Sonntag, 11. August 2013

Bericht vom 6. HUTT in Perscheid 08.-11.08.2013


Datum: 09-11.08.2013
Ort: Perscheid im Hunsrück

Bericht vom Hunsrücker Teleskoptreffen 2013

Die ersten Zeilen dieses Berichts schreibe ich noch gemütlich vor meinem Zelt sitzend in der Nachmittagssonne, sonst sind die Erinnerung an den fantastischen Abend und die lange Nacht dahin bis ich wieder zu Hause bin. Gegen 16 Uhr traf ich im beschaulichen Perscheid ein, vor der großen Begrüßungsrunde war natürlich erst das Zelt und das Equipment aufzubauen, dank Wurfzelt kein großer Akt. Für die Hinfahrt brauchte ich um die anderthalb Stunden, aber wir fuhren auch die romantische Strecke am Rhein entlang und schraubten uns dann ab Bacharach in die Höhe in Richtung Perscheid.


Der Hauptaspekt eines Teleskoptreffens, insbesondere eines kleineren im familiären Rahmen ist natürlich das Kennenlernen von Sternfreunden und das Treffen von alten Bekannten, die ich stellenweise schon seit einigen Jahren nicht mehr gesehen hatte, allein für die vielen netten Kontakte und Gespräche hätte sich die Anreise schon gelohnt! Vielen Dank an dieser Stelle an alle, die dort waren und dazu beigetragen haben, das Treffen wirklich zu einem einmaligen Erlebnis zu machen.



Und hier noch zwei schöne Bilder von Claudia und Bernd, danke fürs Schicken!


Benny & Bernd - endlich ein persönliches Treffen






Während mein Sohnemann die Lust am Zelten schnell verging und doch lieber die Nacht beim zum Glück heraneilenden Opa zu verbringen war meine Kleine Feuer und Flamme, sicher auch weil sie sich schnell mit den Töchtern von Jörn und Markus angefreundet hat, ein tolles Erlebnis auch für sie... Nach einem mehr oder minder schmackhaften Abendessen (Dosenfraß) und vielen guten Gesprächen widmeten wir uns dann geschlossen dem langsam aufreissenden Sternhimmel. Zunächst galt es einige Geräte zu justieren (vor allem Armin und Andreas waren am Dauerkollimieren), dann ging an diesem Abend auch noch Jans ETX an seinen neuen Besitzer und wir verbrachten einige Zeit mit dem Aufstellen und Einstellen, ist auch bei mir schon etliche Jahre her, aber langsam kamen mir die Arbeitsschritte wieder und nach einiger Zeit schnurrte das ETX in bekannter Lautstärke sauber über den Himmel.




Einem Fast-Einsteiger führten Armin und ich in aller Ruhe die Vorzüge eines (in diesem Fall meines) 12“ Dobsons vor, die Begeisterung die da langsam heranreifte stieg im Prinzip parallel zur Grenzgröße an, der Himmel war in der ersten Nachthälfte sehr wechselnd bewölkt, stellenweise ging GAR nichts, dann war die Hälfte des Himmels wieder knackenklar. Bis dato hatte ich nur einige Standardobjekte angefahren, wir mussten eben das beobachten was gerade frei war ;)


Und wo wir gerade bei den beiden sind, hier ein schönes Foto, dass mir die Beiden noch für den Bericht zur Verfügung gestellt haben.



Eindrücklich war auch die Beobachtung von Neptun im 10“ Schiefspiegler! Kurioserweise war es vor etlichen Jahren genau DIESES Gerät in dem ich den Planten auf dem ATB das erste Mal gesehen habe :)

Während wir uns gerade unterhielten, passierte möglicherweise DAS Highlight schlechthin, aus dem Augenwinkel wurde es plötzlich gleissend hell – Gewitter? - schoss mir in einer Millisekunde durch Kopf, zum Glück ging mein Kopf auch direkt nach oben, in die richtige Richtung (Cas/Per) sah ich glücklicherweise schon und so sah ich den wohl beeindruckendsten Boliden, den ich jemals gesehen habe! Er wurde dann auch erst RICHTIG hell, giftgrün und tauchte den Platz, den Wald und mehr als den halben Himmel in ein gespenstisches Licht, so schnell wie er kam verglühte er auch, ein Zerbröckeln konnten wir nicht ausmachen, trotz seiner gleissenden Helligkeit, die ich gar nicht in Magnituden ausdrücken kann (eher Vollmond denn irgendein helles Gestirn!), war seine Spur nicht lange, nur langsam. Ein vielstimmiger Aufschrei begleitete dieses beeindruckende Schauspiel. Ein weiterer Glücksfall war die Tatsache, dass ich bereits seit über einer Stunde meine EOS mit Ulis Fischeyeobjektiv auf Dauerfeuer 30 Sekunden Aufnahmen machte, so war der Bolide dann auch wirklich perfekt eingefangen!

