte - Erstaunen!: Die
Hülse vom 14mm Speers (als intrafokalkritischstes Okular als
Präzedensfall ausgewählt) war komplett im OAZ Brett versenkt!
Ein Lineal später wusste ich, das hier fast 90mm Fokusweg fehlen...
Nachdem
Jan bereits lange kopfschüttelnd mein mühsames und langsames
Problemlösungsverhalten beobachtet und mich auch schon öfter
eingeladen hatte mit dem ganzen Krempel einfach bei ihm vorzufahren,
belästigte ich ihn kurzer Hand (kann man nach vier Monaten noch
von kurz reden?) und fand einen ganzen Nachmittag und Abend Herberge
auf dem Jan'schen Gehöft :D Jetzt war der Praktiker am Werk! Nach
telefonischer Rücksprache mit Jörn, der bei der
Schwerpunktermittlung den letzten Knoten im Gehirn löste, gab es
vier schöne neue Löcher für die Höhenräder und
die Stangen wurden von Meister Jan persönlich gekürzt... Bei
beiden Aufgaben, hat er mit Zollstock, Augemass und auch einer Portion
Mut einfach zwei Werte als richtig angesetzt und
drauflosgesäbelt.... Bei der Schwerpunktermittlung spendierte er
auch noch das fast 1kg schwere 28mm UWAN um sicher zu gehen, dass da
auch solche Kavenzmänner nicht zum Kopfnicker werden.
Der
erste Test im Hof - Da war sie: Die ERLÖSUNG! :D Der Fokus sitzt
perfekt, ich habe nun sogar beim 14mm Speers noch etwas Luft nach Innen
und nach Aussen komme ich ebenfalls mit allen Okularen in den Fokus,
Hecklastigkeit gehört der Vergangenheit an, und egal welches
Okular: Der Dobson bleibt genauso stehen wie er soll - Endlich konnte
ich mich in das Gerät wieder verlieben und nach einem kurzen
Firstlight am hellen Junihimmel bekam meine "Hypatia" ihre schon vor
Monaten angefertigten Edelstahlplakette auf den Hintern :)
Erster Fokustest - Die Höhenräder sind noch nicht versetzt
Nach allen bestandenen Tests, durfte dann auch das "Typenschild" Platz nehmen
Hypatia in ihrer natürlichen Umgebung ;)
Meinen
tiefen Respekt vor allen Selbstbauern, die ausser den kleinen
Problemchen mit denen ich zu kämpfen hatte, auch noch RICHTIGE
Probleme beim Komplettselbstbau haben :D
Sehr aufschlussreich und humoristisch auch der Baubericht aus Sicht von Jan, ohne den ich das Teil niemals zufriedenstellend zusammengebastelt bekommen hätte ;)
Höhe Boden bis Oberkante Spiegelbox: 510 mm
Höhe Oberkante Spiegelbox bis Unterkante Hut: 885 mm
Höhe Unterkante Hut bis Oberkante Hut: 225 mm
Gesamthöhe: 1620 mm
Gewicht Rockerbox + Spiegelbox: 16,2 kg
Gewicht Stangen: 0,9 kg
Gewicht Hut ink. Telrad, OAZ, ÜOku: 2,8 kg
Gesamtgewicht: 19,9 kg
Höhe Boden bis Oberkante Spiegelbox: 510 mm
Höhe Oberkante Spiegelbox bis Unterkante Hut: 885 mm
Höhe Unterkante Hut bis Oberkante Hut: 225 mm
Gesamthöhe: 1620 mm
Gewicht Rockerbox + Spiegelbox: 16,2 kg
Gewicht Stangen: 0,9 kg
Gewicht Hut ink. Telrad, OAZ, ÜOku: 2,8 kg
Gesamtgewicht: 19,9 kg
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