Freitag, 2. August 2013

BB vom 01.08.2013

Ort: Hügelkuppe
Zeit: 21:30 Uhr bis ca. 2:50 Uhr
Wetter: Klar, keine Cirren, fast keinerlei Dunst, sehr trocken
fst 6m2(+)

Nach dem gestrigen Firstlight war der Himmel heute den ganzen Tag über schon stahlblau, Jan hochmotiviert und damit die Entscheidung heute eine längere Nacht unter dem Sternenhimmel zu verbringen schnell getroffen.

Meine beiden inzwischen nicht mehr so Kleinen wollten mal BEIDE mit, hat mich sehr gefreut, denn gerade der Sohnemann hat da bisher eher wenig Interesse und Geduld bewiesen ;) Auf der Hinfahrt konnten wir schon einen fantastischen Sonnenuntergang über den sanften Hügeln des Rheingau-Taunus-Gebirges erleben. 



Jan war bereits am Platz und so konnten wir gleich mit dem Aufbau beginnen. Was ich an diesem Platz beim letzten Mal schon so fasznierend fand hat sich heute bei WIRKLICHEN klaren Bedingungen stark bestätigt, die fast rundum vorhandene freie Sicht bis zum Horiziont finde ich einfach genial, und zu fortgeschrittener Stunde, auf der Isomatte liegend gibt es in so einer Umgebung wohl nichts auf der Welt, was dem Gefühl im All zu schweben näher kommt! Die wunderschöne Stille, die mir beim ersten nächtlichen Besuch hier so auffiel war erst nacht Mitternacht spürbar, als die Erntemaschinen daheim und die Kinder im Tiefschlaf waren... Etwas kürzer war zum Glück die Jagd auf die penetranten Blutsauger, die uns dort oben in Empfang genommen haben, Jan verteilte generös Antimückenspray, das anscheinend mit Pheromonen für eben DIESE Mückenart versetzt wurde, denn dann gings erst richtig los :D Irgendwann entschlossen sie sich, daß Jan wohl das schmackhafteste Opfer ist, bei fortschreitender Dämmerung zogen sie sich dann aber zum Glück zurück...



Wirklich etwas vorbereitet habe ich nicht, mir ging es heute ums Geniessen und der wechselnden Beobachtung mit 12" und 5". Dank Jan war die meiste Zeit ein 32er Plössl im OAZ, was bekanntlich das maximal mögliche Feld an einem 1,25" OAZ bietet. 

Den Start markierten ein paar Stimmungsfotos während wir langsam die Dämmerung verschwinden sahen, wir haben inzwischen doch wieder ECHTE Dunkelheit, der Unterschied ist wie immer bemerkenswert. Ich wiederholte zunächst noch ein paar Beobachtungen der letzten Nacht mit dem Heritage, der nochmals bessere Himmel und das 32mm Okular liessen mich auch wieder breit Grinsen. Mein Sohnemann war endlich etwas zur Ruhe gekommen und war echt begeistert mit dem Fergnlas auf der Matratze durch die Milchstrasse im Zenit zu surfen. Meine Tocher war am Anfang noch mit dem 12er unterwegs aber dann doch "zeitig" eingeschlafen...

Die ganzen Standards zu erwähnen würde sicher langweilen, ich kann nur meine ersten Überlegungen was den 130er angeht voll bestätigen: Das Teleskop hat eine tolle Leistung, M81 und 82 knapp in einem Feld, Cirrus und NGC 7000 ohne Filter, wobei ich heute auch mal den [OIII] einfach vor den OAZ gehalten habe (ist ja zum Glück alles offen), fantastisch! Dabei kam in mir übrigens der Wunsch nach einem Filterschieber auf - Man schaut sich die Knochenhand (Cirrus) an und sagt sich: joa da ist er schwach aber er ist da, dann fix den Filter reingeschoben und er ploppt detailreich hervor, noch spannender aber: Man zieht den Filter langsam wieder weg und - huch der detailierte Nebel bleibt fast stehen! Das Auge klammert sich eben an die mit Filter ausgemachten Strukturen und kann sie bei Wegziehen weiter halten wenn man den Blick zum Filterwechsel nicht vom Okular nehmen muss. Den Nordamerikanebel konnte ich bei meinen "EVAs" auf der Matratze übrigens auch schon beeindruckend (!) im 8x40 Fernglas betrachten, der Himmel war schon merklich über unseren Durchschnittsbedingungen, zumal es auch knochentrocken war, kein Tropfen Tau auf Geräten, Gras oder Okularen - auch nicht nach fünf Stunden. 

Schwan - 30s Einzelbild ISO 1600 18mm


Südliche Milchstraße - selbe Einstellungen


Was mir heute auch auffiel: an unserem Stammplatz sehen wir nur eine mal mehr mal weniger hohe und starke Aufhellung gen Südosten, hier sind die beiden Ballungszentren Wiesbaden und Frankfurt gut von einander zu unterscheiden, die Lichtglocken sind visuell etwa 7-10° hoch, exakt im Süden sind sie nicht mehr vorhanden, bei dieser trockenen Luft fand ich sie nicht störend.