NACHTRAG: Dank Micha (Winnie) konnte der Bolide jetzt als Kappa-Cygnide eingeordnet werden, vor allem Radiant und die niedrige Geschwindigkeit wären typisch, wobei die Helligkeit schon ein starker Ausreisser nach oben ist.


Und noch ein ca. 90% Ausschnitt des Boliden

Je weiter die Nacht voranschritt, desto weniger wurde die Bewölkung und nach ein Uhr war der Himmel dann komplett frei und ordentlich dunkel, Nils maß einen Mittelwert von 21,33 mag/arcsec² und wir lagen ein gutes Stück jenseits der 6m3! So waren denn auch etliche Objekte genial zu sehen. Mit Nils besuchte ich nochmals das Galaxienpäärchen in der Leier. Doch damit nicht genug, zum ersten Mal habe ich mich getraut durch einen 18“er zu schauen, das habe ich bisher wohlweislich vermieden – zu Recht! Dieser Anblick macht einen erst sehr aufgeregt und dann seeeehr nachdenklich :D Auch an dieser stelle ein herzliches Dankeschön an Uta und Wolfgang, denen ich an diesem Abend noch viele unglaublich Anblicke bekannter Objekte mit diesem beneidenswertene Teleskop verdanke! So wünschte ich mir Stephans Quintett, dass einen mit 18“ recht einfach anspringen, aber schon NGC 7331 mit ihren etlichen Begleitern war ein wahrer Genuß. Später wurde auch noch die aktuelle Supernova und M74 beobachtete (die ich auch im 12er noch gut sehen konnte) und ein echter foto-like M33 mit allen Spiralarmen und auffälligen Knoten war noch eines der Highlights. Auch die Lyragalaxien sahen wir in diesem Gerät.

Strichspuren des Rohmaterials für das Zeitraffervideo



Einen Zwischenstopp legte ich auch noch bei Christian und seiner neuen „Liegestuhl-Bino-Montierung“ ein. Die lässt sich wirklich leicht verstelllen, bleibt eigentlich nur noch ein Drehteller unter dem Stuhl zu montieren und mann kann völlig entspannt ohne aufzustehen über den Himmel sausen.

Etwas später konnte ich bei Toni im 16“er sogar noch eine zweite Supernova beobachten SN2013dy in NGC 7250 – zwei Supernovae in einer Nacht ist auch eher ungewöhnlich, einfach klasse :D Irgendwann nach einer Nacht die zwar wirklich lang war aber andererseits auch wie im Flug verging kroch ich dann doch ziemlich müde gegen 4 Uhr ins Zelt. Es hatte zwar etwas gedauert aber in der zweiten Nachthälfte konnte man die Bedingungen durchaus als genial bezeichnen, dazu ging fast durchgehend ein leichter Wind, der später zwar etwas frösteln lies, aber auch jeden Tau verhinderte.

 

6. HUTT Perscheid/Hunsrück 09.-11.08.2013 from Benny Hartmann on Vimeo.

Der nächste Morgen kam zwar um 7:30 Uhr unbarmherzig früh, dafür aber warm und sonnig. Die friedliche Stimmung über dem zum allergrößten Teil noch schlummernden Platz nutze ich um ein paar Video-Eindrücke zu sammeln.