Nachdem ich auch noch M33 und einige Objekte in der südlichen Milchstrasse mit dem Heritage schön beobachten konnte - hier war der Wildentenhaufen und das Surfen durch die südlichen Gasnebel einfach genial mit dem Kleinen - versuchte ich wenigstens ein neues Objekt, dass ich noch im Hinterkopf hatte und mit dem Triatlas identifizieren konnte, zu beobachten. Ein Kugelsternhaufen, über den ich mal bei meinen Planungen zu einer ausgedehnten GC-Tour durch Ophiochus, Schütze und angrenzende Sternbilder gestolpert bin: Palomar 9! Zugegeben, er ist einer der helleren dieses exotischen Kugelsternhaufenkatalogs, und er ist einer der beiden einzigen die bereits vor der Erstellung der POSS-Platten bekannt waren. Der Witz ist bei Pal9 nicht nur die hohe Helligkeit von 9m3 sondern auch, dass dieser kleine Kugelsternhaufen fast direkt an einem relativen hellen Stern im Schützen klebt - namentlich 35 Sagittarii der mit 6m sogar fast noch direkt angepeilt werden kann (etwas schwierig wegen des niedrigen Standes über dem Horizont) aber auch so in kürzester Zeit im Okular steht. Bei 68-fach war der kleine Klecks im 12"er bereits sofort auszumachem, ein genialer Anblick diese nahestehenden Objekte. Später sollte sogar der Heritage bei 65-fach Pal9 problemlos zeigen, er wurde natürlich gleich geadelt :D

Jan hatte derweil ein anderes sehr schönes Objekt aufgesucht, dass ich auch noch nicht kannte, der "Blue Oyster Nebula" NGC 1501, der über den recht prominenten Sternhaufen NGC 1502 recht einfach aufgefunden werden kann. Sehr schönes Objekt, muss ich bei Gelegenheit nochmal in Ruhe im 12er bei hoher Vergrößerung rangehen, bei diesem ersten Blick war er bereits als erstaunlich heller ovaler Nebelfleck auszumachen, Details kamen bei mir in der kurzen Zeit erstmal keine an.

Unter anderem ging ich zu später Stunde nochmal auf die Jagd nach einigen Objekte die ich zwar schon kannte aber seit etlichen Jahren nicht mehr im Okular hatte, darunter M76, der kleine Hantelnebel, der zwar das schwächste Objekt des Messierkatalogs ist, aber durchaus sehr hohe Vergrößerungen zulässt, so zeigte der PN bei etwa 190-fach sehr schön seine erdnussartige Form und erste Unregelmäßigkeiten in den Aussenbereichen, die meiner Erinnerung nach die ersten Ansätze der äusseren Schale sind. 

Auch der Fetus-Nebula 7008 war endlich mal wieder dran. Ein neuer Kugelsternhaufen der mich schon öfter genarrt hat und wirklich nicht gerade eine Leuchte ist fiel mir heute auch noch zum Opfer: NGC 7006, egal bei welcher Vergrößerung so wirklich auflösen wollte sich dieser Haufen nicht, mit 10m6 ist er aber sogar noch schwächer als der Palomarhaufen.



Inzwischen krochen bereits die Plejaden über den Waldrand, Ehrensache sie mindestens im Fernglas und im 5"er schon mal anzupeilen, das erste Mal in dieser Saison :) Die Zeit flog an diesem schönen Abend wirklich nur so dahin, ich hatte glaube insgesamt nur ein einziges Mal auf die Uhr geschaut und plötzlich war es schon halb drei und eine neue Aufhellung im Osten, entpuppte sich als spitze Mondsichel, die sich mit erhabener Geschwindigkeit den Weg durch den Wald bahnte, bis wir mit dem Abbau fertig waren, war sie samt sehr schönem aschfahlen Erdschein vollständig am Himmel, die Plejaden bereits in beachtlicher Höhe über dem Horizont.

Es blieb dabei - eine wunderschöne, ruhige Nacht, die von der Qualität her dieses Jahr noch nicht erreicht wurde, obwohl ich meine Müdigkeit wirklich nicht mehr verbergen konnte und am Ende sogar noch eine bescheuerte Rändelmutter verloren habe, war es schade die Nacht nicht noch verlängern zu können. Jetzt muss ich nur mal dringend unter der Couch nachschauen, ob sich da nicht noch eine Stunde Schlaf versteckt, für den Fall, dass das Wetter mal wieder genauso weitergeht ;)

an hat auch einige sehr sehr schön Fotos gemacht, eins hänge ich nochmal hier an, die anderen soll er mal in Ruhe sichten und bearbeiten.



>>Von Mücken, großen und kleinen Spiegeln und einem Palomar Cluster<<

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