Obwoh ich eigentlich nur einen „One-night-stand“ geplant hatte, hat es dann doch noch geklappt eine zweite Nacht dranzuhängen! Meine Frau und mein Sohn wurden also „kurzerhand“ (es waren schon ein paar stressige Stunden bis ich wieder in Perscheid war) abgeholt, nebst größerem Zelt. Zwar war Sohnemann wie immer arg unentschlosen ob er jetzt Spaß haben sollte oder lieber dauermaulen angesagt war, spätestens als die Mädels ihn zum Küchendienst und Kaffekochen eingespannt haben fand er es dann aber doch ganz nett ;)

Das abendliche Grillen war wieder eine schöne gesellige Runde und auch die nichtübernachtenden Besucher vom Vortag (Armin, Markus und Björn mit Familie und Anhang) waren wieder zu uns gestossen. Das Wetter war ein paar Grad kühler als am Vortag und auch der Wind hatte ganz schln aufgefrischt, trocken blieb es aber dennoch und der klaren Himmel zeigte sich heute schon bedeutend früher und lies erste Beobachtungen zu. Zwar zogen im Laufe der Nacht auch immer wieder größere Wolken durch, aber lange mussten wir eigentlich nie warten bis es weitergehen konnte. Ehrlich gesagt war ich aber auch noch ziemlich platt von der vorherigen wirklich langen Nacht und so war das eigentliche Beobachten eher zweitrangig und der nächtliche Stuhlkreis mit lustigen und interessanten Gesprächen das Highlight der Nacht. Die Kälte war sicher auch müdigkeitsbedingt etwas nagend und umgekehrt die Müdigkeit der Kühle geschuldet aber um viertel vor zwo zog es mich dann doch unumkehrbar in meinen Schlafsack, aber nicht ohne vorher noch mit meiner Frau einen kleinen Himmelsspaziergang mit dem 12er gemacht zu haben, ein mehr als seltenes Vergnügen bei zwei kleinen Kindern!








Der typische TT-Morgen: Verstopfte Nase, leicht gemarterte Knochen und natürlich viel zu kurze Nacht :D Egal, wir haben noch eine nette Fahrt nach Rheinböllen zum Brötchenmann gemacht und dabei die wirklich tolle Landschaft im morgendlichen Licht genossen. Nach dem gemütlichen Frühstück im Vereinsheim (ich fands doch noch bissl zu frisch fürs Outdoor-Futtern), machten wir uns dann auch schon an den Abbau und nach einer größeren Verabschiedungsrunde über den Platz ging es nach Hause, nicht ohne noch eine Fährfahrt über den Rhein und ein Besuch der Germania mit der Gondelbahn bei Rüdesheim mitzunehmen ;)

Puuuh Zeit für ein Fazit – Das HUTT in Perscheid war nicht nur das Highlight des Jahres was Treffen angeht, es wird mit auch lange als eines der schönsten Treffen überhaupt in Erinnerung bleiben, nicht nur wegen einiger fantastischer astronomischen Ereignisse wie dem Megaboliden, den beiden Supernovae und den unglaublichen Details im 18“er, das war unerwartetes und tolle Beiwerk, aber die eigentlich Freude haben wie immer die Leute vor Ort bereitet. Alte Gesichter die ich mitunter viel zu lange nicht mehr gesehen und gesprochen habe (exemplarisch nenne ich hier mal Franz, Armin, Jörn, Andreas, Uli und natürlich die „Hunsrücker“ selber) sondern auch die vielen neuen Bekanntschaften die oft endlich ein Gesicht hinter dem Avatar im Internet aber IMMER sehr liebe Menschen offenbarten, wie Markus, meine neuen „Lieblingskisten“ (mit süchtigmachender „Medizin“ ;) ), Toni, Marie, Stefanie,  Uta und Wolfgang sowie die mitgereisten Familen und allen deren Namen mein löchriges Gedächtnis auf Schlafentzug gerade LEIDER nicht hergibt, die mir aber sicher im Laufe der nächsten Tage wieder einfallen :D

Die Organisation war toll wie unauffällig und das Treffen ein voller Erfolg. Sogar meine wenig astronomisch ambitionierte Frau hat auf der Rückfahrt gesagt:“Nächstes Jahr nehm ich mir dann aber schon ab Freitag Urlaub.“ - DAS will was heissen, glaubt mir ;) Der Platz ist Bäume hin, Bäume her durchaus als ideal zu bezeichnen und die Infrastruktur lässt eigentlich keine Wünsche offen, die Lage auf einer Kuppe und fernab der echten Lichtglocken tut sein Übriges...





Danke für die unvergesslichen Tage.


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>>Bericht im Astrotreff<<

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